Mit „Der Mann, der sich selbst besuchte“ beschließt der Luchterhand Literaturverlag seine vierbändige Werkausgabe von Hans Sahl (1902-1993). Nach „Memoiren eines Moralisten / Das Exil im Exil“, „Die Gedichte“ und dem Roman „Die Wenigen und die Vielen“ vereint der Abschlussband die Erzählungen und
Glossen des jüdischen Schriftstellers.
Der Band versammelt alle auffindbaren Erzählungen und eine…mehrMit „Der Mann, der sich selbst besuchte“ beschließt der Luchterhand Literaturverlag seine vierbändige Werkausgabe von Hans Sahl (1902-1993). Nach „Memoiren eines Moralisten / Das Exil im Exil“, „Die Gedichte“ und dem Roman „Die Wenigen und die Vielen“ vereint der Abschlussband die Erzählungen und Glossen des jüdischen Schriftstellers.
Der Band versammelt alle auffindbaren Erzählungen und eine breite Auswahl von Glossen, wobei darauf geachtet wurde, dass bei diesen ein erzählerischer Kern erkennbar ist und sie über journalistische Tagesereignisse hinausreichen. Diese Kriterien erlaubten auch die Abgrenzung zu Sahls Film- und Literaturkritiken, die nicht mit aufgenommen wurden.
Die knapp dreißig Erzählungen (meist kurze Geschichten mit einer Länge von drei, vier Seiten) entstanden über einen Schaffenszeitraum von fast siebzig Jahren. Die ersten Erzählungen schrieb Sahl bereits während seines Studiums, während die letzten in seinen letzten Lebensjahren entstanden. Meist hat er hier persönliche Erlebnisse verarbeitet. Die Titelgeschichte ist dagegen eine der fiktiven Geschichten, in der ein gewisser Herr P. beschließt, sich selbst einen Besuch abzustatten und dabei Besuch von einem aufdringlichen Beamten einer ominösen Behörde bekommt. Ähnlich auch die Geschichte „Vom Manne, der nicht mehr reden wollte“, in der der Ich-Erzähler die Verständigung mit seiner Umgebung verweigert und mit der Erzählung gewissermaßen zum letzten Mal „das Wort ergreift“.
Die Schaffensspanne der Glossen reicht ebenfalls von 1926 bis 1992. Sie wurden schon zu ihrer Zeit hoch gerühmt und erschienen in verschiedenen Zeitschriften. Sahl setzte sich darin meist kritisch und satirisch mit kulturellen Themen seiner Zeit auseinander, vor allem der Film ist für ihn immer wieder Anlass, „die Feder zu spitzen“. Zahlreiche Glossen wurden von den Herausgebern mit einem kurzen Kommentar versehen, um dem heutigen Leser den Anlass, die Sachverhalte und die Personen zu erklären
Mit der nun abgeschlossenen vierbändigen Werksausgabe liegt eine hervorragende Edition vor und das erzählerische und lyrische Werk Hans Sahls wird in seiner Gesamtheit neu erschlossen.
Manfred Orlick