Poes Erzählung bildet thematisch den Auftakt für seine Geschichte "Die Morde in der Rue Morgue"(1841), die ein Jahr später erschien. Bereits in "The Man of the Crowd"stellt Poe das Verbrechen in den Mittelpunkt seiner Kurzgeschichte - allerdings nicht als konkrete Tat, sondern als personifizierte Moralkategorie. Doch für die Rezeption bei Charles Baudelaire und dann später bei Walter Benjamin spielten nicht die Verbrechensthematik, sondern andere Aspekte eine viel wichtigere Rolle. Ihr Interesse an "The Man of the Crowd" orientierte sich vielmehr an der von Poe erstmals beschriebenen Großstadterfahrung seines Erzählers. Denn anders als im Mittelalter oder der frühen Neuzeit ist hier die - nun auch nächtlich durch Gaslaternen erleuchtete - Stadt kein vertrautes Umfeld sozialer Beziehungen mehr, sondern wird zur Bühne einer anonymen Menschenmasse. Gerade für den heutigen Leser, der sich meist unreflektiert in der Anonymität und Unwirtlichkeit belebter Großstädte bewegt, wird durch die Lektüre dieser Kurzgeschichte die Genese einer historisch völlig neuartigen sozialen Erfahrungswelt nachvollziehbar. Um Selbstverständlichkeiten der gegenwärtigen Lebenswelt einmal kritisch und unterhaltsam in den Blick zu bekommen, lohnt es sich, diese Geschichte zu lesen - nicht nur für Literaturwissenschaftler. Natürlich wurde - wie bei allen Werken der ofd edition - die ursprüngliche Druckfassung nicht automatisiert kopiert, sondern neu übersetzt und sorgfältig editiert - die bessere Lesbarkeit und Gestaltung verhelfen so zu einem ungetrübten Lesegenuss.
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