Kenia, 2007. Odidi Oganda, ein hochtalentierter Student, wird in den Straßen Nairobis erschossen. Seine Schwester Ajany kehrt aus Brasilien zurück, um mit ihrem Vater seinen Leichnam nach Hause zu überführen. Doch die Heimkehr auf die verfallene Farm im Norden des Landes hält keinen Trost für sie bereit. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen, die der Mord heraufbeschworen hat und die die Familie im Griff halten: an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit. Ajanys Mutter flieht von Wut und Trauer erfüllt in die Wildnis. Und ihr Vater muss sich einer brutalen Wahrheit stellen. Doch im Moment größter Verzweiflung entsteht auch etwas Neues: Eine Liebe - oder zumindest eine Verbindung - nimmt ihren Anfang. >Der Ort, an dem die Reise endet< ist ein großer Roman über eine versehrte Familie und ein zerrissenes Land. Mit einer Sprache, die einem den Atem raubt, voller Kraft und Intensität, erzählt Yvonne Adhiambo Owuor eine Geschichte von universeller Dringlichkeit - eine Geschichte von Macht und Täuschung, von unerwiderter Liebe und dem unbeirrbaren Willen zum Überleben. »Dieser kraftvolle erste Roman wird Vergleiche mit William Boyd und sogar Graham Greene und Joseph Conrad evozieren ... Eine wichtige Ergänzung der Literatur der afrikanischen Gegenwart.« BOOKLIST »Owuor beweist auf diesen Seiten außergewöhnliches Talent und eine beachtliche Bandbreite. Ihr Stil ist im Wechsel impressionistisch und rau, beschwörend und drängend. Ein bemerkenswerter Roman.« THE WASHINGTON POST
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.07.2017Durch den Staub von Nairobi
Die Schriftstellerin Yvonne Adhiambo Owuor in Frankfurt
Sie träumt auf Englisch. Denn sie liebt die Sprache der einstigen Kolonialherren. Das gestand Yvonne Adhiambo Owuor ihrem Publikum im Haus des Buches in Frankfurt. Und sie schreibt auch auf Englisch. Gleich für ihre erste Kurzgeschichte wurde die 49 Jahre alte kenianische Schriftstellerin zu Beginn des Jahrtausends mit dem britischen Caine Prize for African Writing ausgezeichnet. Ihr erster Roman, eine historische Familiensaga, ist 2013 unter dem Titel "Dust" in Nairobi erschienen und mit dem Jomo Kenyatta Prize gewürdigt worden. In Simone Jakobs deutscher Übersetzung war das Buch dieses Jahr für den Liberaturpreis nominiert, der von Litprom, der in Frankfurt ansässigen Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, und der Frankfurter Buchmesse vergeben wird.
"Odidi rennt." Aber er kann seinen Feinden nicht entkommen. Im Staub der Straßen von Nairobi endet das Leben des jungen Ingenieurs. Mit dieser grausamen Szene beginnt der Roman, und dem Schauspieler Jochen Nix gelang es wieder einmal, seine Zuhörer zu bannen. Vorher hatte die Verfasserin die Eingangspassage im Original vorgetragen. Dabei blieb es, denn die Literaturkritikerin und Moderatorin Claudia Kramatschek und das Publikum wollten so viel wie nur irgend möglich von Owuor wissen. Eine gute Entscheidung, denn die traumatische Geschichte der Familie Oganda kann man schließlich selbst lesen. Auf der Farm der Eltern in Nordkenia wird Odidi begraben. Das ist "Der Ort, an dem die Reise endet", wie der deutsche Titel des Romans lautet - eine Reise durch die Geschichte des Landes seit der Unabhängigkeit 1963.
