Zwei Frauen auf der Flucht. Eine Entscheidung, die alles verändert. Und kein Weg zurück. New York, Flughafen JFK: Claire soll nach Puerto Rico reisen, um ihren Mann, einen ehrgeizigen Politiker, beim Wahlkampf zu unterstützen. Doch in Wahrheit will sie nichts als fliehen - vor seinen gewalttätigen Übergriffen und der lückenlosen Kontrolle, die er über sie ausübt. Sie kommt mit Eva ins Gespräch, die bei ihrem schwerkranken Mann Sterbehilfe geleistet hat. Zu Hause in Kalifornien erwartet sie die Polizei. Innerhalb weniger Sekunden beschließen sie, die Bordkarten zu tauschen und sich gegenseitig ein neues Leben zu schenken.
Erleichtert landet Claire in Kalifornien. In Evas Haus gibt es allerdings keine Hinweise auf einen Ehemann. Dann erfährt sie, dass das Flugzeug nach Puerto Rico abgestürzt ist. Und kurz darauf entdeckt sie die vermeintlich abgestürzte Eva in einer Fernsehreportage über das Unglück. Lebendig. Hat sie die Flucht in das Leben einer Anderen am Ende doch nur in eine Falle gelockt?
Erleichtert landet Claire in Kalifornien. In Evas Haus gibt es allerdings keine Hinweise auf einen Ehemann. Dann erfährt sie, dass das Flugzeug nach Puerto Rico abgestürzt ist. Und kurz darauf entdeckt sie die vermeintlich abgestürzte Eva in einer Fernsehreportage über das Unglück. Lebendig. Hat sie die Flucht in das Leben einer Anderen am Ende doch nur in eine Falle gelockt?
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.01.2021KRIMIKOLUMNE
Alles was du dir schon immer gewünscht hast, findest du jenseits der Angst ... Das ist die Botschaft, um die dieses Buch kreist, so steht’s auf einem Zettel, den Claire in dem leeren Haus in Berkeley findet, wo sie für ein paar Tage unterkommt. Sie streicht ihn glatt und steckt ihn hinter den Spiegel. Und nimmt ihn mit, als sie ihre Flucht fortsetzt. Es ist das Haus von Eva, mit der sie kurzerhand die Existenz tauschte, zwei Frauen, die sich absetzen und verschwinden wollen, möglichst spurlos. Eva hatte im Keller des Hauses Drogen gekocht und diese mit einem Dealer unter die Leute gebracht, eine ertragreiche, aber gefährliche Abhängigkeit. Der Satz auf dem Zettel ist von ihrer Freundin Liz, einer Professorin. Eva und Liz, deren Tochter Elli, schließlich Claire - das ist, untergründig, eine Kette weiblicher Sympathie und Solidarität. Claire ist verheiratet mit Rory Cook – Millionärssohn und Philanthrop, die Mutter war Senatorin, nun plant auch er, für den Senat zu kandidieren. Ein brutaler, unbeherrschter Mann, Claire hat lernen müssen, die blauen Flecken an ihren Körper vor den Blicken der anderen zu verbergen. Ein raffinierter Coup soll sie von ihm befreien. Am John F. Kennedy Airport in New York kreuzen sich die Wege von Claire und Eva, ihre Schicksale. Der Nullpunkt. Der Sprung in die absolute Freiheit, das ist ein irrealer Moment, der spontane Tausch der Tickets und Accessoires, den der deutsche Titel des Romans signalisiert, der im Original „The Last Flight“ heißt.
