100 Jahre nach dem Mord an Walther Rathenau – Die Hintergründe des rechten Terrors gegen die erste deutsche Republik. Am 24. Juni 1922 wurde Walther Rathenau, Reichsaußenminister der Weimarer Republik, auf offener Straße erschossen. Kein anderes Ereignis hat die Republik von Weimar stärker erschüttert als die Serie von Anschlägen von 1921 / 1922, die gegen Rathenau und den früheren Reichsfinanzminister Matthias Erzberger, gegen den ersten deutschen Ministerpräsidenten Philipp Scheidemann und schließlich auch gegen den Publizisten Maximilian Harden verübt wurden. Martin Sabrow geht der Frage nach: Waren die Attentate aufgehetzten Einzeltätern zuzuschreiben, oder steckte hinter ihnen das organisierte Mordkomplott eines Geheimbundes? Der schon von den Zeitgenossen verdächtigten Organisation »Consul« konnte (oder wollte) die deutsche Jusitz keine Schuld nachweisen. Und doch hatte sie offensichtlich alle Fäden in der Hand gehabt. Der Autor deckt die Geschehnisse von damals auf. Er weist die bewusste Rechtsbeugung der konservativ denkenden Justiz nach und erklärt, warum das Ziel der Attentatsserie in der Öffentlichkeit nie vollständig bekannt werden konnte: Sie sollte der geheimgehaltene Auftakt zur deutschen Gegenrevolution werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2022Das Netz
der Mörder
Martin Sabrow erklärt, wie aus der Kriegsniederlage
der Rechtsterror in der Weimarer Republik erwuchs
VON CORD ASCHENBRENNER
Man schreibt das Jahr 1922, ein politischer Mord ist geschehen. Das Opfer ist der Außenminister. Die Mörder können nach ihrer Tat, die sie an einem Junitag in Berlin begehen, unbehelligt verschwinden. Über Wochen fahndet die Polizei nach ihnen, schließlich stellt sie die Männer auf einem Burgturm in der Provinz. Der eine stirbt durch eine Polizeikugel, der andere tötet sich selbst. Der ermordete Minister ist der umstrittenste einer Reihe von Männern, auf die innerhalb weniger Monate Anschläge verübt werden. All die Attentate sind von einer geheimen Organisation geplant. Ihr Ziel es ist, Unruhen auf der Linken auszulösen, auf die dann mit einem Putsch von rechts reagiert werden soll, um die verhasste demokratische Regierung der Republik zu stürzen.
Klingt arg konstruiert? Wie der Plot einer siebenteiligen ARD-Ermittlerserie, angesiedelt in der Weimarer Republik und geschrieben von einer Drehbuchautorin mit einem Hang zu Verschwörungsszenarien?
Doch es war genauso wie oben geschildert. Nachzulesen ist es in einem erhellenden, sehr präzise und gut geschriebenen Buch des mittlerweile emeritierten Berliner Zeithistorikers Martin Sabrow. Er erzählt in dieser Neuausgabe seiner Dissertation von 1992 die nicht allzu bekannte Geschichte eines rechten Geheimbundes, der mit einem charismatischen und antidemokratischen Ex-Marineoffizier an der Spitze ein Komplott zur Beseitigung der Weimarer Republik geschmiedet hatte. Das prominenteste Opfer war deren jüdischer Außenminister Walther Rathenau.
Der 1867 geborene Rathenau war Aufsichtsratsvorsitzender der von seinem Vater gegründeten AEG gewesen, Ingenieur, Schriftsteller, Schöngeist oder, wie Robert Musil es formulierte, der in seinem „Mann ohne Eigenschaften“ der Figur des Paul Arnheim Züge Rathenaus verlieh: die „Vereinigung von Kohlenpreis und Seele“.
Stets umstritten, von der republikanischen Presse kurz nach dem Krieg als „Jesus im Frack“ verspottet, von der Rechten als Jude und Mann der Republik mit geiferndem Hass verfolgt, wurde der linksliberale Rathenau im Mai 1921 erst Minister für den Wiederaufbau, im Januar 1922 Außenminister in der Regierung des Zentrumspolitikers Joseph Wirth. Beide waren „Erfüllungspolitiker“; erfüllt werden mussten die im Versailler Vertrag festgelegten Reparationsforderungen der alliierten Siegermächte, was die Zahlung immenser Summen über Jahrzehnte bedeutete: insgesamt 132 Milliarden Goldmark.
In republikfeindlichen Kreisen galt Rathenau, wie Sabrow schreibt, von Monat zu Monat mehr als „Inkarnation einer jüdisch-kapitalistischen Verschwörung“. Es waren jene – Beamte, Offiziere der geschrumpften Reichswehr, Pfarrer, Ärzte, der Mittelstand also –, denen die Wirtschaftslage kurz nach dem Krieg finanziell allmählich den Boden unter den Füßen wegzog; ihr Blick auf die Welt war getrübt von der Dolchstoßlegende, von Antisemitismus, völkischem Denken und Hass auf die Demokratie.
