Gert Scobel unternimmt mit seinem neuen Buch >Der fliegende Teppich< eine Diagnose unserer modernen Welt, ihrer Probleme und Charakteristiken. Anhand des Bilds eines fliegenden Teppichs veranschaulicht er unsere Lage und fasst sie in klare Worte: vom Begründungsproblem in den Wissenschaften über die Frage nach dem, was wirklich ist, vom Zustand unserer Gesellschaft bis hin zur Kraft der Imagination. Eine überraschende, augenöffnende Analyse unserer Zeit und der Conditio des Menschen von einem der renommiertesten Wissenschaftsjournalisten. »Die Moderne macht schwindelig. Sie ist verwirrend, vielfältig, widersprüchlich und komplex. Vor allem zeigt sie, dass es keinen festen Boden unter den Füßen gibt. Nur mit Hilfe von Fiktionen, Vorstellungskraft und Erfindungen gelingt es uns, den Absturz zu vermeiden. So real unser Leben ist - so sehr findet es doch auf einem fliegenden Teppich statt. Wissenschaft, Kunst und Philosophie sind aus demselben Stoff gewebt. Wir leben ohne festen Boden unter den Füßen - und fliegen dennoch. Vorausgesetzt wir erkennen, was wir in Wahrheit tun. Denn alles hängt daran, fliegen und auf dem Teppich bleiben zu können.«
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.04.2017Komm auf meinen Teppich
Das ist sie, die Moderne: Gert Scobel stellt im Literaturhaus Frankfurt sein neues Buch vor
In seiner Fernsehsendung hat er oft Wissenschaftler zu Gast. Und er habe den Eindruck, sagt Gert Scobel im Frankfurter Literaturhaus, ihnen werde gerade erst klar, dass ihr Tun einen Einfluss auf die Gesellschaft ausübe. Einen schlechten, wenn es um die Erfindung selbständig fahrender Autos geht, die für ihn in nicht allzu ferner Zeit garantiert eine Fortsetzung in selbständig handelnden Waffensystemen finden werden; einen guten, wenn ihr Einschreiten zu mehr Rationalität im aufgeheizten politischen Diskurs unruhiger Zeiten führt. Scobel reicht das nicht. "Sie sind Bürger", sagt er bestimmt. Und des Bürgers Pflicht ist es, sich für seine Zeit zu interessieren und mit anderen Bürgern im Gespräch über sie zu bleiben.
Scobel, dem Journalisten und Autor, kann man nicht vorwerfen, dass er sich um eine solche Zivilgesellschaft des Wortes nicht bemühe. Zu diesen Bemühungen ist sein neues Buch zu rechnen, das er im ausverkauften Lesesaal vorstellt. "Der fliegende Teppich" heißt es und ist vor knapp zwei Wochen im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen. "Eine Diagnose der Moderne" lautet der Untertitel. "Das ist ein bisschen anmaßend", sagt Scobel. In der Tat. Der Autor, der sich sein philosophisches Rüstzeug an der Frankfurter Jesuitenhochschule Sankt Georgen erworben hat, ehe es nach Berkeley, an die Goethe-Universität und ins Fernsehen weiterging, weiß genau, dass die Moderne und die Gegenwart in den vergangenen Jahrzehnten nicht gänzlich unbeschrieben geblieben sind. Aber man muss dem Leser auf dem Buchumschlag ja auch eine kleine Inhaltsangabe anbieten, wenn der Titel ihn schon mit dem Märchenbild vom Flug auf dem Bodenbelag zum Kauf verlocken soll.
Ein fliegender Teppich also. Mit dem Bild will Scobel die Kombination von Idyll und Bedrohung erfassen, die für ihn das Grundgefühl unserer Zeit ausmacht: "So als ob die eigenen vier Wände stillstünden und alles andere an einem vorbeifliegt." Wenn der Wunsch wächst, abzuspringen, weil das Lebenstempo sich beschleunigt, wenn das Gefühl wächst, der Abgrund sei nahe: "Die Bodenlosigkeit ist unsere Existenzbedingung." Wenn aber auch das Abheben jederzeit möglich erscheint. Scobel spricht an diesem Abend allerdings lieber über den Abgrund: "Normalerweise decken wir das ja so schnell wie möglich zu." Er nicht, soll das heißen: "Was ich versuche, Ihnen in diesem Buch an die Hand zu geben, ist ein Kompass." Ein Instrument, um mit den Problemen unserer Zeit besser umgehen und Realität und Fiktion schneller auseinanderhalten zu können. Die bösen Fiktionen der Fake News und die guten, mit denen wir uns das Leben leichter machen: "Wir brauchen Fiktionen, um mehr über uns selbst zu erfahren."
