Police Officer Sofia Perikles und ihr britischer Verlobter sind mitten in den Vorbereitungen ihrer Traumhochzeit auf der Sonneninsel. Da wird im See der größten Kupfermine Zyperns die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Ist er ein Opfer illegaler Geschäfte? Was kann der Mann aus dem türkischen Norden der Insel in den finsteren Schächten gesucht haben? Die Ermittlungen führen Sofia und ihren knurrigen Kollegen Kostas vom Troodos-Gebirge an die Sandstrände von Limassol - und in die düstere Vergangenheit Zyperns: Ins Jahr 1974 nämlich, als infolge der türkischen Besetzung dutzende griechisch-orthodoxe Kirchen geplündert wurden und millionenschwere Kunstwerke und Ikonen spurlos verschwanden. Von den glänzenden Fassaden der Kunsthändler lässt sich Sofias Scharfblick nicht blenden, aber wird es ihr gelingen, Licht ins Dunkel zu bringen, bevor es weitere Opfer gibt?
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2021Reise in den Wahn
Krimis in Kürze: Yanis Kostas, Hari Kunzru, Yassin Musharbash
Vor ein paar Jahren hatte der Comedian Matze Knop mal seine große Zeit, weil er zahlreiche Fußballer mit einiger Geläufigkeit parodieren konnte. Aber solche Imitationen haben eine geringe Haltbarkeit. Auch wenn man Texte schreibt, die sich an großen Autoren versuchen. Der Krimiautor Alexander Oetker zum Beispiel versucht sich unter dem Namen Alex Lepic als Simenon-Nachahmer, was allenfalls Nicht-Simenon-Leser überzeugt. Er hat sich nun auch als Zypriot verkleidet, der auf den Namen Yanis Kostas hört, ganz abgesehen davon, dass er auch als Alexander Oetker Frankreich-Krimis geschrieben hat und als Journalist und Frankreich-Experte für die RTL-Gruppe tätig ist.
Das Problem bei so viel Fleiß und immer neuen Kostümen ist jedoch, dass die Prosa mehr oder minder gleich bleibt - gleichmäßig flach. In "Der Schatz von Bellapais" (Atlantik, 256 S., br., 16,- Euro) begegnet uns zum zweiten Mal die Polizistin Sofia Perikles. Mitten in die Vorbereitungen für ihre Hochzeit mit einem Briten platzt nicht der Peloponnesische Krieg, aber ein Mord. Das Opfer stammt aus dem türkischen Norden Zyperns. Ein Schatz spielt eine Rolle, auch die Vergangenheit der seit 1974 geteilten Insel; nur Spannung kommt nicht auf, und so recht zum Leben erwachen will auch keine der beteiligten Figuren. Was daran liegt, dass Kostas nie über eine fade Gebrauchsprosa hinauskommt, der ein entschlossener Lektor dringend zu wünschen wäre.
Hari Kunzru ist da ein anderes Kaliber. Der Brite ist so reflektiert in der Wahl seiner erzählerischen Mittel, dass es einem auch schon mal zu viel werden kann, weil nicht immer klar ist, ob die Anspielungen und kleinen Verschnörkelungen die Story nicht nur ein wenig intellektuell aufpeppen sollen. Der Teil von "Red Pill" (Liebeskind, 352 S., geb., 22,- Euro), der in Berlin spielt, in einer Villa am Wannsee, nicht weit von Kleists Grab, ist der am wenigsten interessante. Der namenlose Autor aus New York macht dank eines Stipendiums Urlaub von seiner Krise und seiner Kleinfamilie. Er will ein Buch über das lyrische Ich schreiben. Er hadert, es geht schleppend voran und nimmt erst Fahrt auf, als er den Erfinder der ultrabrutalen Cop-Serie "Blue Lives" kennenlernt, die er mit wachsender Faszination auf seinem Laptop gestreamt hatte.
