Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Ausbildung, Organisation, Note: 2+, Technische Universität Darmstadt (Institut für Soziologie), Veranstaltung: Die Gewerkschaften in Deutschland zwischen Kooperation und Konfrontation, Sprache: Deutsch, Abstract: Die konservative Kritik an den Gewerkschaften hat sich seit Beginn der 60er Jahre in ihren prinzipiellen Inhalten kaum geändert. Den Gewerkschaften wird vorgeworfen, daß sie als Gegenmacht zur bestehenden Gesellschaftsordnung angetreten seien, nämlich um die Staatsführung durch planwirtschaftliche Vernichtung des kapitalistischen Unternehmertums zu übernehmen. Von ihnen drohe die Gefahr einer syndikalistischen und kollektivistischen Wirtschaft und Gesellschaft. Progressive Kritiker argumentieren dagegen, daß die Gewerkschaften zunehmend zu einem Instrument der Einordnung der Arbeitnehmer in die gegebene politisch-ökonomische Machtverteilung würden und zur Stabilisierung des kapitalistischen Systems beitragen. Diese Systemstabilisierung werde durch die Verteilung von Gratifikationen an die Gewerkschaftsmitglieder vollzogen, indem insbesondere „Vollversicherungen“ für Streiks und Aussperrungen angeboten würden. Analysierte man die von 1949 bis 1963 wichtigsten programmatischen Äußerungen des DGB – insbesondere das Grundsatzprogramm von 1949, das Aktionsprogramm von 1955 sowie das neuere Grundsatzprogramm von 1963 – im Hinblick auf die genannten Aussagen der Kritiker, dann ließe sich leicht feststellen, auf welche Äußerungen sich diese beziehen. Die konservativen Kritiker würden vor allem das Münchner Grundsatzprogramm von 1949 heranziehen, um ihre These von der „Übernahme der Staatsführung“ durch die Gewerkschaften mittels der „planwirtschaftlichen Vernichtung des kapitalistischen Unternehmertums zu belegen“. Die Kritik progressiver Kreise würde sich dagegen auf das Aktionsprogramm von 1955 und vor allem auf das Grundsatzprogramm von 1963 stützen. Aus diesen Programmen ließe sich vermutlich recht eindeutig die „Einordnung der Arbeitnehmer in die gegebene politisch-ökonomische Machtverteilung“ ableiten. Jeder der genannten Kritiker unterstellt den Gewerkschaften damit ein anderes Selbstverständnis, das aus der jeweils aktuellen Programmatik resultiert. Die Frage, die uns in diesem Aufsatz beschäftigen wird lautet deshalb: Welches Selbstverständnis der Gewerkschaften läßt sich aus den Programmen des DGB herauslesen und welchen Wandlungen war es im Laufe der Zeit unterworfen?