Einer, der sich mit der Republik von Anfang an nicht abfinden wollte, war der Pfarrerssohn und kaiserliche Korvettenkapitän Hermann Ehrhardt. Anfang 1919 stellte er ein Freikorps aus ehemaligen Marineoffizieren auf, das linke Aufstände und mit besonderer Brutalität die Münchner Räterepublik niederschlug. Im März 1920 war die „Brigade Erhardt“ am gegenrevolutionären Kapp-Lüttwitz-Putsch in Berlin beteiligt; danach tauchte ihr von seinen Männern verehrter Anführer im völkisch-national brodelnden München unter und gründete die Organisation Consul (O.C.). Den militärisch straffen Aufbau dieser reichsweiten, klandestin in Zellen organisierten Verschwörung mit „einer mörderischen Geheimbundzentrale“ beschreibt Martin Sabrow faszinierend genau. Finanziert wurde die O.C. durch Industrielle und Republikfeinde in Bürgertum, Adel und Militär, die wie Erhardt eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse erzwingen wollten.
Ihr erstes Opfer war der ehemalige Finanzminister Matthias Erzberger, der Mann, der durch seine Unterschrift des Waffenstillstands vom November 1918 für viele Deutsche bis weit in die Mitte der Gesellschaft zum Hauptfeind geworden war. Zwei von Erhardts Männern brachten ihn im August 1921 bei einem Spaziergang im Schwarzwald um. Die Polizei spürte zwar das Hauptquartier der Organisation Consul auf, der Münchner Polizeipräsident Pöhner selbst jedoch schützte die Attentäter und auch Ehrhardt. Der nächste Anschlag Anfang Juni 1922 galt dem Sozialdemokraten Philipp Scheidemann, scheiterte aber am Dilettantismus der beiden Attentäter. Scheidemann hatte am 9. November 1918 die Republik ausgerufen, auch ihn hasste die Rechte.
Am 24. Juni 1922 traf es Walther Rathenau. Zwei junge Weltkriegsoffiziere namens Kern und Fischer töteten den Minister, der im offenen Wagen ohne Polizeischutz ins Auswärtige Amt unterwegs war, mit einer Handgranate und Schüssen aus einer Maschinenpistole. Die Mörder konnten entkommen, aber der Plan Erhardts ging nicht auf: Es gab keinen allgemeinen Aufstand der Empörung von links, keine bewaffneten Unruhen, auf die die zum Töten trainierten Söldner der O.C. mit einem Putsch hätten antworten können, um die alte Ordnung wiederherzustellen.
Zwar gab es Tumulte im Reichstag und Handgreiflichkeiten gegen deutschnationale Abgeordnete. Doch die Menschen blieben überwiegend ruhig, waren aber bis weit in konservative Kreise hinein entsetzt und empört. Der Tag der Trauerfeier für den Ermordeten mit einer Million Teilnehmern allein in Berlin und Hunderttausenden im ganzen Land wurde zur Demonstration für die Republik; eine Demonstration trauriger, zutiefst beunruhigter Menschen, denn in sehr vielen wuchs das Bewusstsein, dass „das Land einer unerkannten terroristischen Macht ausgeliefert sei“, so Sabrow. Die Bestätigung dafür kam wenige Tage später, als der prominente jüdische Publizist Maximilian Harden einen Anschlag überlebte.
Martin Sabrow schildert die Attentatsserie und die stellenweise ins Groteske spielende, schließlich aber erfolgreiche Jagd auf Rathenaus Mörder detailliert, tiefschürfend und spannend. Im zweiten Teil des Buches widmet er sich der Verhandlung vor dem Leipziger Staatsgerichtshof gegen die Komplizen der toten Mörder. Die Anklageschrift hatte auf Betreiben des Oberreichsanwalts den entscheidenden Schönheitsfehler, die Rolle der O.C., auch deren staatliche Unterstützer und damit die Verschwörung hinter dem Mord fast völlig auszuklammern, das Verfahren beschäftigte sich nur mit der Tat als solcher. Ein weiterer Prozess gegen die O.C. selbst entlastete diese umfassend; der Drahtzieher und „Putschpolitiker“ Hermann Ehrhardt, „dank seiner erfolgreichen späteren Selbstverharmlosung zu Unrecht aus dem Blick der Geschichte geschwunden“, wie Sabrow schreibt, zählte nicht zu den Angeklagten. Die ganz überwiegend reaktionäre Weimarer Justiz war ihrem Ruf gerecht geworden.
Im Nachwort stellt Sabrow die Frage nach der Kontinuität des rechten Terrors bis in die Gegenwart und konstatiert, es ziehe sich „eine markante Terrorspur durch die Geschichte der Bundesrepublik“. Auch so kann man dieses Buch über die Gegenrevolution lesen: als Beginn einer durch die Niederlage im Ersten Weltkrieg ausgelösten Gewaltgeschichte von rechts. Sabrow verneint jedoch mit guten Gründen eine „ungebrochene Kontinuitätslinie“ vom „Weimarer Rechtsputschismus“ zum heutigen Rechtsterrorismus. Und anders als damals spaltet der rechte Terror seit 1945 die Gesellschaft nicht. Bisher jedenfalls.
