Jedes Mal ist es erneut eine Überraschung, wenn man einen der weißen Klonkriegs-Bände aufschlägt. Bekommt man eine Kurzgeschichten-Anthologie? Gute 80 Seiten Kinderunterhaltung? Oder überraschend erwachsene Unterhaltung? „Der Feind in den eigenen Reihen“ gehört in letztere Kategorie. Das beginnt
schon bei den ersten Panels aus dem Zeichenstift von Brian Koschak, die in ihrer rohen…mehrJedes Mal ist es erneut eine Überraschung, wenn man einen der weißen Klonkriegs-Bände aufschlägt. Bekommt man eine Kurzgeschichten-Anthologie? Gute 80 Seiten Kinderunterhaltung? Oder überraschend erwachsene Unterhaltung? „Der Feind in den eigenen Reihen“ gehört in letztere Kategorie. Das beginnt schon bei den ersten Panels aus dem Zeichenstift von Brian Koschak, die in ihrer rohen Figurengestaltung und zurückgenommenen Kantigkeit einen eigenwilligen Independent-Stil atmen, der seine Schlichtheit immer wieder durch bemerkenswert künstlerisch anmutende „Gemälde“ aufwertet.
Die Handlung ist im Grunde rasch erzählt. Ein Trupp Klonkrieger erhält den Auftrag, ein Droidenkontrollzentrum auf dem Planeten Oznek zu zerstören, damit die Republik diese Sektor-Schlüsselwelt übernehmen kann. Die Mission ist streng geheim, denn die Einheimischen geben sich neutral und wollen keine Fremden in ihren Städten haben. Doch schon beim Anflug geht alles schief. Eine Armee von Droiden hält sich vor Ort auf und schießt ihre Transporter ab. Die Klone müssen sich daraufhin durch 20 Klicks feindliches Gebiet kämpfen, nur um am Ende festzustellen, dass der gefährlichste Feind – man ließt es schon im Titel – in den eigenen Reihen wartet.
Die Geschichte wird im Rückblick angeboten. Klon-Sergeant Banks, der neue Anführer des zentralen Helden-Trupps, erinnert sich vor einem Militärtribunal an die Mission, die mehr oder weniger im Desaster endet. Sein trockener, zynischer Tonfall trägt, ebenso wie die Bilder und die Story an sich, dazu bei, dem Comic eine vergleichsweise düstere Note zu verleihen. Von den heiteren Jedi-Kampfspielchen, die den Leser in manch anderer Ausgabe dieser Reihe erwartet haben, ist hier nichts zu spüren. Das weiß zu gefallen, denn Lichtschwertschwinger tummeln sich in den Klonkriegsgeschichten wirklich oft genug – und reißen dabei allen Plot an sich.
Kritik üben kann man natürlich am Inhalt. Die Story ist wahrhaftig nicht neu. In der oben beschriebenen Form wurde sie schon x-mal erzählt, auch wenn sich die Welten und die genauen Herausforderungen stets leicht unterschieden. Dazu kommt, dass die Geschichte vergleichsweise kurz ist und wenig Raum für komplexe inhaltliche oder charakterliche Entwicklungen bietet. Allerdings nutzt Autor Jeremy Barlow die erzwungene Knappheit und Gradlinigkeit in diesem Fall, um erstaunlich dicht und intensiv von der Unerbittlichkeit des Krieges zu erzählen. Das wiederum wertet die bekannte Geschichte auf und sorgt für – wenn auch kurzes – Lesevergnügen.
Fazit: Dem Team Jeremy Barlow und Brian Koschak gelingt mit „Der Feind in den eigenen Reihen“ etwas durchaus Bemerkenswertes. Obwohl das Abenteuer von Klonkriegern, die sich durch feindliches Gebiet schlagen müssen, weder besonders komplex noch sonderlich innovativ ist, schaffen es die beiden, eine zynische Atmosphäre zu erzeugen, die den Comic über die austauschbare Jedi-Heldentat-der-Woche hinaushebt. Man leidet mit Banks, diesem Klon-Sergeant, der anfangs frisch von der Akademie kommt und am Ende nach bereits einem Einsatz ein grimmiger Veteran ist. Und man freut sich, dass es auch solche Klonkriegs-Geschichten gibt. Erwachsene Leser, die sich nur mit Skepsis vielleicht ein oder zwei Abenteuer zu Gemüte führen wollen, um mal in „Clone Wars“ reingelesen zu haben, sollten sich diesen Comic auf die Leseliste setzen.