Eine Familie, gefangen in einer stetigen Abwärtsspirale
Die ersten Sätze beschreiben einen Mord. Im Nachbarort hatte ein Mann seine Familie umgebracht. Als er fertig war, richtete er die Waffe gegen sich selbst. Warum? Was für Geheimnisse hat er gehabt? Affären, Sucht und versteckte Dateien auf
seinem Computer? Cass' Freundin Elaine schaut die trostlose Hauptstraße ihrer Stadt hinunter und…mehrEine Familie, gefangen in einer stetigen Abwärtsspirale
Die ersten Sätze beschreiben einen Mord. Im Nachbarort hatte ein Mann seine Familie umgebracht. Als er fertig war, richtete er die Waffe gegen sich selbst. Warum? Was für Geheimnisse hat er gehabt? Affären, Sucht und versteckte Dateien auf seinem Computer? Cass' Freundin Elaine schaut die trostlose Hauptstraße ihrer Stadt hinunter und wundert sich, dass so etwas nicht öfter passiert.
Der Stich der Biene spielt in einer irischen Kleinstadt in der Nähe von Dublin. Cass gehört zu der einst wohlhabenden Familie Barnes, die von der Finanzkrise 2008 hart getroffen wurde. Zur Familie Barnes gehören Dickie, der das von seinem Vater gegründete Autohaus mit Werkstatt übernommen hat und das er leitet. Dickie hat leider kein Händchen für den Autoverkauf. Erschwerend kommt hinzu, dass Dickie nach einem Gespräch mit seiner Tochter Cass über die Umwelt seinen Kunden lieber vom Kauf eines Autos abraten würde, als ihnen eines zu verkaufen. Darüber hinaus stiehlt ein zwielichtiger Mechaniker Katalysatoren und schadet dem Ruf der Familie Barnes. Die Umsätze beginnen immer mehr zu sinken, und das Autohaus steht kurz vor dem Zusammenbruch.
Imelda, die glamouröse Mutter, ist der Meinung, dass Dickie nicht genug tut, um das Unternehmen zu retten. Sie, das einst "schönste Mädchen der vier Provinzen" beginnt verärgert ihre Besitztümer zu verkaufen, um über die Runden zu kommen.
Cass, die Tochter, hat gerade die Highschool abgeschlossen und reagiert auf die Krise mit zuviel Alkohol. Sie hofft aus der Kleinstadt wegzukommen und mit ihrer besten Freundin Elaine das Trinity College in Dublin besuchen zu können.
Ihr bekümmerter jüngerer Bruder PJ wird von einem Jungen bedroht, der behauptet, daß seine Mutter bei der Autoreparatur von seinem Vater Dickie betrogen wurde. Er verbringt seine Tage damit, mit einem Fremden Videospiele zu spielen und SMSen auszutauschen, um seine Flucht zu planen und der Misere zu entkommen.
Die Geschichte wird aus der Perspektive jedes einzelnen Familienmitglieds erzählt. Rückblenden enthüllen die frühere Armut Imeldas und wie sie mit einem gewalttätigen Vater aufwächst. Imeldas Abschnitte enthalten keine Zeichensetzung, was vielleicht ein Hinweis auf ihre mangelnde Bildung oder das Durcheinander in ihren Gedanken sein könnte. Frank, Imeldas große Liebe, kam bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Frank war ein gutaussehender Fußballspieler - und Dickies Bruder. Imelda ist völlig durcheinander und von Trauer überwältigt, als sie an seiner Stelle seinen Bruder Dickie heiratet. An ihrem Hochzeitstag wird Imelda von einer Biene gestochen, die sich unter ihrem Schleier verirrt hat. War das ein böses Omen oder etwas wie eine Strafe, dass sie an Franks Stelle seinen Bruder Dickie geheiratet hat?
Die Rückblicke enthüllen auch Dickies alte Leidenschaften aus seiner Studentenzeit vor zwanzig Jahren am Trinity College in Dublin. Er wird von seinen sexuellen Abenteuern eingeholt, die seine geschäftlichen Sorgen noch übertreffen, als ein Erpresser droht, ihn zu vernichten. Doch anstatt seine Ängste zu äußern, baut Dickie mit Hilfe seines Handwerkers, dem Prepper Victor, einen Bunker im Wald. Es scheint, als versuche sich Dickie mit diesem Sicherheitsbereich vor negativen Einflüssen aus seiner Umgebung zu schützen.
Der Stich der Biene ist eine epische Geschichte, die 700 Seiten umfasst. Die unzähligen persönlichen Dramen der Familie Barnes sind düster und voller Widersprüche und doch auch voller Möglichkeiten. Es gibt kein eindeutiges Ende, es sei denn, man spürt, dass sich der Kreis geschlossen hat. Das zu entscheiden bleibt dem Leser überlassen.
Paul Murray hat die Vergangenheit zur Gegenwart gemacht aus deren Bann ich mich nicht entziehen konnte. Ein zum Nachdenken anregender Roman, den ich weiterempfehlen möchte.