Eine windige Septembernacht, am Stadtrand von Prag, der Himmel strotzt vor Sternen. Geworg Arojan wird aus einem Wagen heraus erschossen, der dritte Schuss ist tödlich. Ein politischer Mord, Geworg ist Journalist und Blogger, engagiert für den kleinen Staat Kasmenien, der in einen kriegerischen Grenzkonflikt mit Russland verstrickt ist. Ein fiktiver Staat, Vorbilder dafür sind Georgien oder die Ukraine. Die Abteilung des Auslandsnachrichtendienstes in der russischen Botschaft, die Residentur, arbeitet effektiv. Die Tschechen werden gering geschätzt. „Ein feiges Volk, ohne das, was sollte man groß darum herumreden, die Welt auch ganz gut zurechtkäme.“ Eine Spionagegeschichte in der Tradition von Graham Greene und John le Carré. Ein hoher Prager Ministerialbeamter, im Wahlkampf für das Europaparlament, erpressbar und korrupt, sein Sohn verachtet ihn, zieht mit Freunden in den Krieg gegen Russland. Es gibt in der Prager Polizei offenbar jemanden, der die Mordermittlungen behindert. Eine der Hauptfiguren arbeitet für die Russen, unter dem Tarnnamen Rebjonok (Kindchen). Am Ende müssen die Väter aktiv werden für die Söhne. Weil sie so viel falsch gemacht hatten.
Ein Nachhauseweg kann sehr lang werden, abends, gefährlich lang. Plötzlich steht ein Mann hinter Catherine, es ist Sean Donovan, dem sie einst nahestand. Es gibt keine zufälligen Begegnungen, das weiß sie, als Geheimdienstlerin … Sie wird entführt und in ein Haus vor London gebracht. Catherine Standish, Ex-Alkoholikerin, ist die Assistentin von Jackson Lamb, dem Chef von Slough House – einer Abteilung des MI5, die man bereits aus zwei Bänden von Mick Herron kennt. Junge Agenten, die Mist gebaut haben und dorthin aufs Abstellgleis placiert wurden. Sie wursteln sinnlos vor sich hin, warten auf den Coup, der sie rehabilitieren könnte, reiben sich an dem schmuddeligen Ekel Jackson Lamb auf. Für Catherine werden die Kollegen und Freunde aktiv, improvisieren, kämpfen, töten. Intrigiert wird im Dienst nun intern, der neue Innenminister zum Beispiel ist ein ganz unberechenbarer Typ, er hat einen wuscheligen Boris-Haarschopf und will unbedingt noch höher hinaus. Was gefährlicher ist als die traditionellen Feinde, Terroristen, rivalisierende Sicherheitsdienste, der Guardian. Oder die Tigerteams: „Nicht angeheuert, um den Gegner auszulöschen, sondern um die Stärke der eigenen Verteidigung zu prüfen ...“
FRITZ GÖTTLER
Julie Clark:
Der Tausch. Aus dem Englischen von Gabriele Burkhardt und
Astrid Gravert.
Heyne, München 2021.
397 Seiten, 12,99 Euro.
Iva Procházková:
Die Residentur. Thriller. Aus dem Tschechischen von Mirko Kraetsch.
Braumüller, Wien 2020. 573 Seiten, 25 Euro.
Mick Herron:
Real Tigers. Roman.
Aus dem Englischen
von Stefanie Schäfer.
Diogenes Verlag,
Zürich 2020.
474 Seiten, 18 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Alles was du dir schon immer gewünscht hast, findest du jenseits der Angst ... Das ist die Botschaft, um die dieses Buch kreist, so steht’s auf einem Zettel, den Claire in dem leeren Haus in Berkeley findet, wo sie für ein paar Tage unterkommt. Sie streicht ihn glatt und steckt ihn hinter den Spiegel. Und nimmt ihn mit, als sie ihre Flucht fortsetzt. Es ist das Haus von Eva, mit der sie kurzerhand die Existenz tauschte, zwei Frauen, die sich absetzen und verschwinden wollen, möglichst spurlos. Eva hatte im Keller des Hauses Drogen gekocht und diese mit einem Dealer unter die Leute gebracht, eine ertragreiche, aber gefährliche Abhängigkeit. Der Satz auf dem Zettel ist von ihrer Freundin Liz, einer Professorin. Eva und Liz, deren Tochter Elli, schließlich Claire - das ist, untergründig, eine Kette weiblicher Sympathie und Solidarität. Claire ist verheiratet mit Rory Cook – Millionärssohn und Philanthrop, die Mutter war Senatorin, nun plant auch er, für den Senat zu kandidieren. Ein brutaler, unbeherrschter Mann, Claire hat lernen müssen, die blauen Flecken an ihren Körper vor den Blicken der anderen zu verbergen. Ein raffinierter Coup soll sie von ihm befreien. Am John F. Kennedy Airport in New York kreuzen sich die Wege von Claire und Eva, ihre Schicksale. Der Nullpunkt. Der Sprung in die absolute Freiheit, das ist ein irrealer Moment, der spontane Tausch der Tickets und Accessoires, den der deutsche Titel des Romans signalisiert, der im Original „The Last Flight“ heißt.
