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Draußen die weite Bucht, drinnen der Empfangstisch des engen Hotels: dazwischen spannt sich eine Bühne, auf der sich die Stammgäste jedes Jahr ihre Einsätze zuflüstern. Das Hotel gehört einer jungen Frau, die es von ihrer Mutter geerbt hat und keinen Sinn hat für "Tanztee", und da ist der neue Koch, der Pikantes liebt und von der Küche aus den Laden übernehmen will. Die Stammgäste hat er schon auf seiner Seite ...

Produktbeschreibung
Draußen die weite Bucht, drinnen der Empfangstisch des engen Hotels: dazwischen spannt sich eine Bühne, auf der sich die Stammgäste jedes Jahr ihre Einsätze zuflüstern. Das Hotel gehört einer jungen Frau, die es von ihrer Mutter geerbt hat und keinen Sinn hat für "Tanztee", und da ist der neue Koch, der Pikantes liebt und von der Küche aus den Laden übernehmen will. Die Stammgäste hat er schon auf seiner Seite ...

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Autorenporträt
Julia Franck wurde 1970 in Berlin geboren. Sie studierte Altamerikanistik, Philosophie und Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin. 1997 erschien ihr Debüt ›Der neue Koch‹, danach ›Liebediener‹ (1999), ›Bauchlandung. Geschichten zum Anfassen‹ (2000) und ›Lagerfeuer‹ (2003). Sie verbrachte das Jahr 2005 in der Villa Massimo in Rom. Für ihren Roman ›Die Mittagsfrau‹ erhielt Julia Franck den Deutschen Buchpreis 2007. Der Roman wurde in 40 Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt (2023, Regie: Barbara Albert). Nach ›Rücken an Rücken‹ (2011) erschien zuletzt ›Welten auseinander‹ (Platz 1 der SWR-Bestenliste). Für ihr Werk wurde sie 2022 mit dem Schiller-Gedächtnis-Preis ausgezeichnet. Literaturpreise: 1995 Siegerin beim Open Mike-Wettbewerb 1998 Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste 1999 Stipendium der Stiftung Niedersachsen 2000 3sat-Preis in Klagenfurt 2004 Marie Luise Kaschnitz Preis 2005 "Roswitha Preis" der Stadt Bad Gandersheim 2007 Deutscher Buchpreis 2010 war die englische Ausgabe der ›Mittagsfrau‹ auf der Shortlist des Independent Foreign Fiction Prize und auf der Shortlist des ›Jewish Quaterly‹ sowie für den internationalen IMPAC nominiert. 2022 Schiller-Gedächtnis-Preis
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.04.1998

Fäden an den Hufen der Worte
Nicht ganz sattelfest: Julia Francks Debütroman "Der neue Koch"

Menschen im Hotel: Der Koch ist ein Dieb, und die Frau sucht einen Liebhaber. Das Hotel liegt am Meer, und die junge Tagebuchschreiberin hat es von ihrer Mutter geerbt. Behauptet sie. Ein sonderbarer Ort am Rande der Welt. Immer dieselben Gäste, jahrein, jahraus; immer benimmt sich die fette Madame Piper scheußlich daneben, wirft sich der Dichter Anton Jonas lautstark in Pose, putzt die treue Berta das bemalte Porzellangeschirr bis zum baldigen "Verschwinden der Bilder". Und irgendwann liegt ein junger Mann namens Ivo tot in seinem Zimmer. Vielleicht hat da jemand nachgeholfen, vielleicht nicht; weil keiner fragt, wird nichts geklärt, am Ende wird der Leichnam fortgeschafft.

Schnell begreifen wir, daß die vorgeblich so linkische Heldin insgeheim so durchtrieben ist wie die Geschichte, die sie erzählt. Am Ende würden wir ihr außer Versicherungsbetrug und Brandstiftung auch einen Mord nicht weniger zutrauen als dem kubanischen Koch, den sie fortwährend ins Bett locken will - wenn sich nicht überhaupt ihr Spiel mit Verstellungen in lauter Fiktionen und die Geschichte in Luft auflöst.

