Werden Loyalität und Liebe das letzte Wort haben? Oder Verrat und Gewalt? Der virtuose Geschichtenerzähler Arturo Pérez-Reverte entführt uns in diesem packenden Spionageroman in eine zwielichtige Welt, in der jeder seinen Preis zu zahlen hat…
Spanien, 1936. Der Spion Lorenzo Falcó ist charismatisch, mit allen Wässerchen gewaschen und steht vor der waghalsigsten Mission seines Lebens: Er soll im südspanischen Alicante einen hochrangigen politischen Gefangenen befreien und vor dem sicheren Tod retten, eine kriegsentscheidende Aktion. Falcó hat drei Mitstreiter, darunter die undurchsichtige Eva Rengel. Sie sind sich noch nie begegnet, müssen sich aber absolut aufeinander verlassen. Während sie sich immer weiter in ein Geflecht aus Grausamkeit und Täuschung verstricken, kommen Falcó und Eva sich nahe. Gefährlich nahe, denn schon sehr bald wird deutlich, dass alle Beteiligten ein doppeltes Spiel betreiben.
Spanien, 1936. Der Spion Lorenzo Falcó ist charismatisch, mit allen Wässerchen gewaschen und steht vor der waghalsigsten Mission seines Lebens: Er soll im südspanischen Alicante einen hochrangigen politischen Gefangenen befreien und vor dem sicheren Tod retten, eine kriegsentscheidende Aktion. Falcó hat drei Mitstreiter, darunter die undurchsichtige Eva Rengel. Sie sind sich noch nie begegnet, müssen sich aber absolut aufeinander verlassen. Während sie sich immer weiter in ein Geflecht aus Grausamkeit und Täuschung verstricken, kommen Falcó und Eva sich nahe. Gefährlich nahe, denn schon sehr bald wird deutlich, dass alle Beteiligten ein doppeltes Spiel betreiben.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2017Die alten Hemden
der Falangisten
Arturo Pérez-Reverte mischt in seinem neuen Roman
Fakten und Fiktionen zum Spanischen Bürgerkrieg
VON RALPH HAMMERTHALER
Der Spion Lorenzo Falcó stammt aus gutem andalusischen Haus. Er trägt gern schicke Anzüge, verfügt über Manieren und weiß, wie er eine schöne Frau verführt. Dass er gleichzeitig ein kaltblütiger Hund ist, einer, der foltert und tötet, muss mit Brüchen in seiner Karriere zu tun haben. An der Militärakademie scheitert er; sie werfen ihn raus. So lernt er, sich durchzuschlagen. Seither führt er unentwegt Krieg, „hier er selbst, dort alle anderen“. Eine Zeit lang fädelt er lukrative Waffengeschäfte ein. Dann rekrutiert ihn der spanische Geheimdienst, erst auf Seiten der Republik, dann auf Seiten des rebellierenden Militärs. Weil er längst aufgegeben hat, sein Gewissen zu befragen, fragt er, gestellt vor neue Aufgaben, seinen Chef: „Sind wir dafür oder dagegen?“
1936, in den ersten Monaten des Bürgerkrieges, hat General Francisco Franco sein Hauptquartier in Salamanca aufgeschlagen. Seinem Bruder Nicolás ist der Geheimdienst unterstellt. Allseits wird erwartet, dass Hitler und Mussolini Francos Herrschaft in Kürze anerkennen. Deutsche Kanonen und italienische Panzer haben sie eh schon. Ein deutscher Konsul auf republikanischem Boden zieht vorsorglich ab. In dieser turbulenten Phase erhält Falcó den Auftrag, José Antonio Primo de Rivera, den Gründer der faschistischen Falange, aus dem Gefängnis zu befreien. Dazu muss er nach Alicante, in die rote Zone. Diese Mission gilt als heikel. Doch der James Bond aus Salamanca zögert keine Sekunde.
In seinem Roman „Der Preis, den man zahlt“, im Original schlicht „Falcó“, hat sich Arturo Pérez-Reverte einen neuen Serienhelden ausgedacht. In diesem Herbst ist in Spanien bereits die zweite Folge erschienen, unter dem Titel „Eva“. Eva ist, wie man in dieser ersten Folge erfährt, eine sowjetische Agentin, die in ihrer Skrupellosigkeit einem Lorenzo Bond Falcó in nichts nachsteht. „Eine harte und gefährliche Frau,“ sagt Pérez-Reverte in einem Video auf seiner Homepage, aber natürlich ziemlich attraktiv. Zweimal rettet sie Falcó das Leben, einmal, indem sie ihn kommunistischen Folterern entzieht, was ohne sowjetische Autorität kaum gelungen wäre. Doch Evas wahre Identität erfährt Falcó erst später. Lange hält er sie für eine Falangistin. Für einen wie ihn aber spielt es keine Rolle, ob Kommunistin, ob Faschistin, solange sie ihn nur zwischen ihre Schenkel lässt.
