Studienarbeit aus dem Jahr 1966 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: Verbale Beurteilung, Universität zu Köln, Veranstaltung: Proseminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Hugo von Hofmannsthal und Stefan George lösen sich von der inhaltlichen Bestimmtheit des Wortes, die jede Aussage auf einen vom Sprachgebrauch geprägten Sinngehalt beschränkt. Bei George wird die Form zum eigentlichen Bedeutungsträger, nicht indem sie den Wortinhalt ergänzt und untermalt, sondern indem sie zum Maß, d.h. Maßstab wird, der erst den Sinn bewirkt. Maß und Form sollen verhindern, dass die Gestaltung eines persönlichen Erlebnisses des Dichters ausschweift ins Individuelle. Sie sind Mittel zur Distanzierung, die erst die Freiheit gibt, ein subjektives geistiges Erlebnis als objektives Kunstgebilde zu gestalten. Die Spannung zwischen subjektivem Erleben und objektiver Form bewirkt "jenes tief erregende", das den Leser anrührt und ein Nacherleben ermöglicht. Die Form wird damit zum Symbol, zur sinnlich wirkenden Gestalt eines Geistigen. Was für George "jenes tief erregende in maass und klang", ist für Hofmannsthal die magische Kraft der Worte, um derentwillen allein sie als Gedicht sprechen dürfen. Die Leistung dieser Kraft ist es, uns zu verwandeln, uns aufzulösen, so dass wir mit den symbolkräftigen Worten identisch werden. So wie bei der Opferung eines Tieres für einen Augenblick tatsächlich unser Blut vergossen wird, so wie sich das Sterben des Tieres in einem mystischen Vorgang an uns selbst vollzieht, so lösen wir uns auch beim Lesen eines Gedichts auf in den Dingen, im Leben, von dem wir durch den Vorgang der Individuation, des begrifflichen Denkens und Sprechens getrennt sind. Zwei Dinge sind Voraussetzung für diesen Vorgang: Die Symbole sind nicht Bilder und Metaphern, die für eine Wirklichkeit stehen, sondern sie sind die Wirklichkeit, sind das Leben selbst. Und wir, die wir der Welt denkend gegenüberstehen, sind im Grunde eins mit ihr.