Kurzum: Kunst, wohin man sieht; und jeder Satz ruft: "Abgrund!" Mit einiger Anstrengung will der Debütroman der siebenundzwanzigjährigen Julia Franck den Eindruck einer geheimnisvollen Tiefe erzeugen. Was aber dabei entsteht, ist eine ziemlich flache, weil diffuse Künstlichkeit. Irgendwie soll der so realistisch eingeführte Ort ins Traumhafte verschwimmen, sich als gleichnishaft erweisen. Aber wofür? Für eine Parabel bleibt die Geschichte bei weitem zu vage, für eine spannende oder komische Geschichte zu anschauungsarm. So intensiv gleich auf den ersten Seiten von Kunst die Rede ist, die keiner Schönheit bedürfe, von "Leidenschaft und Besessenheit", so leidenschaftslos und öde bleiben Ort, Figuren und Handlung. Auch die obsessive Vorliebe für Details ändert daran nichts, sondern gibt eher neue Rätsel auf.

Vielleicht weiß der Dichter Jonas eine Antwort, der in abendlicher Runde "auch manchen Schenkelklopfer zum besten gibt". Jonas ist eine rechte Nervensäge und könnte eine ganz lustige Buffo-Figur abgeben. In der ambitionierten Prosa seiner Gastgeberin aber sieht sein Auftritt so aus: "Seine Horde von Worten galoppiert erst über alle Köpfe hinweg, um sich sogleich wie ein Netz über die Beisitzenden zu stülpen" - wer da schon denkt, das Bild wäre aus dem Leim gegangen, unterschätzt das manieristische Potential dieses Textes, der nämlich so weitergeht: "an den Hufen der Worte kleben Fäden, das Netz wird fester".

Was den Figuren an Anschaulichkeit fehlt, soll nicht nur durch derart steile Metaphorik wettgemacht werden, sondern auch, zudringlicher noch, durch eine forcierte Drastik. Ausdünstungen und Ausscheidungen aller Arten durchziehen den Text in ekligen Schlieren, Speichel und Nasensekret in unterschiedlichsten Aggregatzuständen, Stuhlgang und Urin en gros und en détail und ohne jede erkennbare Funktion. Selbst der als Liebhaber enttäuschende Koch muß, wenn er endlich doch einmal küssen darf, zwischendurch rülpsen. Das könnte allenfalls komisch sein, ist es hier aber so wenig wie der Einfall, einen Arzt "Engel in Weiß" zu nennen oder die Ehefrau des Bestatters auf den Namen "Grunz" zu taufen.

Sie liegt zudem im Clinch mit einer dauerhaften Vorliebe für den dichterisch gehobenen Ausdruck. Will die Erzählerin schildern, wie sie einmal vergebens zu schreien versuchte, schreibt sie: "kein Laut wollte meine Kehle verlassen". Eine Tänzerin ist schmal "wie eine Gazelle", Lebenslügen sind wie "Mauern aus Stein". Wenn "ein Trotz, eine Wut" in ihr wachsen, geht die Tagebuchschreiberin allein in ihr Zimmer, denn "dort habe ich beinahe Stille".

Manchmal geht es auch ein paar Nummern kleiner. Dann gelingen anrührende Bilder der Kindheitssehnsucht, die das wirkliche Talent dieser Autorin erkennen lassen, und saloppe Detailbeobachtungen wie zum Beispiel die, "daß viele Menschen allein durch den Anblick eines Ventilators den Eindruck bekommen, es sei heiß". Aber für einen Roman ist das zuwenig. HEINRICH DETERING

Julia Franck: "Der neue Koch". Roman. Ammann Verlag, Zürich 1997. 158 S., geb., 36,- DM.

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