*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
Das Enuma Elisch entstand wahrscheinlich um das Jahr 1100 in Babylon und es ist bis heute der älteste, fast vollständig erhaltene Weltschöpfungsmythos. Seit am Ende des 19. Jahrhunderts die Keilschrift entschlüsselt
wurde, haben sich viele Forschergenerationen mit dem Text beschäftigt, wobei England das Zentrum dieser…mehr*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
Das Enuma Elisch entstand wahrscheinlich um das Jahr 1100 in Babylon und es ist bis heute der älteste, fast vollständig erhaltene Weltschöpfungsmythos. Seit am Ende des 19. Jahrhunderts die Keilschrift entschlüsselt wurde, haben sich viele Forschergenerationen mit dem Text beschäftigt, wobei England das Zentrum dieser Bemühungen war und immer noch ist. Eine deutsche kommentierte Gesamtübersetzung hat es meines Wissens nach bisher nicht gegeben und die vorliegende basiert maßgeblich auf den Vorarbeiten Wilfred G. Lamberts und Benjamin R. Fosters.
Die Übersetzung besticht durch ihren sehr differenzierten Ansatz, der nicht den Weg des geringsten Widerstands wählt und das Enuma Elisch als poetischen Text in eine flüssig lesbare deutsche Version zwingt, sondern die philologischen und linguistischen Schwierigkeiten benennt und ggf. auch Lücken an Stellen lässt, die bisher nicht zu entschlüsseln oder nur fragmentarisch überliefert sind. Das Enuma Elisch kennt zahlreiche erhaltene Versionen vom 9. vorchristlichen Jahrhundert bis in die ersten Jahrhunderte nach Christus, als die Keilschrifttradition erlischt. Zur Erleichterung des Verständnisses steht den sieben Kapiteln (den sogenannten „Tafeln“) jeweils eine kurze inhaltliche Zusammenfassung voran. Ferner gibt es eine ergänzende versbezogene Kommentierung im Anhang, in der insbesondere sprachliche Probleme und Mehrdeutigkeiten, sowie Begriffs- und Personenerklärungen behandelt werden.
Das äußerst interessante Nachwort thematisiert ausgewählte Bereiche im Licht der aktuellen Forschung. Ausführlich wird die Wiederentdeckung des Enuma Elisch beschrieben, sowie die historische Überlieferungs- und Entstehungsgeschichte. Ein weiterer Schwerpunkt ist die zugrundeliegende Mythologie/Theologie des Textes. Eine qualitativ exzellente Bibliografie ermöglicht dem interessierten Leser, sich vertieft mit einzelnen Aspekten zu befassen.
Besonders interessant waren für mich die erkennbaren Parallelen zwischen Enuma Elisch und den ebenfalls altorientalischen Texten der Bibel. Es sind weniger erzählerische Parallelen, indem bestimmte Geschichten in abgewandelter Form wieder aufgenommen worden wären (obwohl es das durchaus gibt), sondern vielmehr kulturgeschichtliche. Die Brutalität und göttliche Gewalt des Alten Testaments findet sich ungebrochen auch im Enuma Elisch wieder. Es ist eine testosteronschwangere, überaus gewalttätige Welt- und Götterordnung, in der der Stärkere das Recht innehält und den Schwächeren erbarmungslos unterwirft. Selbst nach der Weltenschöpfung geht das Blutvergießen unter den Göttern weiter, obwohl die Fronten eigentlich geklärt scheinen. Historisch gesehen scheitert das babylonische Reich an seiner eigenen Brutalität, aber wie es scheint, haben im Orient bestimmte Prinzipien bis heute überlebt, die sich auch mit noch so viel gutem politischem Willen nicht eliminieren lassen. Insofern ist das Enuma Elisch vielleicht sogar aktuell noch von Bedeutung, wenn man die Entwicklungen im Nahen Osten bewerten will.