Die Organisation Consul hoffte
auf einen Staatsstreich von rechts.
Die Justiz ließ sie gewähren
Walther Rathenau war Außenminister der Republik. Er wurde am 24. Juni 1922 von zwei Mitgliedern der Organisation Consul ermordet.
Scherl/SZ Photo
Martin Sabrow:
Der Rathenaumord
und die deutsche
Gegenrevolution.
Wallstein-Verlag,
Göttingen 2022.
334 Seiten, 30 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
der Mörder
Martin Sabrow erklärt, wie aus der Kriegsniederlage
der Rechtsterror in der Weimarer Republik erwuchs
VON CORD ASCHENBRENNER
Man schreibt das Jahr 1922, ein politischer Mord ist geschehen. Das Opfer ist der Außenminister. Die Mörder können nach ihrer Tat, die sie an einem Junitag in Berlin begehen, unbehelligt verschwinden. Über Wochen fahndet die Polizei nach ihnen, schließlich stellt sie die Männer auf einem Burgturm in der Provinz. Der eine stirbt durch eine Polizeikugel, der andere tötet sich selbst. Der ermordete Minister ist der umstrittenste einer Reihe von Männern, auf die innerhalb weniger Monate Anschläge verübt werden. All die Attentate sind von einer geheimen Organisation geplant. Ihr Ziel es ist, Unruhen auf der Linken auszulösen, auf die dann mit einem Putsch von rechts reagiert werden soll, um die verhasste demokratische Regierung der Republik zu stürzen.
Klingt arg konstruiert? Wie der Plot einer siebenteiligen ARD-Ermittlerserie, angesiedelt in der Weimarer Republik und geschrieben von einer Drehbuchautorin mit einem Hang zu Verschwörungsszenarien?
Doch es war genauso wie oben geschildert. Nachzulesen ist es in einem erhellenden, sehr präzise und gut geschriebenen Buch des mittlerweile emeritierten Berliner Zeithistorikers Martin Sabrow. Er erzählt in dieser Neuausgabe seiner Dissertation von 1992 die nicht allzu bekannte Geschichte eines rechten Geheimbundes, der mit einem charismatischen und antidemokratischen Ex-Marineoffizier an der Spitze ein Komplott zur Beseitigung der Weimarer Republik geschmiedet hatte. Das prominenteste Opfer war deren jüdischer Außenminister Walther Rathenau.
Der 1867 geborene Rathenau war Aufsichtsratsvorsitzender der von seinem Vater gegründeten AEG gewesen, Ingenieur, Schriftsteller, Schöngeist oder, wie Robert Musil es formulierte, der in seinem „Mann ohne Eigenschaften“ der Figur des Paul Arnheim Züge Rathenaus verlieh: die „Vereinigung von Kohlenpreis und Seele“.
Stets umstritten, von der republikanischen Presse kurz nach dem Krieg als „Jesus im Frack“ verspottet, von der Rechten als Jude und Mann der Republik mit geiferndem Hass verfolgt, wurde der linksliberale Rathenau im Mai 1921 erst Minister für den Wiederaufbau, im Januar 1922 Außenminister in der Regierung des Zentrumspolitikers Joseph Wirth. Beide waren „Erfüllungspolitiker“; erfüllt werden mussten die im Versailler Vertrag festgelegten Reparationsforderungen der alliierten Siegermächte, was die Zahlung immenser Summen über Jahrzehnte bedeutete: insgesamt 132 Milliarden Goldmark.
In republikfeindlichen Kreisen galt Rathenau, wie Sabrow schreibt, von Monat zu Monat mehr als „Inkarnation einer jüdisch-kapitalistischen Verschwörung“. Es waren jene – Beamte, Offiziere der geschrumpften Reichswehr, Pfarrer, Ärzte, der Mittelstand also –, denen die Wirtschaftslage kurz nach dem Krieg finanziell allmählich den Boden unter den Füßen wegzog; ihr Blick auf die Welt war getrübt von der Dolchstoßlegende, von Antisemitismus, völkischem Denken und Hass auf die Demokratie.
Einer, der sich mit der Republik von Anfang an nicht abfinden wollte, war der Pfarrerssohn und kaiserliche Korvettenkapitän Hermann Ehrhardt. Anfang 1919 stellte er ein Freikorps aus ehemaligen Marineoffizieren auf, das linke Aufstände und mit besonderer Brutalität die Münchner Räterepublik niederschlug. Im März 1920 war die „Brigade Erhardt“ am gegenrevolutionären Kapp-Lüttwitz-Putsch in Berlin beteiligt; danach tauchte ihr von seinen Männern verehrter Anführer im völkisch-national brodelnden München unter und gründete die Organisation Consul (O.C.). Den militärisch straffen Aufbau dieser reichsweiten, klandestin in Zellen organisierten Verschwörung mit „einer mörderischen Geheimbundzentrale“ beschreibt Martin Sabrow faszinierend genau. Finanziert wurde die O.C. durch Industrielle und Republikfeinde in Bürgertum, Adel und Militär, die wie Erhardt eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse erzwingen wollten.
