Masterarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Philosophie - Philosophie des 20. Jahrhunderts, Note: 2.5, FernUniversität Hagen (Philosophie), Sprache: Deutsch, Abstract: Infolge der Innovationen und Entwicklungen in der Biotechnologie, Gentechnik und Biomedizin steht die Menschheit vor einer Vielzahl von ungelösten ethischen Fragen und Problemen. Technische Innovationen stellen die bisherigen Definitionen von Leben und Tod auf den Prüfstand. Reanimations- und Transplantationstechnologien verschieben die Grenzen von Leben und Tod, Reproduktionsmedizin, embryonale Stammzellforschung und therapeutisches Klonen zwingen zu einer Reevaluierung von Leben und Recht auf Leben. Ob Komapatienten oder „überzählige“ Embryonen, wir sehen uns konfrontiert mit einer neuen Form von menschlichem Leben, Leben im „Ausnahmezustand“. Giorgio Agamben spricht in diesem Sinne von „neomorts“ und „faux vivants“: „Der Reanimationsraum, in dem der „neomort“, der „Ultrakomatöse“ und der „faux vivant“ zwischen Leben und Tod schwanken, bildet einen Raum der Ausnahme, in dem das nackte Leben im Reinzustand erscheint, zum ersten Mal vollständig vom Menschen und seiner Technologie kontrolliert.“ Agamben sieht die Mächte, die den Menschen im Ausnahmezustand, den homo sacer, zur Regel machen, verkörpert in einer „Biopolitik“, die die individuelle Existenz bis ins Verborgenste bestimmen möchte. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Begriff der Biopolitik bei Agamben - unter Miteinbeziehung des Begriffs der Biopolitik bzw. Biomacht bei Michel Foucault - hinsichtlich seiner Bedeutung für die modernen Biowissenschaften zu untersuchen. Hierzu soll zunächst ein Überblick über Forschungsstand und aktuelle Entwicklungen in der Biomedizin, insbesondere in der embryonalen Stammzellforschung und in der Reproduktionsmedizin gegeben werden. Wie nahe sind wir wirklich am geklonten Menschen, wie gerechtfertigt sind die Befürchtungen einer neuen Form von Eugenik, z.B. infolge von PID und PND, welche Bedeutung hat dabei die Entschlüsselung des Humangenoms, welche Perspektiven eröffnet die Stammzellforschung, welche ethischen Problematiken impliziert sie? Der Begriff der „Biopolitik“ und seine je spezifischen Ausprägungsformen bei Foucault und Agamben sollen erläutert und kritisch reflektiert werden. Im Zentrum der Diskussion soll u.a. die Frage stehen, inwieweit bestimmte Entwicklungen in der Biomedizin Agambens Szenario einer den „Ausnahmezustand“ zur Regel machenden Biopolitik stützen und welche Konsequenzen sich aus den Biopolitik-Konzepten von Agamben und Foucault für die modernen Biowissenschaften sowie den Umgang mit biowissenschaftlichen Erkenntnissen ergeben.