Erst seit 200 Jahren ist Caesars Bericht vom Gallischen Krieg die klassische Schullektüre in Deutschland. Mag für die Einführung dieser Tradition die Bewunderung für den Strategen und Sprachkünstler ausschlaggebend gewesen sein, vielleicht auch die Tatsache, dass Caesar als erster Schriftsteller der klassischen Antike zwischen Galliern und Germanen konsequent unterschied, so wird der Texte heute - wenn überhaupt noch - eher unter dem Aspekt der versuchten Rechtfertigung eines aus reinem Machtinteresse geführten Eroberungskrieges im Unterricht behandelt. Erschütternde Rücksichtslosigkeit und Brutalität des Feldherren, die in diesem Text gegenüber Galliern, Germanen und Britannieren deutlich werden, stehen der vielbewunderten Fähigkeit des Autors Caesar gegenüber, der seinen ärgsten Feinden von Herzen verzeihen konnte, wenn sie ihre Meinung geändert hatten und seine Freundschaft suchten. Nur von römischer Seite sind ausführliche Berichte über Caesars rücksichtlosen, brutalen Eroberungskrieg gegen die Gallier erhalten. Die keltischen Stämme haben wie viele andere Unterworfene Roms keine schriftlichen Nachrichten über ihre Niederlagen und Repressionen hinterlassen. Doch wie sein Zeitgenosse Sallust und der später lebende Historiker Tacitus lässt auch Caesar - freilich nur in fiktiven Reden und Briefen - die Gegner Roms zu Wort kommen. Den in Alesia eingeschlossenen Arvener Critognatus lässt er sagen: "Die Römer aber - was streben sie an und was wollen sie anderes als sich, vom Neid getrieben, in den Städten und Feldern derjenigen, deren edlen Ruf und Kriegsmacht sie kennengelernt haben, niederlassen und diese in ewige Knechtschaft zu legen? Niemals haben sie aus einem anderen Grund Krieg geführt."
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