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Pietro wächst bei seinem Vater in Fabbrico auf, einem Provinznest in der norditalienischen Tiefebene. Inmitten von Feldern, Hügeln und unfertigen Neubauten scheint die Zeit stillzustehen. Schweigend trinken die Alten in der Bar an der Piazza ihren Kaffee, spielen bedächtig ihre Karten. Auch Pietros Vater Ettore kümmert sich ohne viel Worte um ihn, zwischen den beiden liegt die Kluft einer unausgesprochenen Abwesenheit: Pietros Mutter hat Mann und Kind wenige Monate nach der Geburt verlassen. Niemand weiß, wo sie ist, niemand spricht über sie, selbst bei Livio und Ester, den liebevollen…mehr

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Produktbeschreibung
Pietro wächst bei seinem Vater in Fabbrico auf, einem Provinznest in der norditalienischen Tiefebene. Inmitten von Feldern, Hügeln und unfertigen Neubauten scheint die Zeit stillzustehen. Schweigend trinken die Alten in der Bar an der Piazza ihren Kaffee, spielen bedächtig ihre Karten. Auch Pietros Vater Ettore kümmert sich ohne viel Worte um ihn, zwischen den beiden liegt die Kluft einer unausgesprochenen Abwesenheit: Pietros Mutter hat Mann und Kind wenige Monate nach der Geburt verlassen. Niemand weiß, wo sie ist, niemand spricht über sie, selbst bei Livio und Ester, den liebevollen Großeltern, ist ihr Bild aus den Familienfotos verschwunden. Bleischwer lastet ihr Fehlen auf den beiden Männern und macht es dem heranwachsenden Pietro fast unmöglich, sich anderen zu öffnen, den eigenen Gefühlen zu trauen. Als Pietro die Stadt verlässt und selbst Vater wird, will er endlich wissen, was wirklich geschah. In prägnanten, wirkmächtigen Bildern erzählt Roberto Camurri von Zugehörigkeit und Selbstbestimmung. Ein ungewöhnlicher Familienroman von großer emotionaler Wucht und Eindringlichkeit.

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Autorenporträt
Roberto Camurri, geb. 1982, lebt und arbeitet in Parma. Sein erster Roman, A Misura d'Uomo (2018), war ein Bestseller in Italien und wurde mit dem Premio Opera Prima sowie dem Premio Procida-Elsa Morante ausgezeichnet. Der Name seiner Mutter ist sein zweiter Roman.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Maike Albath denkt über literarische Selbstbefragungen aus Italien nach, in denen "la mamma" eine zentrale Rolle spielt. In Roberto Camurris Roman glänzt sie durch eine "quälende" Abwesenheit, erläutert die Rezensentin. So schmal das Buch ist, so bedrängend scheint es Albath, die mit dem Erzähler und seiner Sehnsucht nach der bald nach der Geburt verschwundenen Mutter mitzufühlen scheint. Wie der Autor die Erzähler-Kindheit unter Obhut des Vaters und mit der Leerstelle der Mutter entfaltet, mit "angespannter Ruhe", in messerscharfen Bildern und mit Hang zum Ungefähren, beeindruckt Albath sichtlich. Die Verlorenheit des Erzählers macht ihr der Text nachvollziehbar.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2021

Die, deren Namen man nicht nennt
Drei Generationen suchen eine Erklärung: Roberto Camurris Roman über das ländliche Italien

Roberto Camurri, 1982 geboren, wuchs in Fabricco auf, einem kleinen Ort in der Emilia-Romagna, der fruchtbaren, vom Apennin begrenzten Provinz in der Poebene. Fabricco ist auch der Schauplatz seines zweiten Romans, "Der Name seiner Mutter", in dem er vermutlich viel Autobiographisches verarbeitet hat. Der Inhalt des Buches in einem Satz: Drei Generationen einer traditionellen Handwerker- und Bauernfamilie leiden unter einem Trauma, verursacht durch das Verschwinden der Tochter, Ehefrau und Mutter, deren Namen niemals genannt wird.

Am meisten von dem Verlust betroffen ist Pietro, den seine Mutter als Baby in der Obhut seines Vaters Ettore und der liebevollen Großeltern zurückgelassen hat. Die Gründe für die mütterliche Flucht erfährt das Kind nicht. Dieses Nichtwissen verunsichert, aber vor allem sind es die Sprachlosigkeit der zurückgebliebenen Familie und das Fehlen aller Zeichen der Erinnerung an die geliebte Tochter und Ehefrau, die Pietro verstören. Einmal fällt in der Dorfkneipe das Wort Hure, und dass sie sehr schön gewesen sei, erzählt man sich hier. Aber Pietro wagt nicht, seinen Vater Ettore zu fragen: Warum ist er seiner schönen Frau nicht hinterhergelaufen, warum hat er sie nicht zurückgeholt?

Ettore ist die Hauptfigur von Camurris Roman. Hat er seine Frau umgebracht? Dessen verdächtigt ihn der Sohn insgeheim. Dass der seiner Mutter so ähnlich sieht, bringt den sonst so sanften Vaters manchmal auf bis zu Wutanfällen. Wenn er sich jedoch wieder beruhigt hat, überschüttet er sein Kind mit Zärtlichkeit.

Ettore bleibt wie sein Sohn ein Außenseiter in der Dorfgemeinschaft, empfindsam, wortkarg und jederzeit bereit zum Rückzug. Konfrontation oder Klärung meidet er. Diese Empfindsamkeit geht oft in Trauer über. Camurri beschreibt sie ebenso zartfühlend wie die Begegnung mit einer Bärin, die mit ihrem Jungen spielt. Sie wird im Roman zum Symbol inniger Zusammengehörigkeit von Mutter und Kind. Pietro sehnt sich danach, er hat so etwas nie kennengelernt.

Schließlich gelingt ihm der Ausbruch in die nächste Universitätsstadt. Und vielleicht wird es ihm auch gelingen, die Unsicherheit zu überwinden und seine Liebe festzuhalten. Der Schluss des Romans kommt unvermittelt, als hätte er hastig angehängt werden müssen. Immerhin erklärt er in Stichworten das Verschwinden. Und dann weiß Pietro auch endlich den Namen seiner Mutter: Anna.

Es gibt nicht viele Schriftsteller, die die archaische dörfliche Welt und den Zerfall einer Familie so genau beobachten und wiedergeben wie Camurri. Die meisterliche Übersetzung von Maja Pflug ist eine zusätzliche Garantie, dass dieses Buch etwas Besonderes ist.

MARIA FRISÉ

Roberto Camurri: "Der Name seiner Mutter". Roman.

Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Verlag Antje Kunstmann, München 2021, 207 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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