Ihr erstes Opfer war der ehemalige Finanzminister Matthias Erzberger, der Mann, der durch seine Unterschrift des Waffenstillstands vom November 1918 für viele Deutsche bis weit in die Mitte der Gesellschaft zum Hauptfeind geworden war. Zwei von Erhardts Männern brachten ihn im August 1921 bei einem Spaziergang im Schwarzwald um. Die Polizei spürte zwar das Hauptquartier der Organisation Consul auf, der Münchner Polizeipräsident Pöhner selbst jedoch schützte die Attentäter und auch Ehrhardt. Der nächste Anschlag Anfang Juni 1922 galt dem Sozialdemokraten Philipp Scheidemann, scheiterte aber am Dilettantismus der beiden Attentäter. Scheidemann hatte am 9. November 1918 die Republik ausgerufen, auch ihn hasste die Rechte.
Am 24. Juni 1922 traf es Walther Rathenau. Zwei junge Weltkriegsoffiziere namens Kern und Fischer töteten den Minister, der im offenen Wagen ohne Polizeischutz ins Auswärtige Amt unterwegs war, mit einer Handgranate und Schüssen aus einer Maschinenpistole. Die Mörder konnten entkommen, aber der Plan Erhardts ging nicht auf: Es gab keinen allgemeinen Aufstand der Empörung von links, keine bewaffneten Unruhen, auf die die zum Töten trainierten Söldner der O.C. mit einem Putsch hätten antworten können, um die alte Ordnung wiederherzustellen.
Zwar gab es Tumulte im Reichstag und Handgreiflichkeiten gegen deutschnationale Abgeordnete. Doch die Menschen blieben überwiegend ruhig, waren aber bis weit in konservative Kreise hinein entsetzt und empört. Der Tag der Trauerfeier für den Ermordeten mit einer Million Teilnehmern allein in Berlin und Hunderttausenden im ganzen Land wurde zur Demonstration für die Republik; eine Demonstration trauriger, zutiefst beunruhigter Menschen, denn in sehr vielen wuchs das Bewusstsein, dass „das Land einer unerkannten terroristischen Macht ausgeliefert sei“, so Sabrow. Die Bestätigung dafür kam wenige Tage später, als der prominente jüdische Publizist Maximilian Harden einen Anschlag überlebte.
Martin Sabrow schildert die Attentatsserie und die stellenweise ins Groteske spielende, schließlich aber erfolgreiche Jagd auf Rathenaus Mörder detailliert, tiefschürfend und spannend. Im zweiten Teil des Buches widmet er sich der Verhandlung vor dem Leipziger Staatsgerichtshof gegen die Komplizen der toten Mörder. Die Anklageschrift hatte auf Betreiben des Oberreichsanwalts den entscheidenden Schönheitsfehler, die Rolle der O.C., auch deren staatliche Unterstützer und damit die Verschwörung hinter dem Mord fast völlig auszuklammern, das Verfahren beschäftigte sich nur mit der Tat als solcher. Ein weiterer Prozess gegen die O.C. selbst entlastete diese umfassend; der Drahtzieher und „Putschpolitiker“ Hermann Ehrhardt, „dank seiner erfolgreichen späteren Selbstverharmlosung zu Unrecht aus dem Blick der Geschichte geschwunden“, wie Sabrow schreibt, zählte nicht zu den Angeklagten. Die ganz überwiegend reaktionäre Weimarer Justiz war ihrem Ruf gerecht geworden.
Im Nachwort stellt Sabrow die Frage nach der Kontinuität des rechten Terrors bis in die Gegenwart und konstatiert, es ziehe sich „eine markante Terrorspur durch die Geschichte der Bundesrepublik“. Auch so kann man dieses Buch über die Gegenrevolution lesen: als Beginn einer durch die Niederlage im Ersten Weltkrieg ausgelösten Gewaltgeschichte von rechts. Sabrow verneint jedoch mit guten Gründen eine „ungebrochene Kontinuitätslinie“ vom „Weimarer Rechtsputschismus“ zum heutigen Rechtsterrorismus. Und anders als damals spaltet der rechte Terror seit 1945 die Gesellschaft nicht. Bisher jedenfalls.
Die Organisation Consul hoffte
auf einen Staatsstreich von rechts.
Die Justiz ließ sie gewähren
Walther Rathenau war Außenminister der Republik. Er wurde am 24. Juni 1922 von zwei Mitgliedern der Organisation Consul ermordet.
Scherl/SZ Photo
Martin Sabrow:
Der Rathenaumord
und die deutsche
Gegenrevolution.
Wallstein-Verlag,
Göttingen 2022.
334 Seiten, 30 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Alexander Gallus atmet auf: Der Historiker Martin Sabrow fragt zwar nach der Kontinuität zwischen dem Rathenaumord und heutigem Rechtsterror, kann aber keine zwingende erkennen. Den Mord an Rathenau und die politischen und kulturellen Hintergründe legt Sabrow laut Rezensent ebenso kenntnisreich dar wie er ein Porträt Rathenaus zeichnet. Geschichte wie einen Krimi zu erfassen, das gelingt dem Autor überzeugend, findet Gallus. Die Erkenntnis, dass der Mord keine Einzeltat war, entwickelt Sabrow "so dicht wie quellennah", lobt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2022Komplott gegen Weimar
Zu spät erkannte Bedrohung von rechts: Martin Sabrows brillante Studie über den Mord an Walther Rathenau in einer neuen Ausgabe.