Mit der Falcó-Serie scheint Pérez-Reverte darauf aus zu sein, an den Erfolg seiner siebenteiligen Alatriste-Serie anzuknüpfen, einem ganz anders gearteten Helden aus dem 17. Jahrhundert. Klar, er ist ein Bestsellerautor, das heißt, ein Autor, der weiß, womit man sein Geld verdient. Seinen Roman „Der Club Dumas“ hat Roman Polanski mit Johnny Depp verfilmt, unter dem Titel „Die neun Pforten“. Aber trotz seines Hangs zum Genre des Thrillers und damit auch zum Klischee bringt er es fertig, dass man sich gut unterhalten fühlt. Sprachlich erlaubt er sich keine Schludrigkeiten; die Dialoge sind scharf und konzentriert. Höchstens auf den letzten zehn Seiten ergibt er sich einer diffusen Vorstellung von Hollywood. Sonnenaufgang, unrasiertes Kinn, Hut im Genick – und die von Faschos misshandelte Eva steigt aus dem Auto und kehrt ins Leben zurück. Der letzte Satz ist so schrecklich, dass man ihn schwärzen müsste: „Und jede Frau wäre bei diesem Lächeln dahingeschmolzen.“
Wie hinreißend dagegen hat Pérez-Reverte vorher Falcós Sex mit Eva beschrieben, in einer Nacht, während Bomben fallen auf die Stadt. Heftig schlägt sie ihm ins Gesicht, sodass Blut auf ihre nackten Brüste tropft. Das ist die Rache des Klischees an der männlichen Fantasie.
Mit dem Bürgerkrieg liegen für Falcós Missionen schwer durchschaubare Umstände vor. Gerade in der frühen Phase war unklar, in welchen Händen die Macht lag. Auf der rebellierenden Rechten gab es ein Gerangel um Kompetenzen. Militär, Polizei, Geheimdienste, die Falange. Was hätte Franco davon, wenn der Führer der Falangisten befreit würde? Nichts als einen Konkurrenten mehr. Dieser historischen Konstellation mengt Pérez-Reverte seine fiktionale Geschichte bei. Überraschend wird Falcós Auftrag umgewandelt. Er soll die verdeckt operierenden Falangisten in einen Hinterhalt führen und damit vor die Gewehre der Roten. Alle werden niedergeschossen oder tags darauf hingerichtet. José Antonio sitzt, den Tod vor Augen, im Gefängnis von Alicante fest.
Falangisten trugen ein blaues Hemd mit dem eingestickten Emblem ihrer Bewegung. Gern bezeichneten sie sich als „Hemden“, so auch in ihrer Hymne „Cara al sol“, „Gesicht zur Sonne“. Von 1939 an unterschieden sie alte Hemden von neuen, erst kürzlich dazugestoßenen Gleichgesinnten. Warum Pérez-Reverte schon im Jahr 1936 von alten Hemden spricht, wirkt, als hätte er gepatzt. Durch den ideologisch unentschlossenen Lorenzo Falcó kommt eine Figur ins Spiel, die über die Fronten hinweg Gemeinsames entdeckt. Den jungen, oft noch grünen Falangisten billigt er eine „Mischung aus Schneid, politischer Entschiedenheit und Glaube an eine Sache, für die sie bereit waren, ihr Leben zu riskieren“ zu. „Paradoxerweise brachte sie eben das in die Nähe ihrer Feinde, zumindest einiger, der Besten auf der gegnerischen Seite. (...) Falangisten, Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten, die sich mit erstaunlicher Beharrlichkeit gegenseitig umbrachten. Mutige, entschlossene junge Leute, die einen wie die anderen, die sich oftmals kannten und sogar Kommilitonen oder Kollegen gewesen waren, miteinander getanzt, Kinos und Cafés besucht, Freunde und sogar die Liebste geteilt hatten.“
Gegen Kopfschmerzen führt er eine Schachtel Cafiaspirinas mit, darin auch eine Kapsel Zyankali, falls gar nichts mehr hilft. Entweder sie oder wir, das ist das Motto, dem er sich unterwirft. „Alles in allem jammerschade, dachte Falcó.“
Falcós blutige Liebesnacht ist
die Rache des Klischees
an der männlichen Fantasie
In der Schachtel
Kopfwehtabletten versteckt er
auch eine Kapsel Zyankali
Arturo Pérez-Reverte: Der Preis, den man zahlt. Roman. Aus dem Spanischen von Petra Zickmann. Insel Verlag, Berlin 2017.
