Richard Wagamese, Kanadier indigener Herkunft, verfügt über eine reiche Erzählstimme, gehaltvoll, ausgereift. Für "Der gefrorene Himmel", die seine eigene Lebensgeschichte mit denen anderer indigener Personen verknüpft erhielt der leider bereits verstorbene Schriftsteller den Burt Award for First
Nations, Inuit und Métis Literature.
Wie der Autor selbst wird auch der junge Saul bereits als Kind…mehrRichard Wagamese, Kanadier indigener Herkunft, verfügt über eine reiche Erzählstimme, gehaltvoll, ausgereift. Für "Der gefrorene Himmel", die seine eigene Lebensgeschichte mit denen anderer indigener Personen verknüpft erhielt der leider bereits verstorbene Schriftsteller den Burt Award for First Nations, Inuit und Métis Literature.
Wie der Autor selbst wird auch der junge Saul bereits als Kind von seinen Eltern getrennt. Aufgewachsen mit seiner Familie in den abgelegenen Wäldern Kanadas bringt man ihn in eine kirchliche Schule, um seine indigenen Wurzeln von ihm fernzuhalten, ihm den "wahren" Glauben und das "wahre" Leben zu lehren. Es ist sein begnadetes Talent im Eishockey, das ihm hilft, einen Ausweg aus diesem grausamen System zu finden. Ein rasanter Aufstieg folgt, doch seine Vergangenheit lässt ihn nicht los und ein tiefer Fall kündigt sich an.
Die Schilderungen der sogenannten "Residential Schools" sind fürchterlich und erschütternd. Man mag es sich nicht vorstellen und dennoch ist es wichtig, die Augen zu öffnen für das große Unrecht, das indigenen Völkern hier angetan wurde. Indigenen Kindern sollte alles ausgetrieben werden, was auf ihre Kultur hindeutet, ihre Sprache, ihre Traditionen und mit der eigenen Kultur nicht selten auch der eigene Wille. Und das mit brutalsten Mitteln. Hier muss ich vorwarnen, es geht um Missbrauch, Gewalt, Folter, Selbstmorde. Zwar nüchtern erzählt, aber dennoch sehr eindrücklich.
Eishockey als kanadischer Nationalsport (in Kanada nur "Hockey" genannt, denn dass man es auf dem Eis spielt ist hier eh klar), spielt als verbindendes, identitätsstiftendes Element eine große Rolle. Den kometenhaften Aufstieg vom Underdog zum Star empfand ich zunächst ein wenig konstruiert, bevor ich gelesen habe, dass er an eine wahre Geschichte angelehnt ist. Doch auch der Sport ist kein safe place, auch hier erfährt Saul Demütigung, Ausgrenzung und Rassismus, die ihn schließlich in eine Alkoholsucht treiben. Er beschließt, sich seiner Vergangenheit in der Schule zu stellen.
Die letzten Residential Schools wurden in Kanada erst in den 1990er Jahren geschlossen, die Aufarbeitung dauert an. Für alle, die ähnlich wie ich, noch wenig darüber wissen die Empfehlung im lesenswerten Nachwort von Katja Sarkowsky: "Lies nicht einfach, was du weißt. Lies, was du wissen willst."