New York 1890. Die 17-jährige Clara Carter wird von ihrem Vater und ihrer Tante gedrängt, ein Jahr früher als geplant zu debütieren, denn Franklin de Vries, der begehrteste Junggeselle der Stadt, kommt pünktlich zu Saisonbeginn aus Europa zurück. Um die Familienehre wiederherzustellen, wird von
Clara verlangt, alles daran zu setzen von Franklin den erwünschten Heiratsantrag zu erhalten. Anfangs…mehrNew York 1890. Die 17-jährige Clara Carter wird von ihrem Vater und ihrer Tante gedrängt, ein Jahr früher als geplant zu debütieren, denn Franklin de Vries, der begehrteste Junggeselle der Stadt, kommt pünktlich zu Saisonbeginn aus Europa zurück. Um die Familienehre wiederherzustellen, wird von Clara verlangt, alles daran zu setzen von Franklin den erwünschten Heiratsantrag zu erhalten. Anfangs fügt sich Clara den Plänen ihrer Familie, doch dann kommt alles ganz anders…
In „Der erste Ball der Clara Carter“ erhält man Einblicke in die New Yorker High Society des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Glanz und Glorie, Prunk und Schönheit – eine Welt, die prachtvoll und unbedingt erstrebenswert wirkt.
Im Verlauf der Handlung wird jedoch deutlich, dass diese Glitzerwelt nicht selten auf einem Gerüst aus Lug und Trug, aus Korruption, Ausbeutung und Täuschung steht. Siri Mitchell gibt ihrer Protagonistin das Buch „Wie die andere Hälfte lebt“ von Jacob Riis in die Hand und gewährt Clara und damit auch dem Leser einen Blick auf das andere New York. Auf die Armen, die Obdachlosen, die Migranten und die fürchterlichen Missstände, die hier herrschten. Riis’ Dokumentation veranlasst Clara, viele Fragen zu stellen und sie erkennt nach und nach das ganze Ausmaß an Lügen um sich herum. Die Illusion einer heilen Welt bröckelt.
Die Autorin lässt Clara eine bemerkenswerte Entwicklung durchmachen. Das wissbegierige und an vielen Dingen interessierte Mädchen legt für ihre Familie die eigenen Wünsche und Pläne beiseite und fügt sich dem strengen Prozedere, wie es von ihr erwartet wird. Sie lässt sich in ein viel zu enges Korsett pressen, erduldet alle Qualen und passt ihren Tagesablauf ganz den Erfordernissen für ein erfolgreiches Debüt an.
Ich habe nicht gewusst, nicht einmal geahnt, was für eine Tortur hinter so einem Debüt stand, aber Debütieren war richtig harte Arbeit. Die Mädchen wurden bis zur Perfektion gedrillt. Alles war auf das eine Ziel ausgerichtet: den begehrtesten Junggesellen der Stadt zu ergattern. Das äußerliche Erscheinungsbild war am wichtigsten, da spielte auch die Gesundheit der Mädchen keine Rolle, wie die Autorin in einem Nachwort erklärt. Zu enge Handschuhe, zu kleine Schuhe und auch ein extrem eng geschnürtes Korsett mussten ertragen werden. Schlimme Erkrankungen und Verstümmelungen waren die Folge.
Clara wird immer wieder eingetrichtert, dass Freundschaft, Liebe und Loyalität im Kreis der Reichen und Mächtigen keinen Platz haben, der Wert eines Menschen zeigt sich einzig und allein durch seine Stellung in der Gesellschaft. Geld und Ansehen lassen alles andere in den Hintergrund rücken.
Es ist ganz wunderbar zu beobachten, wie Clara all ihre Erfahrungen und Erlebnisse nutzt und sich Schritt für Schritt freistrampelt. Sie wird zu einer selbstbewussten jungen Frau, die in der Lage ist, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie gelangt im Verlauf der Geschichte zu der Erkenntnis, dass Gott sie genau so liebt, wie sie ist, auch ohne diesen ganzen Pomp, einfach nur sie selbst.
Sehr gelungen finde ich, dass die Autorin hier kein einseitiges Bild zeichnet. Es gab durchaus Mädchen, die dem ganzen Ablauf des Debütierens und den Aussichten auf ein Leben in einem goldenen Käfig positiv gegenüberstanden. Claras gleichaltrige Freundin Lizzie fühlt sich inmitten der feinen Gesellschaft wohl und gut aufgehoben, sie freut sich nicht nur auf ihr Debüt und die anstehenden Aufgaben, sondern auch auf das gesellschaftliche Leben mit all seinen Zwängen, das sie nach ihrem Debüt erwartet.
Am Ende des Buches steht für mich die Botschaft, dass jeder wie Clara und Lizzies mutig genug sein sollte, das eigene Leben selbst zu bestimmen, und nicht so zu sein, wie andere es erwarten.
„Der erste Ball der Clara Carter“ hat mich durchweg begeistert. Siri Mitchell hat mich mit ihren facettenreichen Schilderungen über das Leben im damaligen New York sehr beeindruckt.