Seine Mörder waren geduldig. Später als gewöhnlich verließ Walther Rathenau am Morgen des 24. Juni 1922 seine Grunewalder Villa. Nach einer langen Nachtsitzung begann er so verzögert den Tag, dass sich das Auswärtige Amt bereits telefonisch nach seinem Verbleib erkundigte. Am Dienstsitz in der Wilhelmstraße sollte er nie mehr eintreffen. Ein Mordkommando hatte alles genau geplant. In einer langsam zu fahrenden Kurve unweit von Rathenaus Haus feuerten die Attentäter mehrere Maschinengewehrsalven auf ihn und warfen dann noch eine Handgranate. Schon einer der ersten Schüsse traf Rathenau tödlich am Rücken. Auf seinen Spazierstock gestützt und Zigarre rauchend wurde er auf dem nicht überdachten Rücksitz seines Wagens von dem Anschlag überrascht.
Zu einer Gegenwehr kam es nicht, weil der Außenminister keinen Geleitschutz hatte. Er bevorzugte es, auf Sicherheitspersonal möglichst zu verzichten. Vor dem Hintergrund, dass Rathenau zu den zentralen Hassfiguren einer nationalistischen Rechten zählte, musste dies leichtsinnig erscheinen. Wenn er nicht stärker zu Schutzmaßnahmen gedrängt wurde, so lag dies auch an einer eklatanten Unterschätzung des organisierten Rechtsterrorismus in jener Zeit.
Der 1867 geborene Rathenau war eine vielfältig begabte Persönlichkeit. Seit dem Ersten Weltkrieg war er als politischer Gestalter aktiv, reüssierte darüber hinaus aber auch als Geschäftsmann und Physiker, als Schriftsteller und Zeitdiagnostiker. Stets hatte er mit antisemitischen Anfeindungen zu kämpfen. Schon 1912 klagte er einmal über das Schicksal "eines jeden deutschen Juden", nämlich ein "Bürger zweiter Klasse" zu bleiben, dem es durch "keine Tüchtigkeit und kein Verdienst" vergönnt war, sich aus dieser Grundsituation zu lösen.
Als Jude, Republikaner und "Erfüllungspolitiker" geschmäht, war Rathenau regelmäßig propagandistischen Angriffen ausgesetzt. Besonders tat sich dabei der deutschnationale Politiker Karl Helfferich hervor, dem eine Schlüsselrolle bei der demagogischen Vergiftung des politischen Klimas zukam. Schon als heimlicher Urheber der Dolchstoßthese nährte er nach dem Weltkriegsende Verschwörungsgeschichten und heizte eine radikal antirepublikanische Stimmung an. Eine Woche nach dem Attentat auf Rathenau sprach Otto Flake in der "Weltbühne" treffend vom "Helferich des Mordes".
Bei Martin Sabrow ist einiges über diese breitere Szenerie und das politisch-kulturelle Hintergrundrauschen zu erfahren - ebenso wie über die schillernde Figur Rathenau selbst, dem Stefan Zweig einmal anerkennend ein "amphibisches Wesen" zuschrieb. Doch das macht nicht den Schwerpunkt und den Charakter dieser Studie aus. Sie ist ein mustergültiges Beispiel für knallharte Geschichtskriminalistik, die belastbare Beweisketten dafür liefert, dass es sich beim Rathenaumord nicht um eine ganz auf ihr Opfer zugeschnittene Einzeltat handelte, sondern vielmehr um einen Akt innerhalb eines weitreichenden Komplotts gegen die Weimarer Republik.
In einer früheren Fassung erschien diese brillante Darstellung vor fast drei Jahrzehnten. Die Lektüre der um ein Nachwort ergänzten Neuauflage lohnt schon deshalb, weil die Argumentation so dicht wie quellennah entfaltet wird und der Wissensstand im Kern unverändert blieb. Im ersten Teil rekonstruiert Sabrow nicht nur den Rathenaumord, sondern situiert diesen innerhalb einer ganzen Attentatsserie, die von Matthias Erzberger über Philipp Scheidemann bis zu Maximilian Harden reichte. Während im Falle Hardens völkische Trittbrettfahrer am Werk waren, gingen die drei weiteren Anschläge auf das Konto der Organisation Consul (O.C.). Dieser militärisch straff strukturierte Geheimbund ging aus einer Marinebrigade im hohen Norden - unter Kapitän Hermann Ehrhardt - hervor, agierte aber bald von München aus. Nicht zuletzt gedeckt durch den dortigen Polizeipräsidenten, entwickelte sich die bayerische Hauptstadt zu einem "Eldorado rechtsterroristischer Umtriebe". Von dort aus steuerte die Organisation einer staatlichen Militärbehörde gleich ein über ganz Deutschland ausgedehntes Netzwerk von mindestens fünftausend Mann.