Der junge Mann kokettiert mit Alt-Right und Verschwörungstheorien, legt seinem Serien-Cop auch schon mal ein Zitat des Gegenaufklärers Joseph De Maistre in den Mund. Und er verschärft die Krise des Autors, der diesem Anton nach Paris und auf eine schottische Insel nachreist. Und weil seine intellektuelle und moralische Kompassnadel verrückt spielt, ist man sich bald nicht mehr sicher, ob er nicht einem Phantom nachjagt, das ihn nur zu sich selbst führt.
Schwer angeschlagen kehrt er heim und durchlebt den Tag, an dem Trump gewählt wird, was seiner Gesundheit auch nicht gut tut. Kunzru lässt diese Reise eines liberalen Intellektuellen in den Wahn desto beklemmender erscheinen, je weiter das Buch voranschreitet. Und er ist zu smart, um einem so etwas wie eine Lösung anzubieten, weil ihm auch gar nicht am klassischen Krimischema gelegen ist. Der Titel, die rote Pille, deutet in eine andere Richtung: zum Film "Matrix".
Bei einem Buch wie "Russische Botschaften" (Kiepenheuer & Witsch, 400 S., br., 16,50 Euro) von Yassin Musharbash sieht man dagegen, wie ein brisantes, spannendes Sujet die erzählerischen Möglichkeiten eines Autors überfordert. Musharbash ist Arabist, Politologe und im Investigativressort der Zeit. Er weiß, wie Journalismus funktioniert, wie man eine Geschichte recherchiert und einen Artikel daraus macht.
Doch sobald er sich Charaktere ausdenkt, sobald sie miteinander reden, Gefühle und Gedanken haben und artikulieren müssen, klingt das alles schrecklich hölzern und schablonenhaft. Seiner Heldin Merle Schwalb fällt beim Essen in Neukölln ein Mann neben den Tisch. Kein Racheopfer im Clan-Alltag, sondern ein Russe, ein Agent. Mit ihren Zeitungskollegen nimmt Schwalb eine gefährliche Recherche auf, die man besser Profis überließe. Und erlebt, wie die russischen Akteure mit ihrem Mix aus Ködern, falschen Fährten, Desinformation und Information eine explosive Mischung anrichten. Der Plot ist spannend, gut konstruiert und würde einen packen - wären nicht die Figuren solche Pappkameraden. PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Yanis Kostas, Hari Kunzru, Yassin Musharbash
Vor ein paar Jahren hatte der Comedian Matze Knop mal seine große Zeit, weil er zahlreiche Fußballer mit einiger Geläufigkeit parodieren konnte. Aber solche Imitationen haben eine geringe Haltbarkeit. Auch wenn man Texte schreibt, die sich an großen Autoren versuchen. Der Krimiautor Alexander Oetker zum Beispiel versucht sich unter dem Namen Alex Lepic als Simenon-Nachahmer, was allenfalls Nicht-Simenon-Leser überzeugt. Er hat sich nun auch als Zypriot verkleidet, der auf den Namen Yanis Kostas hört, ganz abgesehen davon, dass er auch als Alexander Oetker Frankreich-Krimis geschrieben hat und als Journalist und Frankreich-Experte für die RTL-Gruppe tätig ist.
Das Problem bei so viel Fleiß und immer neuen Kostümen ist jedoch, dass die Prosa mehr oder minder gleich bleibt - gleichmäßig flach. In "Der Schatz von Bellapais" (Atlantik, 256 S., br., 16,- Euro) begegnet uns zum zweiten Mal die Polizistin Sofia Perikles. Mitten in die Vorbereitungen für ihre Hochzeit mit einem Briten platzt nicht der Peloponnesische Krieg, aber ein Mord. Das Opfer stammt aus dem türkischen Norden Zyperns. Ein Schatz spielt eine Rolle, auch die Vergangenheit der seit 1974 geteilten Insel; nur Spannung kommt nicht auf, und so recht zum Leben erwachen will auch keine der beteiligten Figuren. Was daran liegt, dass Kostas nie über eine fade Gebrauchsprosa hinauskommt, der ein entschlossener Lektor dringend zu wünschen wäre.
