Ein Mädchen wird am helllichten Tag in einer ruhigen Wohngegend von der Straße weg entführt. Einziger Zeuge ist ein demenzkranker, emeritierter Psychologieprofessor, der beschlossen hat, sich an diesem Abend das Leben zu nehmen. Diese Entführung jedoch beschäftigt ihn so sehr, dass er beschließt
seinen Selbstmord noch eine kleine Weile aufzuschieben und vorher das junge Mädchen zu retten.…mehrEin Mädchen wird am helllichten Tag in einer ruhigen Wohngegend von der Straße weg entführt. Einziger Zeuge ist ein demenzkranker, emeritierter Psychologieprofessor, der beschlossen hat, sich an diesem Abend das Leben zu nehmen. Diese Entführung jedoch beschäftigt ihn so sehr, dass er beschließt seinen Selbstmord noch eine kleine Weile aufzuschieben und vorher das junge Mädchen zu retten.
Dieses Buch ist kein Psychothriller, sondern ein gut aufgebauter, solide recherchierter Krimi, der aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird.
Zum einen aus dem Blickwinkel der Ermittler, die teilweise sehr ungewöhnlich sind.
Zum einen ist da Detektive Terri Collins, alleinerziehende Mutter zweier kleiner Kinder, die vor ihrem sie misshandelnden Mann geflohen ist und sich ein neues Leben als Polizistin aufgebaut hat.
Professor Dr. Adrian Thomas, ein verwitweter, emeritierter Psychologieprofessor, der an einer aggressiven Form der Demenz leidet du von Halluzinationen geplagt, getröstet und unterstützt wird.
Und nicht zuletzt Mark Wolfe, verurteilter Sexualstraftäter und fast Hacker. Ein Internetgenie, wenn es um illegale Internetseiten geht, der sich neben seinem Job im Baumarkt aufopferungsvoll um seine demenzkranke Mutter kümmert.
Die Täter sind ein Liebespärchen. Einerseits pervers, andererseits sehen sie sich als Performancekünstler, die Film und Video mit dem Internet sowie Sprache und Performance zu einem multimedialen Konzept verknüpfen. Sie sehen sich teils als Dokumentarfilmer, teils als Künstler, teils als Produzenten und als avantgarde (S. 215f). Genie und Wahnsinn in der modernen Medienwelt lassen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität für ihre Kunden verschwimmen.
Das Opfer: Jennifer Riggins, 16 Jahre alt, eine bekannte Ausreißerin. In der Schule eine Außenseiterin, intelligent, tough und doch verletzlich.
Die Voyeure: Wir, die Leser und die Abonnenten von whatcomesnext.com. Sie stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten, vom Schüler, über den Studenten, den erfolgreichen Geschäftsmann, Künstler und Kriminelle. In Zeiten von Big Brother und Konsorten verschwimmen die Grenzen zwischen Reality TV, Voyeurismus, Kunst, Konsum und Verbrechen.
So ungewöhnlich und vielfältig die Protagonisten der Geschichte sind, so vorhersehbar und klischeehaft ist leider der Plot. Schon nach 150 Seite als Jennifer den Gegenstand findet, den sie behalten darf, war mir klar wie es weiter- und ausgehen wird und es ist (bis auf Kleinigkeiten) auch genau so gekommen. Aus diesem Grund sehe ich das Buch auch nicht als Psychothriller sondern eher als soliden Krimi an. Gut und logisch ermittelt, aber dadurch leider auch berechen – und vorhersehbar und dadurch leider auch ein wenig zäh.
Katzenbachs Erzählweise ist mir einerseits zu detailverliebt. Er ergeht sich in Vergleichen mit Personen, die man zumindest in Deutschland nicht kennt, so dass diese Vergleiche verpuffen und ihren Sinn verlieren.
Fazit: Ungewöhnliche und innovative Charaktere gepaart mit ein extrem vorhersehbaren Standardkrimiplot. Das Buch gewinnt jedoch wieder durch seine subtile Sozialkritik. So detailverliebt Katzenbach teils auch schreiben mag führt er dem Leser durch die subtile Weglassung gewisser Details, die erst im Nachhinein erwähnt werden, vor Augen, dass er auch nur ein weiterer Voyeur der Leiden Jennifers war.