Die Studie untersucht das facettenreiche Handlungsgefüge der »Lehrjahre« und das ihm inhärente Motivgeflecht im Hinblick auf den psychischen Entwicklungsprozeß des Protagonisten. Im Zentrum der Analyse steht die Schleiersymbolik, die mit der für Wilhelm Meisters Identitätsbildung fundamentalen Vater-Sohn-Problematik verquickt ist. Sie speist sich aus einer Fülle von Kleidungsstücken, personellen Konstellationen, ästhetischen Bildern und literarischen Szenen. Gezeigt wird im einzelnen, wie sie den ganzen Roman durchzieht, alle entscheidenden Stationen der krisenhaften Identitätsgenese kodiert und den Konfliktzusammenhang von narzißtischen Identitätsentwürfen und realitätsbezogenen Identitätskrisen strukturiert und reflektiert. Besondere Beachtung erfährt dabei das Widerspiel von Ethos und Eros, das der Roman im Medium der Schleiersymbolik psychologisch entfaltet, um im Spannungsfeld von Schein und Vorschein dem lebensgeschichtlichen Wechselspiel von Innenwelt und Außenwelt Ausdruck und Gestalt zu verleihen.
Die Arbeit wurde mit dem Jahrespreis 2003 der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg ausgezeichnet.
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