Eine windige Septembernacht, am Stadtrand von Prag, der Himmel strotzt vor Sternen. Geworg Arojan wird aus einem Wagen heraus erschossen, der dritte Schuss ist tödlich. Ein politischer Mord, Geworg ist Journalist und Blogger, engagiert für den kleinen Staat Kasmenien, der in einen kriegerischen Grenzkonflikt mit Russland verstrickt ist. Ein fiktiver Staat, Vorbilder dafür sind Georgien oder die Ukraine. Die Abteilung des Auslandsnachrichtendienstes in der russischen Botschaft, die Residentur, arbeitet effektiv. Die Tschechen werden gering geschätzt. „Ein feiges Volk, ohne das, was sollte man groß darum herumreden, die Welt auch ganz gut zurechtkäme.“ Eine Spionagegeschichte in der Tradition von Graham Greene und John le Carré. Ein hoher Prager Ministerialbeamter, im Wahlkampf für das Europaparlament, erpressbar und korrupt, sein Sohn verachtet ihn, zieht mit Freunden in den Krieg gegen Russland. Es gibt in der Prager Polizei offenbar jemanden, der die Mordermittlungen behindert. Eine der Hauptfiguren arbeitet für die Russen, unter dem Tarnnamen Rebjonok (Kindchen). Am Ende müssen die Väter aktiv werden für die Söhne. Weil sie so viel falsch gemacht hatten.
Ein Nachhauseweg kann sehr lang werden, abends, gefährlich lang. Plötzlich steht ein Mann hinter Catherine, es ist Sean Donovan, dem sie einst nahestand. Es gibt keine zufälligen Begegnungen, das weiß sie, als Geheimdienstlerin … Sie wird entführt und in ein Haus vor London gebracht. Catherine Standish, Ex-Alkoholikerin, ist die Assistentin von Jackson Lamb, dem Chef von Slough House – einer Abteilung des MI5, die man bereits aus zwei Bänden von Mick Herron kennt. Junge Agenten, die Mist gebaut haben und dorthin aufs Abstellgleis placiert wurden. Sie wursteln sinnlos vor sich hin, warten auf den Coup, der sie rehabilitieren könnte, reiben sich an dem schmuddeligen Ekel Jackson Lamb auf. Für Catherine werden die Kollegen und Freunde aktiv, improvisieren, kämpfen, töten. Intrigiert wird im Dienst nun intern, der neue Innenminister zum Beispiel ist ein ganz unberechenbarer Typ, er hat einen wuscheligen Boris-Haarschopf und will unbedingt noch höher hinaus. Was gefährlicher ist als die traditionellen Feinde, Terroristen, rivalisierende Sicherheitsdienste, der Guardian. Oder die Tigerteams: „Nicht angeheuert, um den Gegner auszulöschen, sondern um die Stärke der eigenen Verteidigung zu prüfen ...“
FRITZ GÖTTLER
Julie Clark:
Der Tausch. Aus dem Englischen von Gabriele Burkhardt und
Astrid Gravert.
Heyne, München 2021.
397 Seiten, 12,99 Euro.
Iva Procházková:
Die Residentur. Thriller. Aus dem Tschechischen von Mirko Kraetsch.
Braumüller, Wien 2020. 573 Seiten, 25 Euro.
Mick Herron:
Real Tigers. Roman.
Aus dem Englischen
von Stefanie Schäfer.
Diogenes Verlag,
Zürich 2020.
474 Seiten, 18 Euro.
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»"Der Tausch" ist ein wahrer Pageturner voller Cliffhanger und Querverweise, voller falscher Fährten und überraschenden Wendungen, hochaktuell und mutig.« MDR Kultur