Inhaltsangabe:Einleitung: Die russischen, bzw. deutschen Sprecher der Studie, die hier vorgestellt wird, brauchen für die Produktion von 100 Wörtern durchschnittlich eine Minute. In dieser Minute müssen sie aus ihrem mentalen Lexikon, das für den aktiven Gebrauch etwa 50.000 Wörter schon allein für die Erstsprache gespeichert hat und aus den Informationen, die zur Grammatik und Syntax gespeichert sind, Wahlen treffen, von denen sie meinen, sie würden der Aufgabe der Nacherzählung des Stummfilms Quest dienlich sein. Bevor ihre Äußerungen aber überhaupt grammatische und syntaktische Form erhalten, sind diese bereits in einem Konzeptualisierungsprozess (conceptual preparation bei Levelt 1999) auf mikro- und makrostruktureller Ebene, selektiert, segmentiert, strukturiert und linearisiert worden. Des weiteren wurde ein bestimmter Blickwinkel gewählt, die sog. L-Perspektivierung, d.h. es wurden bestimmte Einheiten des Films ausgewählt, die dem Sprecher wert sind, nacherzählt zu werden und dadurch die Aufgabe zu erfüllen, die den Probanden gestellt wurde. Für die Untersuchung wurden von jeweils 16 russischen und deutschen Testpersonen Filmnacherzählungen analysiert, die in Heidelberg, bzw. Moskau erhoben wurden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Testpersonen bei der enormen Rechenleistung der Versprachlichung der Ereignisse des Films auf vorhandene Automatisierungen zurückgegriffen haben. Da aus der Studie außerdem ersichtlich wird, dass die Nacherzählungen russischer Sprecher anders als die deutscher Sprecher aufgebaut sind, liegt die Vermutung nahe, dass das Wissen über den Aufbau eines zusammenhängenden Textes ebenso von Sprache zu Sprache divergiert. Der Planungsprozess im Kopf, die Denkarbeit, die von Sprechern geleistet wird, um Kohärenz des Textes im Zusammenspiel mit der jeweiligen Grammatik zu erzeugen, scheint von Sprache zu Sprache unterschiedlich sein. Diese Erkenntnis, die bereits durch unterschiedliche Studien geprüft werden konnte, knüpft an die Hypothese eines thinking for speaking, wie sie durch Slobin (1996) vorliegt, an. Die kognitive Repräsentation eines Sachverhalts unterliegt demnach, aufgrund der von Sprache zu Sprache unterschiedlichen Grammatikalisierung konzeptueller Kategorien, sprachabhängigen Konzeptualisierungsmechanismen. Umfassende Studien zur Rolle des Konzeptualisierers, d.h. seiner wechselseitigen Abhängigkeit von den Prozessen im Formulator liegen durch die Mitglieder der Heidelberger Forschungsgruppe [...]
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