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Im Nachhinein scheint es wie eine Fügung, was mit Iwan Bunin geschehen ist: Als kleines Kind musste er, als sein Vater den Rest des Vermögens einer einst angesehenen Familie verschleudert hatte, aus der Stadt aufs Land in die tiefste russische Provinz ziehen. Doch das, was wie Verbannung wirkte, wurde für den in ärmlichen Verhältnissen Heranwachsenden zum Lebenselixier einer sich entwickelnden Dichter-Persönlichkeit, die ihre Krönung erfuhr, als Bunin 1933 als erster Russe den Literaturnobelpreis erhielt. Gewürdigt wurden damit vor allem seine hellsichtigen Beobachtungen einer Heimat in der wirren Umsturzepoche zwischen Zarenherrschaft und Revolution, die ihn selbst ins Exil nach Frankreich trieb. Doch dass nicht nur die großen Romane und Erzählungen Bunins einen hohen Rang haben - durchaus auf Augenhöhe mit Tolstoi und Tschechow -, sondern auch die Nebenwerke außerordentliche Bedeutung besitzen, zeigen die hier unter dem Titel "Sonnentempel" zusammengefassten und fast alle erstmals in der kongenialen Übersetzung durch Dorothea Trottenberg auf Deutsch vorliegenden "Literarischen Reisebilder" - Früchte einer Kindheit voller Träume vom Reisen und einer unstillbaren Sehnsucht, der Enge des Elternhauses und der Grabesstille der russischen Weite zu entkommen. Gerade achtzehn Jahre alt, ist Bunin zum ersten Mal unterwegs, und von nun an wird er zu einem leidenschaftlichen Betrachter der Fremde, im engeren Umkreis zunächst, dann in ganz Europa, später auf Ceylon und im Nahen Osten - mit einem hellsichtigen Blick und einer ungewöhnlichen Sensibilität. Bunin selbst nannte diese Momentaufnahmen "Reisepoeme" und charakterisiert damit treffend einen speziellen Typus der Reportage, die das Faktische mit tiefen Empfindungen umkleidet. "Gegen Mitternacht stieg über der dunkellila Fläche des Meeres ein orangefarbener, trüber Halbmond auf. Safrangelbes Licht am Horizont säend, hing er schrägt über der auf uns zulaufenden, wogenden Dünung und brachte warmen, warmen Wind . . .". Wer mit solcher Kraft beschreiben kann, schafft Bilder für die Ewigkeit, und tatsächlich sind diese Erzählungen zwar Zeitzeugnisse, aber zugleich auf faszinierende Weise zeitlos durch die Intensität der Betrachtung und durch die Schönheit der Sprache - beide solche Verführer, dass man dieses Buch nicht eher aus der Hand legen mag, bis es ausgelesen ist.
tg
"Der Sonnentempel - Literarische Reisebilder" von Iwan Bunin. Dörlemann Verlag, Zürich 2008. 416 Seiten, gebunden, 24,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
»Wer mit solcher Kraft beschreiben kann, schafft Bilder für die Ewigkeit ...« FAZ Reiseblatt
»Es gibt kaum eine Prosa von vergleichbarer Intensität und Sinnlichkeit der Geräusche, Gerüche und Farben. In Bunins literarischen Reisebildern - sorgfältig übersetzt, ediert und kenntnisreich kommentiert - entstehen sehr emotionale, kultur- und geschichtsgesättigte Eindrücke von Orten und Landschaften, in denen er immer auch die Spuren der Vergangenheit erkennt, die für ihn 'das Geheimnis des Lebens' birgt. Deshalb sind dies nicht einfach wunderbar genau beobachtete Skizzen exotischen Lebens, sondern auch Schlüsseltexte für Bunins Weltsicht. Bunins Reisebilder machen neugierig auf sein vielfältiges literarisches Werk. Da gibt es noch sehr viel zu entdecken!« Karla Hielscher / Deutschlandfunk
»Es ist der Eindruck, dass hier jemand alles in der Welt zum ersten und zum letzten Mal erblickt, der diesen Stücken einen unvergänglichen Zauber verleiht.« Ulrich Baron / Spiegel online
»Zusammen mit seiner Frau Vera Muromzewa bereiste Iwan Bunin die Türkei, Ägypten, den Nahen Osten, Indien und Ceylon. Nichts erscheint ihm zu gefährlich, nichts zu strapaziös - so neugierig und erlebnishungrig zieht nur durch die Welt, wer die Ferne und das Unterwegssein wirklich liebt - und wer es braucht. Seine Freude über die Schönheit der Welt und tiefe Dankbarkeit dafür leuchtet aus all den hier versammelten Reisebildern, von denen einige nicht anders als Gebetezu verstehen sind.« Brigitte van Kann / WDR3
»Bunins literarische Reisebilder sind von ansteckender Daseinslust, eine uns heute unbekannte Herrlichkeit und Freiheit sprechen aus ihnen, eine sinnliche Unmittelbarkeit und beseligende Nähe zu den Dingen.« Christine Hamel / Bayern 2