"Too big to fail", an diese Doktrin hatte Richard Fuld, der Ex-CEO der ehemals viertgrößten Investmentbank Amerikas geglaubt, als sein Unternehmen Lehman Brothers Holdings Inc. im Zuge der Subprime-Krise in eine finanzielle Schieflage geriet. Zu fatal wären die negativen Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft, wenn der amerikanische Staat diesen Global Player fallen lassen würde; so dachte es zumindest Richard Fuld. Zuvor wurden die Immobilienfinanzierer Freddie Mac und Fanny Mae von der US-Regierung in ihre Obhut genommen. Auch bei dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Bear Stearns im März 2008 stellte die amerikanische Notenbank unzählige Milliarden Dollar bereit. Wieso sollte es kein "Bailing Out" im Fall von Lehman Brothers geben? Trotz intensiver Verhandlungen mit dem Finanzministerium und der US-Notenbank Fed wurde eine Rettung von Lehman Brothers abgelehnt. Die Regierung war nicht mehr bereit für geschäftliche Fehlentscheidungen der Geldhäuser mit Steuergeldern einzustehen. Am 15. September 2008 musste die 158 Jahre alte New Yorker Investmentbank mit deutschen Gründungswurzeln Gläubigerschutz beantragen. Viele deutsche Anleger wussten zu damaligem Zeitpunkt gar nicht, dass diese Insolvenz auch für sie persönlich Konsequenzen haben wird. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers ist der größte Insolvenzfall in der amerikanischen Rechtsgeschichte. Infolgedessen nahm die Finanzkrise eine überdimensionale Größe an und vernichtete Billionen von Kapital. In Deutschland wurden zahlreiche Zertifikate vor allem durch die niederländische Tochter Lehman Brothers Treasury Co. B.V. emittiert. Über das Vermögen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. ist in Amsterdam ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Damit droht vielen Anlegern ein Totalverlust des in die Papiere von Lehman Brothers investierten Kapitals. Eine Befriedigung ihrer Forderung im Insolvenzverfahren gilt mangels ausreichender Insolvenzmasse als unwahrscheinlich. Aus diesem Grund prüfen Anleger seither unterschiedliche Anknüpfungspunkte für Schadensersatzforderungen gegen Kreditinstitute, die ihnen die Zertifikate von Lehman Brothers teilweise als sichere Anlage verkauft haben. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf einer möglichen Falschberatung durch die Kreditinstitute. Zeitgleich demonstrieren geschädigte Anleger vor den Kreditinstituten in ganz Deutschland. Sie fordern von den Banken Entschädigungen für ihre Verluste. Eine Forderung, der bisher nur wenige Banken in beschränkter Höhe nachgekommen sind. Zu Beginn des Buches wird erklärt, was Zertifikate sind und warum sie als komplexe Finanzprodukte eingestuft werden. Selbst Wertpapierhändlern fällt es schwer, die Funktionsweisen und die Risikobeschaffenheit dieser Papiere umfänglich zu erklären. Es wird im Weiteren der Frage nachgegangen, wieso der Anlegerschutz in Deutschland von eminenter Bedeutung ist und welche Rechte und Pflichten das deutsche Recht für Anleger beim Wertpapiererwerb vorsieht. Thematisch konzentrieren sich die Erläuterungen dabei auf die Anlageberatung. Daneben sollen rechtliche Ansatzpunkte erörtert werden, die insbesondere geschädigten Anlegern von Lehman Brothers Zertifikaten als Basis dienen sollen, um etwaige Schadensersatzansprüche gegen die vertriebenen Wertpapierhändler gerichtlich oder außergerichtlich durchsetzen zu können.
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