Nach der Ermordung Erzbergers Ende August 1921 gelang ein harter Schlag gegen die Vereinigung, die aber insgeheim fortbestehen konnte und bald akribisch die nächsten Taten vorbereitete. Sie verfolgte nach den Erfahrungen des gescheiterten Kapp-Putsches vom März 1920 eine "Provokationsstrategie", wie Sabrow schreibt. Attentate sollten einen Aufruhr der politischen Linken und einen bürgerkriegsartigen Zustand bewirken. Kräfte wie Ehrhardts Gewalttruppe würden dann im Verbund mit der Reichswehr wieder für Ordnung sorgen und die ob ihrer Schwäche entblößte republikanische Regierung durch ein autoritäres Regime ersetzen. Doch es kam anders. Die Bluttat vom 24. Juni rief großes öffentliches Entsetzen hervor. Allein in Berlin nahmen rund eine Million Menschen an der Trauerfeier für den ermordeten Außenminister teil. Die Politik reagierte ebenfalls entschlossen und verabschiedete Republikschutzregelungen, die Weimars Willen zur Wehrhaftigkeit anzeigten.
Eine konkrete Konsequenz bestand in der Schaffung des Staatsgerichtshofs in Leipzig, vor dem mehrere Prozesse zum Rathenaumord und zur Organisation Consul stattfinden sollten. Ihnen ist der zweite große Abschnitt in Sabrows Werk gewidmet. Es lässt nichts Gutes über die justizielle Aufklärungsleistung vermuten, wenn dort von einer "verdrängten Verschwörung" und einem "nationalen Schweigekonsens" die Rede ist. Dem Gericht gelang es nicht zureichend, die Hintergründe samt Strippenziehern und ausgetüftelten Strategien aufzudecken. Es wäre dazu wohl in der Lage gewesen, allein der Wille fehlte, weil diese Institution von einer "konservativen, vordemokratischen Staatsidee" geleitet wurde. Hinzu kamen außenpolitische Rücksichtnahmen, denn die Organisation Consul mischte bei geheimen Rüstungsbestrebungen der "Schwarzen Reichswehr" mit, die gegen Regelungen des Versailler Vertrags verstießen. Die Sorge vor alliierten Sanktionen war groß. In diesen Passagen deutet sich an, wie vertrackt und politisch-gesellschaftlich eingewachsen der Terrorkomplex der Organisation Consul war.
Mit dem Spürsinn und der Akribie eines Kriminalisten hat Martin Sabrow den Rathenaumord und die weitere Attentatsserie der frühen Weimarer Republik rekonstruiert, mit dem Weitblick und der Urteilskraft des Historikers zudem eine kritische Einordnung in Weimars Politik- und Justizgeschichte vorgenommen. Im Nachwort verfolgt er die weitere Biographie Hermann Ehrhardts, der von "kalter Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben" gekennzeichnet war und bis ins Epochenjahr 1923 hinein eine gewaltgestützte Gegenrevolution gegen die Demokratie organisierte.
Solche Typen trugen mit dazu bei, die Weimarer Republik zu unterminieren und Hitler zu ermöglichen, mochte sich Ehrhardt bald auch noch so abfällig über diesen "widerlichen Volkstribunen" und dessen pöbelhafte Bewegung, die gegen sein "Herrengefühl" verstieß, äußern. In differenzierter Weise wirft Martin Sabrow abschließend Fragen nach der Kontinuität des frühen Weimarer Rechtsterrorismus auf, die über die Zeitenwende von 1933 und 1945 hinaus bis zu den Taten des NSU und dem Mord an Walter Lübcke reichen. Ein Menetekel für die Gegenwart kann er im Rathenaumord aber glücklicherweise nicht ausmachen. ALEXANDER GALLUS
Martin Sabrow: "Der Rathenaumord und die deutsche Gegenrevolution".
Wallstein Verlag, Göttingen 2022. 334 S., geb., 30,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu spät erkannte Bedrohung von rechts: Martin Sabrows brillante Studie über den Mord an Walther Rathenau in einer neuen Ausgabe.
Seine Mörder waren geduldig. Später als gewöhnlich verließ Walther Rathenau am Morgen des 24. Juni 1922 seine Grunewalder Villa. Nach einer langen Nachtsitzung begann er so verzögert den Tag, dass sich das Auswärtige Amt bereits telefonisch nach seinem Verbleib erkundigte. Am Dienstsitz in der Wilhelmstraße sollte er nie mehr eintreffen. Ein Mordkommando hatte alles genau geplant. In einer langsam zu fahrenden Kurve unweit von Rathenaus Haus feuerten die Attentäter mehrere Maschinengewehrsalven auf ihn und warfen dann noch eine Handgranate. Schon einer der ersten Schüsse traf Rathenau tödlich am Rücken. Auf seinen Spazierstock gestützt und Zigarre rauchend wurde er auf dem nicht überdachten Rücksitz seines Wagens von dem Anschlag überrascht.