295 Seiten, 22 Euro.
E-Book 18,99 Euro.
Undurchschaubar war der Spanische Bürgerkrieg. Eine Kämpferin, Madrid 1936.
Foto: imago/United Archives International
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
der Falangisten
Arturo Pérez-Reverte mischt in seinem neuen Roman
Fakten und Fiktionen zum Spanischen Bürgerkrieg
VON RALPH HAMMERTHALER
Der Spion Lorenzo Falcó stammt aus gutem andalusischen Haus. Er trägt gern schicke Anzüge, verfügt über Manieren und weiß, wie er eine schöne Frau verführt. Dass er gleichzeitig ein kaltblütiger Hund ist, einer, der foltert und tötet, muss mit Brüchen in seiner Karriere zu tun haben. An der Militärakademie scheitert er; sie werfen ihn raus. So lernt er, sich durchzuschlagen. Seither führt er unentwegt Krieg, „hier er selbst, dort alle anderen“. Eine Zeit lang fädelt er lukrative Waffengeschäfte ein. Dann rekrutiert ihn der spanische Geheimdienst, erst auf Seiten der Republik, dann auf Seiten des rebellierenden Militärs. Weil er längst aufgegeben hat, sein Gewissen zu befragen, fragt er, gestellt vor neue Aufgaben, seinen Chef: „Sind wir dafür oder dagegen?“
1936, in den ersten Monaten des Bürgerkrieges, hat General Francisco Franco sein Hauptquartier in Salamanca aufgeschlagen. Seinem Bruder Nicolás ist der Geheimdienst unterstellt. Allseits wird erwartet, dass Hitler und Mussolini Francos Herrschaft in Kürze anerkennen. Deutsche Kanonen und italienische Panzer haben sie eh schon. Ein deutscher Konsul auf republikanischem Boden zieht vorsorglich ab. In dieser turbulenten Phase erhält Falcó den Auftrag, José Antonio Primo de Rivera, den Gründer der faschistischen Falange, aus dem Gefängnis zu befreien. Dazu muss er nach Alicante, in die rote Zone. Diese Mission gilt als heikel. Doch der James Bond aus Salamanca zögert keine Sekunde.
In seinem Roman „Der Preis, den man zahlt“, im Original schlicht „Falcó“, hat sich Arturo Pérez-Reverte einen neuen Serienhelden ausgedacht. In diesem Herbst ist in Spanien bereits die zweite Folge erschienen, unter dem Titel „Eva“. Eva ist, wie man in dieser ersten Folge erfährt, eine sowjetische Agentin, die in ihrer Skrupellosigkeit einem Lorenzo Bond Falcó in nichts nachsteht. „Eine harte und gefährliche Frau,“ sagt Pérez-Reverte in einem Video auf seiner Homepage, aber natürlich ziemlich attraktiv. Zweimal rettet sie Falcó das Leben, einmal, indem sie ihn kommunistischen Folterern entzieht, was ohne sowjetische Autorität kaum gelungen wäre. Doch Evas wahre Identität erfährt Falcó erst später. Lange hält er sie für eine Falangistin. Für einen wie ihn aber spielt es keine Rolle, ob Kommunistin, ob Faschistin, solange sie ihn nur zwischen ihre Schenkel lässt.
