Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,7, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Ältere Deutsche Literatur), Veranstaltung: Die sogenannte Hohe Minne, Sprache: Deutsch, Abstract: „Es hat sich in der Mediävistik die Gewohnheit eingebürgert, die in der mittelalterlichen Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts propagierte Liebesauffassung unabhängig von ihren verschiedenen Erscheinungsformen in der Lyrik und im Roman als ,höfische Liebe’ zu bezeichnen, und dies wird zu der Verwirrung beigetragen haben.“ Um die Verwirrung im voraus zu beseitigen, bietet es sich an, zunächst den Begriff der Hohen Minne von der Minne im Roman abzusetzen und die in der Lyrik übliche Konzeption zu erklären. Ein grundlegender Unterschied, der das Liebeskonzept beider Gattungen ausmacht ist der, das die Liebe im höfischen Roman in der Regel auf die Ehe beschränkt ist, die in der Lyrik allerdings keine Beachtung findet. Innerhalb dieses Unterschieds differenziert man die dem Roman zugrunde liegende amour courtois von dem Konzept der fin’ amor in der Lyrik. Die Konzeption der fin’amor ist um ca. 1120 in Frankreich bei den Trobadours aufgekommen und wird in Deutschland ab ca. 1180 übernommen. Sie bietet Grundlage für die Konzeption der Hohen Minne: Unter der Voraussetzung, dass seine Liebe noch unerfüllt ist, umwirbt ein lyrisches Ich eine gesellschaftlich und daher sittlich über ihm stehende Dame, die quasi Idealbild höfischer Vollkommenheit ist. Indem das Sänger-Ich die Dame zur Minneherrin stilisiert, steht sie gleichsam unerreichbar über ihm. Mit der Distanz, die diese Rollenkonstellation ausmacht sind zwei wichtige Aspekte verbunden: Zum Einen erscheint die Frau nicht mehr als Sexualobjekt, dem man sich hemmungslos bemächtigen kann, zum Anderen hat der Sänger seine triuwe und staete unter Beweis zu stellen. Der mit dem beständigen Dienen verbundene lôn ist aber nicht gerade das sich Erfüllen der Liebe, sondern besteht vielmehr im hohen muot, also gesellschaftlichem Ansehen. Diese Rollenkonstellation ist das Paradoxon der Hohen Minne und steht gleichermaßen für ein neues Geschlechterverhältnis: die Erziehung des Mannes durch die Frau. So unterscheidet sich die Minne im höfischen Roman vo n ihrer Thematisierung in der Lyrik darin, dass „ der Dienst des Mannes (...) allein der Frau (gilt), und (...) nicht in ritterlichen Bewährungskämpfen (besteht), sondern darin, den Spannungszustand zu bewältigen, der aus unerfülltem Liebesverlangen entsteht.“ [...]