Zu einer Gegenwehr kam es nicht, weil der Außenminister keinen Geleitschutz hatte. Er bevorzugte es, auf Sicherheitspersonal möglichst zu verzichten. Vor dem Hintergrund, dass Rathenau zu den zentralen Hassfiguren einer nationalistischen Rechten zählte, musste dies leichtsinnig erscheinen. Wenn er nicht stärker zu Schutzmaßnahmen gedrängt wurde, so lag dies auch an einer eklatanten Unterschätzung des organisierten Rechtsterrorismus in jener Zeit.
Der 1867 geborene Rathenau war eine vielfältig begabte Persönlichkeit. Seit dem Ersten Weltkrieg war er als politischer Gestalter aktiv, reüssierte darüber hinaus aber auch als Geschäftsmann und Physiker, als Schriftsteller und Zeitdiagnostiker. Stets hatte er mit antisemitischen Anfeindungen zu kämpfen. Schon 1912 klagte er einmal über das Schicksal "eines jeden deutschen Juden", nämlich ein "Bürger zweiter Klasse" zu bleiben, dem es durch "keine Tüchtigkeit und kein Verdienst" vergönnt war, sich aus dieser Grundsituation zu lösen.
Als Jude, Republikaner und "Erfüllungspolitiker" geschmäht, war Rathenau regelmäßig propagandistischen Angriffen ausgesetzt. Besonders tat sich dabei der deutschnationale Politiker Karl Helfferich hervor, dem eine Schlüsselrolle bei der demagogischen Vergiftung des politischen Klimas zukam. Schon als heimlicher Urheber der Dolchstoßthese nährte er nach dem Weltkriegsende Verschwörungsgeschichten und heizte eine radikal antirepublikanische Stimmung an. Eine Woche nach dem Attentat auf Rathenau sprach Otto Flake in der "Weltbühne" treffend vom "Helferich des Mordes".
Bei Martin Sabrow ist einiges über diese breitere Szenerie und das politisch-kulturelle Hintergrundrauschen zu erfahren - ebenso wie über die schillernde Figur Rathenau selbst, dem Stefan Zweig einmal anerkennend ein "amphibisches Wesen" zuschrieb. Doch das macht nicht den Schwerpunkt und den Charakter dieser Studie aus. Sie ist ein mustergültiges Beispiel für knallharte Geschichtskriminalistik, die belastbare Beweisketten dafür liefert, dass es sich beim Rathenaumord nicht um eine ganz auf ihr Opfer zugeschnittene Einzeltat handelte, sondern vielmehr um einen Akt innerhalb eines weitreichenden Komplotts gegen die Weimarer Republik.
In einer früheren Fassung erschien diese brillante Darstellung vor fast drei Jahrzehnten. Die Lektüre der um ein Nachwort ergänzten Neuauflage lohnt schon deshalb, weil die Argumentation so dicht wie quellennah entfaltet wird und der Wissensstand im Kern unverändert blieb. Im ersten Teil rekonstruiert Sabrow nicht nur den Rathenaumord, sondern situiert diesen innerhalb einer ganzen Attentatsserie, die von Matthias Erzberger über Philipp Scheidemann bis zu Maximilian Harden reichte. Während im Falle Hardens völkische Trittbrettfahrer am Werk waren, gingen die drei weiteren Anschläge auf das Konto der Organisation Consul (O.C.). Dieser militärisch straff strukturierte Geheimbund ging aus einer Marinebrigade im hohen Norden - unter Kapitän Hermann Ehrhardt - hervor, agierte aber bald von München aus. Nicht zuletzt gedeckt durch den dortigen Polizeipräsidenten, entwickelte sich die bayerische Hauptstadt zu einem "Eldorado rechtsterroristischer Umtriebe". Von dort aus steuerte die Organisation einer staatlichen Militärbehörde gleich ein über ganz Deutschland ausgedehntes Netzwerk von mindestens fünftausend Mann.
Nach der Ermordung Erzbergers Ende August 1921 gelang ein harter Schlag gegen die Vereinigung, die aber insgeheim fortbestehen konnte und bald akribisch die nächsten Taten vorbereitete. Sie verfolgte nach den Erfahrungen des gescheiterten Kapp-Putsches vom März 1920 eine "Provokationsstrategie", wie Sabrow schreibt. Attentate sollten einen Aufruhr der politischen Linken und einen bürgerkriegsartigen Zustand bewirken. Kräfte wie Ehrhardts Gewalttruppe würden dann im Verbund mit der Reichswehr wieder für Ordnung sorgen und die ob ihrer Schwäche entblößte republikanische Regierung durch ein autoritäres Regime ersetzen. Doch es kam anders. Die Bluttat vom 24. Juni rief großes öffentliches Entsetzen hervor. Allein in Berlin nahmen rund eine Million Menschen an der Trauerfeier für den ermordeten Außenminister teil. Die Politik reagierte ebenfalls entschlossen und verabschiedete Republikschutzregelungen, die Weimars Willen zur Wehrhaftigkeit anzeigten.
