Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Allgemeines, Note: 1,3, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Veranstaltung: Literatur und Psychoanalyse, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Geburt der Psychoanalyse ist eng an die Literatur gebunden. Nicht nur werden grundlegende Komplexe nach literarischen Figuren benannt, Freud bezieht sich stets auf Texte, deren Stoff eine angemessene Darstellung tiefenpsychologischer Vorgänge anbieten. Dabei handelt es sich jedoch um Strukturen, die an fiktiven Beispielen erläutert werden, und nicht um einen vergleichbaren Therapieeinsatz. Die Zersplitterung der Subjektivität durch die Entdeckung des Unbewussten hat ihrerseits tiefgreifende Konsequenzen für die Literaturtheorie. Nicht nur stellt diese die Autorität des Autors als "Ich" in Frage, sondern benennt auch die psychischen Operationen, wodurch die Beziehung zwischen Sprache, Realität und Einbildungskraft charakterisiert wird. Das ermöglicht zum einen die Grundlegung rhetorischer Stilmitteln durch psychische Mechanismen, zum anderen gewinnt das Fiktive in der üblichsten Form der Träume eine hervorgehobene Rolle, denn diese geben durch ihre symbolische Sprache Auskunft über die aktuellen psychischen Vorgänge, die uns sonst verborgen bleiben. Gerade der Traum steht durch seine Symbolik dem literarischen Text am nächsten. Durch diese Analogie lässt sich zeigen, dass die Bedingung der Möglichkeit für die Fiktionalität einer Quelle entspringt, die tiefer als die bloße Rationalität reicht und dadurch das Erlebnisraum im Voraus auf eine Weise strukturiert, die einem uneingeweihten Auge unzugänglich bleibt. Von diesem Gedanken ausgehend, setzt sich diese Arbeit zum Ziel, eine "archäologische" Übung zu illustrieren, indem die verborgenen Strukturen des Goetheschen Knabenmärchens „Der Neue Paris“ mithilfe der Psychoanalyse zutage gestellt werden. Dabei wird in erster Linie die instrumentale Dimension im psychoanalytischen Teil dargelegt, um diese im zweiten Teil zur Interpretation des Textes anzuwenden. Es wird ersichtlich, dass die rhetorischen Stilmittel eine Analogie zu psychischen Prozessen darstellen, die in einzelnen Abschnitten diskutiert werden. Die vorläufige Arbeitsthese ist, dass die Einweihung des Knaben in die schöpferische Dimension sich auf Kosten seiner Libido vollzieht, und zwar ist die sublimierte narzisstische Libido eine Voraussetzung für die Freischaltung kreativer Tätigkeit.