Hari Kunzru ist da ein anderes Kaliber. Der Brite ist so reflektiert in der Wahl seiner erzählerischen Mittel, dass es einem auch schon mal zu viel werden kann, weil nicht immer klar ist, ob die Anspielungen und kleinen Verschnörkelungen die Story nicht nur ein wenig intellektuell aufpeppen sollen. Der Teil von "Red Pill" (Liebeskind, 352 S., geb., 22,- Euro), der in Berlin spielt, in einer Villa am Wannsee, nicht weit von Kleists Grab, ist der am wenigsten interessante. Der namenlose Autor aus New York macht dank eines Stipendiums Urlaub von seiner Krise und seiner Kleinfamilie. Er will ein Buch über das lyrische Ich schreiben. Er hadert, es geht schleppend voran und nimmt erst Fahrt auf, als er den Erfinder der ultrabrutalen Cop-Serie "Blue Lives" kennenlernt, die er mit wachsender Faszination auf seinem Laptop gestreamt hatte.
Der junge Mann kokettiert mit Alt-Right und Verschwörungstheorien, legt seinem Serien-Cop auch schon mal ein Zitat des Gegenaufklärers Joseph De Maistre in den Mund. Und er verschärft die Krise des Autors, der diesem Anton nach Paris und auf eine schottische Insel nachreist. Und weil seine intellektuelle und moralische Kompassnadel verrückt spielt, ist man sich bald nicht mehr sicher, ob er nicht einem Phantom nachjagt, das ihn nur zu sich selbst führt.
Schwer angeschlagen kehrt er heim und durchlebt den Tag, an dem Trump gewählt wird, was seiner Gesundheit auch nicht gut tut. Kunzru lässt diese Reise eines liberalen Intellektuellen in den Wahn desto beklemmender erscheinen, je weiter das Buch voranschreitet. Und er ist zu smart, um einem so etwas wie eine Lösung anzubieten, weil ihm auch gar nicht am klassischen Krimischema gelegen ist. Der Titel, die rote Pille, deutet in eine andere Richtung: zum Film "Matrix".
Bei einem Buch wie "Russische Botschaften" (Kiepenheuer & Witsch, 400 S., br., 16,50 Euro) von Yassin Musharbash sieht man dagegen, wie ein brisantes, spannendes Sujet die erzählerischen Möglichkeiten eines Autors überfordert. Musharbash ist Arabist, Politologe und im Investigativressort der Zeit. Er weiß, wie Journalismus funktioniert, wie man eine Geschichte recherchiert und einen Artikel daraus macht.
Doch sobald er sich Charaktere ausdenkt, sobald sie miteinander reden, Gefühle und Gedanken haben und artikulieren müssen, klingt das alles schrecklich hölzern und schablonenhaft. Seiner Heldin Merle Schwalb fällt beim Essen in Neukölln ein Mann neben den Tisch. Kein Racheopfer im Clan-Alltag, sondern ein Russe, ein Agent. Mit ihren Zeitungskollegen nimmt Schwalb eine gefährliche Recherche auf, die man besser Profis überließe. Und erlebt, wie die russischen Akteure mit ihrem Mix aus Ködern, falschen Fährten, Desinformation und Information eine explosive Mischung anrichten. Der Plot ist spannend, gut konstruiert und würde einen packen - wären nicht die Figuren solche Pappkameraden. PETER KÖRTE
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» Der Schatz von Bellapais [...] ist viel mehr als ein Krimi. Dieser Roman ist auch ein interessantes Geschichtsbuch, ein Reiseführer über eine wunderbare Insel und eine Liebesgeschichte.« Ulli Wagner SR3 Saarlandwelle 20210828
»Der Autor versteht es auch die Schönheiten seiner Insel zu vermitteln.« Stephan Schwammel Eschborner Stadtmagazin, 29.06.2021