Regeln im Leben sind Krücken für kreativ Lahme. Diese Aussage ist mir lebenslang ein guter Begleiter gewesen. Wer Ideen entwickeln muss, sollte übliche, alte Pfade verlassen, um Neues, Ungewohntes, Überraschendes zu erhalten. Dazu gehört auch das bisher Verbotene, welches morgen oft zum neuen
Standard mutiert.
„Der Reiz des Verbotenen ist auch ein Rausch des Selbst.“ Was wäre, wenn es keine…mehrRegeln im Leben sind Krücken für kreativ Lahme. Diese Aussage ist mir lebenslang ein guter Begleiter gewesen. Wer Ideen entwickeln muss, sollte übliche, alte Pfade verlassen, um Neues, Ungewohntes, Überraschendes zu erhalten. Dazu gehört auch das bisher Verbotene, welches morgen oft zum neuen Standard mutiert.
„Der Reiz des Verbotenen ist auch ein Rausch des Selbst.“ Was wäre, wenn es keine Regeln gäbe? Wäre dieser Rausch für immer verraucht? Vielleicht, aber zunehmende Regeln schaffen mithin zunehmende Möglichkeiten des Individuellen Ausdrucks, der Rebellion. Ein pendelnder Beamter, der strikt nach Vorschrift arbeitet, kann im Verkehr jene Sünden begehen, die ihm das Leben noch nach Freiheit und Abenteuer riechen lassen. Selbstfahrender Verkehr ist ein Alptraum für alle Autobesitzer, die Freude am Fahren vermissen werden. Maschinen zwingen uns zum Rädchen im Uhrwerk zu werden, das keine Bedeutung mehr hat.
Es machte mir Freude, mit diesem Buch von Leander Steinkopf jene Grenzen zu überdenken, die man überschreiten kann, ohne andere zu gefährden. Kirschen aus Nachbars Garten sind möglich, ist es Mundraub oder wird es heute schon mit Geldstrafe verurteilt? Ich kenne solche Fälle, die kaum glaublich sind, aber doch jene überbürokratischen Mauern zeigen, die wir so gerne einreißen. Der Reiz des Verbotenen ist eine rätselhafte Kraft, sie wird vor allem in jungen Jahren geschätzt und drückt sich heute oft in Rap oder Graffiti-Sprüchen aus.
Schon in den 70ern gab es die Möglichkeit, über Schlager Grenzgänge zu antizipieren oder von ihnen zu träumen. Der Autor integriert u.a. „Das Bett im Kornfeld“, aber auch Roland Kaiser oder Udo Jürgens gingen damals schon über gesellschaftliche Grenzen hinaus. „Die sieben Todsünden bieten Übertretungspotential, süß und und sanft wie Speiseeis.“ Sie sind Grund und Geschichten für unzählige Romane und ihre Realisierung in der eigenen Realität. Stellvertreter in Büchern übernehmen für einen selbst die kleinen oder großen Sünden. Ob man sie selbst begeht: wer weiß schon, wieviele Vorbilder in Romanen Ideengeber für uns selbst wurden?
Innovation durch Übertretung ist das 5. Kapitel überschrieben und erscheint mir besonders interessant. „Der schöpferische Naturwissenschaftler bedient sich also der Regeln, er befolgt sie nicht.“ Vorwärts zu kommen heißt hier, über das Gewohnte hinauszudenken, neue Wege zu gehen, die alten Erkenntnisse kritisch und dauernd zu hinterfragen. Hier wird Theorie durch Tun und praktische Erfahrungen ergänzt, die immer neue Versuchsanordnungen erfordern.
Heimlich oder ganz offen, wie gestalten sich Grenzüberschreitungen generell? In meinem Verständnis eher im versteckten, individuellen Fall, aber doch ist heute, in Zeiten der sozialen Medien, ein verstärktes Öffentlichkeitsbedürfnis festzustellen, das oft in Shitstorms gipfelt und dann seine überraschende Wirkung entfaltet.
Ein hervorragendes Buch, das einem Lust macht, tiefer in das Thema einzusteigen, sich auch selbst zu hinterfragen.