Eine Gruppe Geologen sitzt bei schlechtem Wetter in der Taiga fest. Um die Zeit zu vertreiben, erzählt der Übersetzer A. B. ein »ausländisches« Buch nach, das er nur halb verstanden hat und deshalb mit Erfindungen ausschmückt. Zehn Jahre später - das Buch ist verschollen, sein Inhalt lange vergessen - steht A. B. plötzlich ein Kapitel vor Augen, vollständig, wie eine Vision. Während sein Gedächtnis den Text speichert, wird das Ereignis, das die Vision ausgelöst hat, gelöscht. Aus dieser irritierenden Erfahrung erwächst Andrej Bitows Meisterwerk, in dem er sich den letzten Dingen des literarischen Daseins zuwendet: dem Verhältnis zwischen Autor und seinen Geschöpfen; der Schriftstellerexistenz, die Schuld und Schmerz zurücklässt; der Liebe, die dem Schreiben geopfert wird; und nicht zuletzt Russland »als Versuch Gottes, die Zeit durch den Raum zu ersetzen«. Ein ungemein intelligent komponiertes, ironisch gefärbtes, doch unverhohlen melancholisches Buch. Opus magnum und Lebensbilanz: das Schlüsselwerk eines Autors von Weltrang.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Toll, toll, ruft die Rezensentin. Ein bisschen Angst hat Ilma Rakusa nur, dass der Autor mit diesem vielgestaltigen Alterswerk von einem Roman sein Verstummen einleitet. Vorerst aber erfreut sich Andrei Bitow noch eloquentester Schreibvitalität, wie es aussieht. Rakusa jedenfalls findet, Bitow übertreffe sich (und seine Vertracktheiten) mit diesem Buch selbst, indem er eigene Schriftsteller-Haushelden wie Laurence Sterne, Potocki und Nabokov anagrammatisch einschmuggelt oder einfach hinreißend verspielt novellistisch auftrumpft. Das im Text laut Rakusa in Form von veritablen Mikroessays hinterlegte Bekenntnis des Autors erschüttert die Rezensentin dann doch: Alle Kunst und Wissenschaft schrammt an der Liebe, also am Leben vorbei! Bumm. Rakusa aber will es tapfer hinnehmen, wenn sie, die Kunst, nur sprachlich-stilistisch so zauberhaft gemacht ist wie hier.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Wenn ein altgedienter avantgardistischer Hase wie Andrej Bitow in den Wald der Literatur hineinruft, dann schallt es gleich auf einigen Hundert Seiten zurück. Digressionen und Allusionen jeder Art jagen einander und stehen doch im Dienst eines zu allerlei Rätseln führenden Nachdenkens über die Logik, das Erzählen, die Liebe, die Freiheit und das Glück.« Jörg Plath Deutschlandfunk 20130417