Fälscher der Weltliteratur
Von der Vision getrieben, Schriftsteller zu werden, kopiert der mit gehörigem Schreibtalent ausgestattete Student Mark Trace berühmte Schriftsteller in Stil und Ausdruck. Als er eine Charles-Dickens-Geschichte abgibt und ihm Mogelei vorgeworfen wird, ist das letztlich
die beste Bestätigung, dass er es kann. Er schreibt Geschichten, die plötzlich als vergessene…mehrFälscher der Weltliteratur
Von der Vision getrieben, Schriftsteller zu werden, kopiert der mit gehörigem Schreibtalent ausgestattete Student Mark Trace berühmte Schriftsteller in Stil und Ausdruck. Als er eine Charles-Dickens-Geschichte abgibt und ihm Mogelei vorgeworfen wird, ist das letztlich die beste Bestätigung, dass er es kann. Er schreibt Geschichten, die plötzlich als vergessene Originale die Fachwelt begeistern.
Um sich durchzuschlagen, unterbricht er sein Studium und verdingt sich als Assistent bei der renommierten und doch dem Untergang geweihten Literaturzeitschrift „Little Review“. Dort kann er in einer nicht benötigten Wohnung des Herausgebers und Verlegers unterkommen. Die Anmutung der Bude ist der des berühmten David-Friedrich-Gemäldes „Der arme Poet“ nicht unähnlich.
Als der zwei seiner „Hemingway“-Texte plötzlich für Furore im Kulturbetrieb sorgen, zugleich der Untergang der kleinen Zeitschrift noch vor deren Jubiläumsausgabe besiegelt scheint, packt den jungen Kopisten der Ehrgeiz. Hoch motiviert will er dazu beitragen, „Little Review“ zu retten. Er verfasst Texte im Stile von Graham Greene und Roald Dahl, um sie Auflagenerhöhend als Archivfunde zu veröffentlichen. Der Zufallsfund einer historischen Schreibmaschine unterstützt dabei die vorgespielte Echtheit der Manuskripte.
Aufgeregt und interessiert verfolgt man nun die Entwicklungen der feinsinnigen und witzigen Geschichte. Kritisch reflektierend nutzt der Autor verschmitzt die offenbaren Schwächen des Literaturbetriebes aus und hält diesem zugleich einen Spiegel vor. Das macht Laune. Doch die Tage des Betrugs sind gezählt und die Gefahr, dass Marc auffliegt und seine Existenz gänzlich verlieren könnte, wird Seite um Seite größer.
David Belbin erzeugt mit seinem so glaubhaften Roman große empathische Nähe zu dem Geschehen, dass es einen aufwühlt, anregt, verunsichert oder auch freut, wie sich der Protoganist in das Geschehen stürzt, windet und ihm gerade noch wieder entzieht. Wer Bücher mag, wird diese Geschichte darüber erst Recht mögen.
© 5/2010, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.