So wie im Falle des Teppichs, der bei ihm für vieles herhalten muss. Unter der scheinbaren Genauigkeit seiner Sprache webt die Freude an der mangelnden begrifflichen Präzision, die Vieldeutigkeit gestattet und Geschichten erlaubt. "Dieses Gespräch verändert unser Gehirn", sagt er. Es lasse neue Erinnerungen und Nervenzellverbindungen entstehen: "Ein Teppich, der neu geknüpft wird." Schon ist das Bild wieder da, diesmal nicht als Beschreibung für den Ort des Bürgers beim Flug durch die Zeit, sondern für sein Bewusstsein. Und schließlich das Smartphone des Sohnes, der Scobel neulich von Asien aus mit der Kamera zeigte, wo er sich gerade aufhielt: "Wenn das kein fliegender Teppich ist, weiß ich auch nicht." Zeit für das Verlegen von Parkett.
FLORIAN BALKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das ist sie, die Moderne: Gert Scobel stellt im Literaturhaus Frankfurt sein neues Buch vor
In seiner Fernsehsendung hat er oft Wissenschaftler zu Gast. Und er habe den Eindruck, sagt Gert Scobel im Frankfurter Literaturhaus, ihnen werde gerade erst klar, dass ihr Tun einen Einfluss auf die Gesellschaft ausübe. Einen schlechten, wenn es um die Erfindung selbständig fahrender Autos geht, die für ihn in nicht allzu ferner Zeit garantiert eine Fortsetzung in selbständig handelnden Waffensystemen finden werden; einen guten, wenn ihr Einschreiten zu mehr Rationalität im aufgeheizten politischen Diskurs unruhiger Zeiten führt. Scobel reicht das nicht. "Sie sind Bürger", sagt er bestimmt. Und des Bürgers Pflicht ist es, sich für seine Zeit zu interessieren und mit anderen Bürgern im Gespräch über sie zu bleiben.
Scobel, dem Journalisten und Autor, kann man nicht vorwerfen, dass er sich um eine solche Zivilgesellschaft des Wortes nicht bemühe. Zu diesen Bemühungen ist sein neues Buch zu rechnen, das er im ausverkauften Lesesaal vorstellt. "Der fliegende Teppich" heißt es und ist vor knapp zwei Wochen im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen. "Eine Diagnose der Moderne" lautet der Untertitel. "Das ist ein bisschen anmaßend", sagt Scobel. In der Tat. Der Autor, der sich sein philosophisches Rüstzeug an der Frankfurter Jesuitenhochschule Sankt Georgen erworben hat, ehe es nach Berkeley, an die Goethe-Universität und ins Fernsehen weiterging, weiß genau, dass die Moderne und die Gegenwart in den vergangenen Jahrzehnten nicht gänzlich unbeschrieben geblieben sind. Aber man muss dem Leser auf dem Buchumschlag ja auch eine kleine Inhaltsangabe anbieten, wenn der Titel ihn schon mit dem Märchenbild vom Flug auf dem Bodenbelag zum Kauf verlocken soll.
Ein fliegender Teppich also. Mit dem Bild will Scobel die Kombination von Idyll und Bedrohung erfassen, die für ihn das Grundgefühl unserer Zeit ausmacht: "So als ob die eigenen vier Wände stillstünden und alles andere an einem vorbeifliegt." Wenn der Wunsch wächst, abzuspringen, weil das Lebenstempo sich beschleunigt, wenn das Gefühl wächst, der Abgrund sei nahe: "Die Bodenlosigkeit ist unsere Existenzbedingung." Wenn aber auch das Abheben jederzeit möglich erscheint. Scobel spricht an diesem Abend allerdings lieber über den Abgrund: "Normalerweise decken wir das ja so schnell wie möglich zu." Er nicht, soll das heißen: "Was ich versuche, Ihnen in diesem Buch an die Hand zu geben, ist ein Kompass." Ein Instrument, um mit den Problemen unserer Zeit besser umgehen und Realität und Fiktion schneller auseinanderhalten zu können. Die bösen Fiktionen der Fake News und die guten, mit denen wir uns das Leben leichter machen: "Wir brauchen Fiktionen, um mehr über uns selbst zu erfahren."
So wie im Falle des Teppichs, der bei ihm für vieles herhalten muss. Unter der scheinbaren Genauigkeit seiner Sprache webt die Freude an der mangelnden begrifflichen Präzision, die Vieldeutigkeit gestattet und Geschichten erlaubt. "Dieses Gespräch verändert unser Gehirn", sagt er. Es lasse neue Erinnerungen und Nervenzellverbindungen entstehen: "Ein Teppich, der neu geknüpft wird." Schon ist das Bild wieder da, diesmal nicht als Beschreibung für den Ort des Bürgers beim Flug durch die Zeit, sondern für sein Bewusstsein. Und schließlich das Smartphone des Sohnes, der Scobel neulich von Asien aus mit der Kamera zeigte, wo er sich gerade aufhielt: "Wenn das kein fliegender Teppich ist, weiß ich auch nicht." Zeit für das Verlegen von Parkett.
FLORIAN BALKE
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ein gewaltiges philosophisches Gedankengebäude, um den Zustand der gegenwärtigen Welt zu erklären. Einblick 201707