Odidi stirbt während der blutigen Unruhen nach der Wahl von 2007. Owuor hatte ihren Roman aber schon zuvor im Kopf, als Kenia ein Referendum über seine Verfassung abhielt und das Volk sich spaltete. Die Gesellschaft leide an kollektiver Amnesie, sagt sie: "Man muss sich den Geistern der Geschichte stellen, in den Abgrund der politischen Vergangenheit hineinblicken." Dafür hat sie ihren Roman geschrieben. Viel Vorarbeit war nötig, in zahlreichen Archiven und im Gespräch mit Menschen. Die Versprechen des Unabhängigkeitsjahres seien nie eingelöst worden, sagt die Autorin, selbst ein behütetes Kind der Mittelschicht. Die Visionäre von damals seien ermordet worden: "Alle wissen, was geschehen ist, aber sie schweigen." Ihr Roman ist in Kenia inzwischen ein Bestseller geworden, der vor allem von der jungen Generation gelesen wird. Und in Kapstadt regt er die Leser dazu an, sich mit der südafrikanischen Geschichte auseinanderzusetzen. Owuor spricht übrigens nicht nur Englisch, sondern wie die meisten ihrer Landsleute auch die zweite Amtssprache Swahili und eine weitere der vielen Volkssprachen. Aber: "Wir haben das Englische zu unserer Sprache gemacht, zum Tor der Welt und der Imagination", sagt sie. Ende des Jahres erscheint ein neuer Roman, an einem dritten arbeitet sie.
CLAUDIA SCHÜLKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Schriftstellerin Yvonne Adhiambo Owuor in Frankfurt
Sie träumt auf Englisch. Denn sie liebt die Sprache der einstigen Kolonialherren. Das gestand Yvonne Adhiambo Owuor ihrem Publikum im Haus des Buches in Frankfurt. Und sie schreibt auch auf Englisch. Gleich für ihre erste Kurzgeschichte wurde die 49 Jahre alte kenianische Schriftstellerin zu Beginn des Jahrtausends mit dem britischen Caine Prize for African Writing ausgezeichnet. Ihr erster Roman, eine historische Familiensaga, ist 2013 unter dem Titel "Dust" in Nairobi erschienen und mit dem Jomo Kenyatta Prize gewürdigt worden. In Simone Jakobs deutscher Übersetzung war das Buch dieses Jahr für den Liberaturpreis nominiert, der von Litprom, der in Frankfurt ansässigen Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, und der Frankfurter Buchmesse vergeben wird.
"Odidi rennt." Aber er kann seinen Feinden nicht entkommen. Im Staub der Straßen von Nairobi endet das Leben des jungen Ingenieurs. Mit dieser grausamen Szene beginnt der Roman, und dem Schauspieler Jochen Nix gelang es wieder einmal, seine Zuhörer zu bannen. Vorher hatte die Verfasserin die Eingangspassage im Original vorgetragen. Dabei blieb es, denn die Literaturkritikerin und Moderatorin Claudia Kramatschek und das Publikum wollten so viel wie nur irgend möglich von Owuor wissen. Eine gute Entscheidung, denn die traumatische Geschichte der Familie Oganda kann man schließlich selbst lesen. Auf der Farm der Eltern in Nordkenia wird Odidi begraben. Das ist "Der Ort, an dem die Reise endet", wie der deutsche Titel des Romans lautet - eine Reise durch die Geschichte des Landes seit der Unabhängigkeit 1963.
Odidi stirbt während der blutigen Unruhen nach der Wahl von 2007. Owuor hatte ihren Roman aber schon zuvor im Kopf, als Kenia ein Referendum über seine Verfassung abhielt und das Volk sich spaltete. Die Gesellschaft leide an kollektiver Amnesie, sagt sie: "Man muss sich den Geistern der Geschichte stellen, in den Abgrund der politischen Vergangenheit hineinblicken." Dafür hat sie ihren Roman geschrieben. Viel Vorarbeit war nötig, in zahlreichen Archiven und im Gespräch mit Menschen. Die Versprechen des Unabhängigkeitsjahres seien nie eingelöst worden, sagt die Autorin, selbst ein behütetes Kind der Mittelschicht. Die Visionäre von damals seien ermordet worden: "Alle wissen, was geschehen ist, aber sie schweigen." Ihr Roman ist in Kenia inzwischen ein Bestseller geworden, der vor allem von der jungen Generation gelesen wird. Und in Kapstadt regt er die Leser dazu an, sich mit der südafrikanischen Geschichte auseinanderzusetzen. Owuor spricht übrigens nicht nur Englisch, sondern wie die meisten ihrer Landsleute auch die zweite Amtssprache Swahili und eine weitere der vielen Volkssprachen. Aber: "Wir haben das Englische zu unserer Sprache gemacht, zum Tor der Welt und der Imagination", sagt sie. Ende des Jahres erscheint ein neuer Roman, an einem dritten arbeitet sie.
CLAUDIA SCHÜLKE
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