Zwischen 1971 und 1980 veröffentlichte Schreyer, der stets ebenso gut und gründlich recherchierte wie spannend geschriebene abenteuerlich-politische Bücher vorlegte, die drei Bände seiner „Dominikanischen Tragödie“, welche in den 1960er Jahren in der Dominikanischen Republik spielen. Im ersten Band, „Der Adjutant“, dessen Handlung im Frühjahr 1961 in Santo Domingo einsetzt, schildert Schreyer den Versuch einer Handvoll junger, aus reichen Elternhäusern stammender Offiziere, Diktator Trujillio zu stürzen. Im Mittelpunkt: dessen 1. Adjutant, Juan Tomás. Im abschließenden dritten Band, „Der Reporter“, erlebt ein US-amerikanischer Auslandskorrespondent Aufstand und Bürgerkrieg. Daneben diskutiert Schreyer erneut ein ihn stets sehr interessierendes Thema – die Verantwortung des Schriftstellers. Der Titel des erstmals 1973 veröffentlichten Mittelstücks, „Der Resident“, bezieht sich auf den neuen US-Botschafter Henry W. Mitchell, 44, Amateurdiplomat, liberaler Publizist und ein Kennedy-Mann, der Anfang März 1962 auf die Karibikinsel kommt. Im Geiste einer „Allianz für den Fortschritt“ will er die Dominikaner Demokratie lehren und das Land zu einem südlichen Schaufenster gestalten, das die kubanische Herausforderung überstrahlt. Drei Jahre zuvor hatte dort die Revolution unter Comandante Fidel gesiegt und bei vielen Menschen für Hoffnung gesorgt. Wie wird er sich machen, der neue Mann, der gleich zu Beginn seines Antrittsbesuch ein kleines Problem hat: Mitchell betrat den Botschaftersaal. Ein mächtiger, prunkvoller Raum. Eine Meile Rokoko – Kristall, Plüsch und Marmor, in Rosenholz, Purpur und Gold. Am anderen Ende saßen in schneeweißem Dress die sieben Mitglieder des Consejo de Estado, jenes Staatsrats, der seit Balaguers Flucht im Januar das Land regierte. Jetzt standen sie auf, Mitchell hielt an und verbeugte sich mit seinen Begleitern, wie das Protokoll es befahl. Auch Presse war da, Rundfunk und Fernsehen, nur wenige Leute, war ihm versichert worden, aber sie störten, dort an den Wänden insektenhaft huschend, sie reckten sich, ließen Blitze zucken ... Jäh überkam den Botschafter ein Gefühl der Leere. Er schritt, gefolgt von seinem Stab, bis zur Mitte des Saals, hielt noch mal getreu der Instruktion, verneigte sich wiederum. Die sieben Herren erwiderten den Gruß – plötzlich wusste er nicht mehr, wer sie waren. Keinen der sieben hatte er je gesehen. Sie standen in einer Front, rührten sich nicht, sieben Staatsräte – wem das Beglaubigungsschreiben geben?