Eine konkrete Konsequenz bestand in der Schaffung des Staatsgerichtshofs in Leipzig, vor dem mehrere Prozesse zum Rathenaumord und zur Organisation Consul stattfinden sollten. Ihnen ist der zweite große Abschnitt in Sabrows Werk gewidmet. Es lässt nichts Gutes über die justizielle Aufklärungsleistung vermuten, wenn dort von einer "verdrängten Verschwörung" und einem "nationalen Schweigekonsens" die Rede ist. Dem Gericht gelang es nicht zureichend, die Hintergründe samt Strippenziehern und ausgetüftelten Strategien aufzudecken. Es wäre dazu wohl in der Lage gewesen, allein der Wille fehlte, weil diese Institution von einer "konservativen, vordemokratischen Staatsidee" geleitet wurde. Hinzu kamen außenpolitische Rücksichtnahmen, denn die Organisation Consul mischte bei geheimen Rüstungsbestrebungen der "Schwarzen Reichswehr" mit, die gegen Regelungen des Versailler Vertrags verstießen. Die Sorge vor alliierten Sanktionen war groß. In diesen Passagen deutet sich an, wie vertrackt und politisch-gesellschaftlich eingewachsen der Terrorkomplex der Organisation Consul war.
Mit dem Spürsinn und der Akribie eines Kriminalisten hat Martin Sabrow den Rathenaumord und die weitere Attentatsserie der frühen Weimarer Republik rekonstruiert, mit dem Weitblick und der Urteilskraft des Historikers zudem eine kritische Einordnung in Weimars Politik- und Justizgeschichte vorgenommen. Im Nachwort verfolgt er die weitere Biographie Hermann Ehrhardts, der von "kalter Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben" gekennzeichnet war und bis ins Epochenjahr 1923 hinein eine gewaltgestützte Gegenrevolution gegen die Demokratie organisierte.
Solche Typen trugen mit dazu bei, die Weimarer Republik zu unterminieren und Hitler zu ermöglichen, mochte sich Ehrhardt bald auch noch so abfällig über diesen "widerlichen Volkstribunen" und dessen pöbelhafte Bewegung, die gegen sein "Herrengefühl" verstieß, äußern. In differenzierter Weise wirft Martin Sabrow abschließend Fragen nach der Kontinuität des frühen Weimarer Rechtsterrorismus auf, die über die Zeitenwende von 1933 und 1945 hinaus bis zu den Taten des NSU und dem Mord an Walter Lübcke reichen. Ein Menetekel für die Gegenwart kann er im Rathenaumord aber glücklicherweise nicht ausmachen. ALEXANDER GALLUS
Martin Sabrow: "Der Rathenaumord und die deutsche Gegenrevolution".
Wallstein Verlag, Göttingen 2022. 334 S., geb., 30,- Euro.
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»brillante Studie (...) ein mustergültiges Beispiel für knallharte Geschichtskriminalistik« (Alexander Gallus, FAZ, 24.06.2022) »empfehlenswerte(s) Sachbuch« (Marc Reichwein, Die Literarische Welt, 03.04.2022) »detailliert, tiefschürfend und spannend« (Cord Aschenbrenner, Süddeutsche Zeitung, 04.04.2022) »dicht an den Quellen geschriebene(s) und packend zu lesende(s) Buch« (Dirk Walter, Münchner Merkur, 09.06.2022) »In einer faszinierenden Studie leuchtet Martin Sabrow (...) die Hintergründe des rechten Terrors gegen die Weimarer Republik aus und weist kompetent auf die Parallelen zum heutigen rechtsextremistischen Terror hin.« (Oliver vom Hove, Der Standard, 19.06.2022) »Das (Buch) ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend und mündet in der Erkenntnis: Was damals möglich war, ist heute nicht ausgeschlossen.« (Maritta Tkalec, Berliner Zeitung, 22.06.2022) »bemerkenswerte Publikation« (Ludger Heid, Jüdische Allgemeine, 23.06.2022) »Sabrow schafft es, eine ungeheuer faktendichte, dabei zügig und schlank erzählte Recherche vorzulegen, die mit Präzision Zug um Zug in das rechte Netzwerk der gegenrevolutionären Verschwörung gegen die Weimarer Republik eindringt« (Christian Eger, Mitteldeutsche Zeitung, 24.06.2022) »In einer faszinierenden Studie leuchtet Martin Sabrow (...) alle Hintergründe des rechten Terrors gegen die Weimarer Republik aus und weist kompetent auf die Parallelen zum heutigen rechtsextremistischen Terror hin.« (Oliver von Hove, Der Standard, 19.06.2022) »Martin Sabrow hat den Ablauf des Attentats minutiös rekonsturiert« (Henning Otte, ntv.de, 24.06.2022) »Sabrow (...) ist der akribische Historiker, der sein Augenmerk sehr auf das Verschwörungsnetzwerk legt« (Frank Zimmermann, Badische Zeitung, 24.06.2022) »Beklemmend aktuell« (Wolfgang Blieffert, HNA, 18.06.2022) »Sabrow hat viel Licht in dieses dunkle Kapitel gebracht« (Walter Mühlhausen, Neue Politische Literatur, 31.8.2023)