Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Politik - Politisches System Deutschlands, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Otto Suhr Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: Die jüngere politische Entwicklung der brasilianischen Millionen-Metropole Porto Alegre ist eine Erfolgsgeschichte. Es war 1989, als die Arbeiterpartei Partido dos Trabalhadores die Macht in Porto Alegre erlangte und das System der politischen Entscheidungsfindung in der Hauptstadt des südlichsten Bundesstaats Brasiliens, Rio Grande do Sul, entscheidend umkrempelte. Die Wähler 1 sollten an der jährlichen Aufstellung des Investitionshaushaltes beteiligt werden. Sie sollten die Investitionsziele formulieren und in einem gerechten Abstimmungsverfahren durch- und umsetzen. Der Orçamento Participativo, zu deutsch Bürgerhaushalt, war geboren. Er brachte ein Moment der direkten Demokratie in eine Stadt, die zuvor unter erheblichen Schuldenlasten und Ämterpatronage bzw. Korruption gelitten hatte. Diese Probleme Porto Alegres sind bis heute fast völlig verschwunden, und sein Erfolg hat den Bürgerhaushalt zu einem mittlerweile weltweit vorbildlichen Projekt partizipativer Demokratie gemacht. Zu den vielfältigen Auswirkungen zählt, dass das Vertrauen in die Regierenden und sogar die Bereitschaft, Steuern zu zahlen, gewachsen ist, wie jüngstere Studien zeigen. 2 Die Erfolge machten weltweit Kommunen Mut, den Teufelskreis von öffentlicher Verschuldung und wachsendem Vertrauensverlust in das politische System zu durchbrechen. „Vom Süden lernen“ 3 könnte auch die deutsche Hauptstadt Berlin, die auf den ersten Blick zumindest finanziell die fast gleichen Sorgen wie Porto Alegre plagen. Das Verstricken in der Schuldenfalle nimmt nicht nur bundesweit, sondern vor allem im politischen Zentrum der neuen deutschen Republik Besorgnis erregende Ausmaße an. Berlin ist gar ein Sonderfall, in der finanzielle und politische Krise so stark zusammenfallen wie kaum woanders.