“Der Schmetterlingstrieb” von Hanno Millesi erschien 2016 im Verlag Edition Atelier und ist mein Geheimtipp des Monats. Zu Beginn lässt der namenlose Ich-Erzähler seine Leser*innen an einer schlaflosen Nacht teilhaben, in der er feststellt, dass ihm keines seiner Fenster den Blick auf den
Sternenhimmel ermöglicht und darum schafft er kurzerhand seinen eigenen Sternenhimmel. Seine Socken…mehr“Der Schmetterlingstrieb” von Hanno Millesi erschien 2016 im Verlag Edition Atelier und ist mein Geheimtipp des Monats. Zu Beginn lässt der namenlose Ich-Erzähler seine Leser*innen an einer schlaflosen Nacht teilhaben, in der er feststellt, dass ihm keines seiner Fenster den Blick auf den Sternenhimmel ermöglicht und darum schafft er kurzerhand seinen eigenen Sternenhimmel. Seine Socken (gewaschen!) verteilt er auf seinem Bett und aus vier der Socken legt er ein ‘windschiefes Viereck’ und so entstehen der Große Wagen oder der Große Bär, so sicher ist er sich da nicht. Mit Schlaflosigkeit und Socken-Sternenhimmel-Bett beginnt die Reise des Erzählers mit seinen Leser*innen durch die eigene Wohnung und damit zugleich ein spannendes, skurriles, lustiges, außergewöhnliches und spezielles Abenteuer in den eigenen vier Wänden, denn die Wohnungsreise führt als nächstes in die Küche, wo der Blick auf eine tote Spinne trifft. Dieser Anblick löst beim Erzähler die Assoziation mit Mördern aus dem Fernsehen aus und unweigerlich stellt sich ihm die Frage: wie viele Leichen befinden sich noch in seinem Reich? Ein interessante Investigation in der eigenen Wohnung beginnt, vor allem die tote Sardine im Kühlschrank wirft eine Menge Frage auf. Man begegnet Two-Face, erfährt von der sehr eigenwilligen Konstruktion seiner Fernbeziehung, begleitet eine Séance, seine Verschwörungstheorien über die eigene Wohnung, außerdem seine Zeit im Kleiderschrank, dann als Schlange im Wäschekorb, eine Herzattacke und nicht zuletzt sein Unternehmen Herr über die Gezeiten zu sein... und das war noch lange nicht alles.
Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich nah beieinander und hier auf 136 Seiten sprüht es vor wahnsinniger, genialer und tiefsinniger Kreativität in einem sehr tollen Sprachstil. Manchmal liegen Lösungen und der Sinn für vieles direkt vor den Füßen, man muss es nur sehen und manchmal, wenn man auf dem Schrank oder Regal sitzt, sieht sowieso einiges ganz anders aus als zuvor. Das perfekte Quarantänebuch, denn das eigene Zuhause, jeder Raum, steckt voller Möglichkeiten und ungeahntem Potential alles zu sein, außer gewöhnlich und langweilig. Ganz ernst kann man den Herrn nicht immer nehmen und zuweilen darf man wohl auch an dem Verstand zweifeln, dies ändert jedoch nichts an der Genialität aus Alltäglichem und den vier Wänden einen Abenteuerpark zu machen. Großartige Sache.
Klare Leseempfehlung