Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 6, Universität Zürich, Sprache: Deutsch, Abstract: "Die Erde klingt meinem harten Tritt auf schweigenden Wegen - Was ist mir noch an der lauen Welt, an mir selber gelegen? Was ich gewesen, was ich gelebt, war Jammer und Schwäche. Mir spannt sich die Faust, auf dass ich den Tand mit Fäusten zerbreche. Ich wachse, ich steige, ich werde frei, Sturm werde mein Wille! - Mein Denken fliegt wie ein Jubelschrei durch die Winterstille." (Otto Ernst, Auszug aus dem Gedicht Spaziergang, 1907) Ich werde mich in dieser Arbeit dem Thema des poetischen Spaziergangs widmen und eine kleine Analyse seiner literarischen Motive und poetischen Prinzipien durchführen. Für den angewandten Teil werde ich mich etwas ausführlicher auf die Erzählung Gehen von Thomas Bernhard konzentrieren, um vorgängig in der Theorie gewonnene Thesen und Resultate am Text zu argumentieren und zu rechtfertigen. Kenntnis der weiterführenden Literatur von diversen Autoren, sowie ein gewisses Verständnis der technischen Begrifflichkeiten setze ich für den Leser dieser Arbeit voraus. Man darf getrost behaupten, dass in unseren Breitengraden wohl die meisten Menschen ziemlich klare Vorstellungen von einem Spaziergang haben. Mag es nun ein Familienspaziergang sein oder ein Flanieren an der Seepromenade, ein Verdauungsspaziergang oder ein gemütliches Schlendern durch die Felder; es gibt verschiedenste Varianten, aber sie scheiden sich im Detail. Wenn es sich jedoch um den literarischen Spaziergang handelt, dann gibt es einige ganz klare Kriterien und Merkmale. Meine Ambition in dieser Arbeit ist es, verschiedene kennzeichnende Motive und Prinzipien des poetologischen Spaziergangs herauszuarbeiten. Hierfür werde ich im folgenden Kapitel die Terminologie und wichtige Unterscheidungen zu anderen Arten des Gehens, wie sie für den Gang dieser Untersuchung relevant sind, definieren. Ich möchte nicht nur den historischen Hintergrund beleuchten, sondern auch den Zusammenhang mit dem Spaziergang als kulturelle Praxis in den Vordergrund holen. Ich werde mich hingegen nicht weiter auf alltagsgebräuchliche Verwendungen der Fortbewegungsterminologie wie "Liebesleute gehen miteinander", und Sprichwörter wie "das war ein Spaziergang", einlassen. Es wird sich hier auch zeigen, dass die Umgebung für die entsprechende Art des Gehens von zentraler Bedeutung ist.
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