Ein Krimi mit Lokalkolorit hat erstmal eine ganze Portion Vorschusslorbeeren. Siegfried Stang schafft es, diesen Vorschuss innerhalb weniger Seiten erst in hochgezogene Augenbrauen und dann in mitleidiges Lächeln zu verwandeln.
Die Handlung ist einfach (die "Finten" sind nett ausgedacht, aber
nicht sehr tiefgründig); die Erzählweise ist chronologisch; die Personen sind entweder sehr einfach…mehrEin Krimi mit Lokalkolorit hat erstmal eine ganze Portion Vorschusslorbeeren. Siegfried Stang schafft es, diesen Vorschuss innerhalb weniger Seiten erst in hochgezogene Augenbrauen und dann in mitleidiges Lächeln zu verwandeln.
Die Handlung ist einfach (die "Finten" sind nett ausgedacht, aber nicht sehr tiefgründig); die Erzählweise ist chronologisch; die Personen sind entweder sehr einfach oder auf unwahrscheinlich extreme Weise überfrachtet angelegt. Richtig mühsam wird aber das Lesen durch eine nüchterne Sprache, die den Charme einer Betriebsanleitung hat.. Auch die wörtliche Rede wirkt einfach nur gestelzt. Die Sprach- und die Denkebenen der Protagonisten stimmen oft nicht übereinander. Spannung kommt auch nicht recht auf.
Und: wenn man die Geschichte zu einem großen Teil im kirchlichen Milieu spielen lassen will, wirkt es peinlich, wenn der Autor so garkeine Ahnung zeigt: eine völlig blauäugige Theologiestudentin (die vor ihrem Studium noch nie Einblicke in eine Kirchengemeinde gehabt haben soll), einen plump-übergriffigen Pastor, der falsche Einsatz kirchlicher Gebäude ("Pfarrhaus") und eine Rückblende auf Missbrauch in einem kirchlich betriebenen Waisenhaus (ein zu ernstes Thema, um es so unreflektiert zu bringen; ein zu abgegriffenes Thema, um es als absurdes Motiv zu bringen!) lassen in allen Details durchscheinen, dass der Autor kirchliches Leben offensichtlich immer nur als leicht absurdes Geschehen am Rande seiner Welt wahrgenommen hat. Hätte er doch einmal vorab jemanden aus dem Kontext einer Gemeinde die Schilderungen auf Plausibilität korrigieren lassen!
Vom Lokalkolorit bleiben auch nur ein paar oberflächliche Schilderungen und Ortsnamen - am authentischsten ist die Ferienhaussiedlung, als Handlungsort, die man aber auch nur als "Ossi" nachempfinden kann.
Kurzum: das Buch riecht an allen Ecken und Enden nach "Fernkurs Romanschreiben".
Wenn man heutzutage einen Krimi veröffentlicht, stellt man sich leider dem Vergleich mit Profis (skandinavischen Autoren, Donna Leon) - und in diesem Fall reicht es nicht mal für anerkenndes Nicken.
Gesamtfazit: man kann es ohne größeren Schaden, aber auch ohne jeden Gewinn lesen.