Mit der Kunstfigur des Manichino schafft Giorgio de Chirico eine der seltsamsten Bildkreationen des frühen 20. Jahrhunderts. Innerhalb kürzester Zeit erlangt diese abstrahierte Menschengestalt in weiten Teilen der europäischen Avantgarde nahezu leitmotivischen Charakter und wird das am häufigsten kopierte, transformierte und stilisierte Element der Pittura metafisica. Als traditionsreiche Kunstfigur, die den sich wandelnden Zeitgeist verkörpert und deren irritierende Modellhaftigkeit zugleich viele Fragen aufwirft, wird der Manichino im weiteren Kontext der kulturellen Entwicklung als ein kritischer Reflex auf den modernen Menschen erkennbar. Diese Studie widmet sich in kultur- und technikgeschichtlicher Perspektive den vielgestaltigen Facetten einer Kunstfigur und zeigt im historischen Rückgriff, welche Dienste die Gliederpuppe seit dem 16. Jahrhundert vor allem in den Malerwerkstätten leistet, bis sie schließlich selbst als Motiv in den Blick gerät und im aufkommenden Warenfetischismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ihre neue Bestimmung als modernes Objekt zwischen Kunst und Werbung, zwischen Modellkörper und Schaufensterpuppe findet.
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