Mit der Falcó-Serie scheint Pérez-Reverte darauf aus zu sein, an den Erfolg seiner siebenteiligen Alatriste-Serie anzuknüpfen, einem ganz anders gearteten Helden aus dem 17. Jahrhundert. Klar, er ist ein Bestsellerautor, das heißt, ein Autor, der weiß, womit man sein Geld verdient. Seinen Roman „Der Club Dumas“ hat Roman Polanski mit Johnny Depp verfilmt, unter dem Titel „Die neun Pforten“. Aber trotz seines Hangs zum Genre des Thrillers und damit auch zum Klischee bringt er es fertig, dass man sich gut unterhalten fühlt. Sprachlich erlaubt er sich keine Schludrigkeiten; die Dialoge sind scharf und konzentriert. Höchstens auf den letzten zehn Seiten ergibt er sich einer diffusen Vorstellung von Hollywood. Sonnenaufgang, unrasiertes Kinn, Hut im Genick – und die von Faschos misshandelte Eva steigt aus dem Auto und kehrt ins Leben zurück. Der letzte Satz ist so schrecklich, dass man ihn schwärzen müsste: „Und jede Frau wäre bei diesem Lächeln dahingeschmolzen.“
Wie hinreißend dagegen hat Pérez-Reverte vorher Falcós Sex mit Eva beschrieben, in einer Nacht, während Bomben fallen auf die Stadt. Heftig schlägt sie ihm ins Gesicht, sodass Blut auf ihre nackten Brüste tropft. Das ist die Rache des Klischees an der männlichen Fantasie.
Mit dem Bürgerkrieg liegen für Falcós Missionen schwer durchschaubare Umstände vor. Gerade in der frühen Phase war unklar, in welchen Händen die Macht lag. Auf der rebellierenden Rechten gab es ein Gerangel um Kompetenzen. Militär, Polizei, Geheimdienste, die Falange. Was hätte Franco davon, wenn der Führer der Falangisten befreit würde? Nichts als einen Konkurrenten mehr. Dieser historischen Konstellation mengt Pérez-Reverte seine fiktionale Geschichte bei. Überraschend wird Falcós Auftrag umgewandelt. Er soll die verdeckt operierenden Falangisten in einen Hinterhalt führen und damit vor die Gewehre der Roten. Alle werden niedergeschossen oder tags darauf hingerichtet. José Antonio sitzt, den Tod vor Augen, im Gefängnis von Alicante fest.
Falangisten trugen ein blaues Hemd mit dem eingestickten Emblem ihrer Bewegung. Gern bezeichneten sie sich als „Hemden“, so auch in ihrer Hymne „Cara al sol“, „Gesicht zur Sonne“. Von 1939 an unterschieden sie alte Hemden von neuen, erst kürzlich dazugestoßenen Gleichgesinnten. Warum Pérez-Reverte schon im Jahr 1936 von alten Hemden spricht, wirkt, als hätte er gepatzt. Durch den ideologisch unentschlossenen Lorenzo Falcó kommt eine Figur ins Spiel, die über die Fronten hinweg Gemeinsames entdeckt. Den jungen, oft noch grünen Falangisten billigt er eine „Mischung aus Schneid, politischer Entschiedenheit und Glaube an eine Sache, für die sie bereit waren, ihr Leben zu riskieren“ zu. „Paradoxerweise brachte sie eben das in die Nähe ihrer Feinde, zumindest einiger, der Besten auf der gegnerischen Seite. (...) Falangisten, Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten, die sich mit erstaunlicher Beharrlichkeit gegenseitig umbrachten. Mutige, entschlossene junge Leute, die einen wie die anderen, die sich oftmals kannten und sogar Kommilitonen oder Kollegen gewesen waren, miteinander getanzt, Kinos und Cafés besucht, Freunde und sogar die Liebste geteilt hatten.“
Gegen Kopfschmerzen führt er eine Schachtel Cafiaspirinas mit, darin auch eine Kapsel Zyankali, falls gar nichts mehr hilft. Entweder sie oder wir, das ist das Motto, dem er sich unterwirft. „Alles in allem jammerschade, dachte Falcó.“
Falcós blutige Liebesnacht ist
die Rache des Klischees
an der männlichen Fantasie
In der Schachtel
Kopfwehtabletten versteckt er
auch eine Kapsel Zyankali
Arturo Pérez-Reverte: Der Preis, den man zahlt. Roman. Aus dem Spanischen von Petra Zickmann. Insel Verlag, Berlin 2017.
295 Seiten, 22 Euro.
E-Book 18,99 Euro.
Undurchschaubar war der Spanische Bürgerkrieg. Eine Kämpferin, Madrid 1936.
Foto: imago/United Archives International
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»Der Preis, den man zahlt ist ein gelungener Einstieg in eine Serie um den Spion Lorenzo Falcó für alle, die Lust auf einen erzählerisch anspruchsvollen, historischen Spionageroman haben.« Cathrin Brackmann WDR 20170919