Bereits im ersten Band konnte sich die Reihe durch ein von koreanischen und asiatischen Motiven durchzogenes Setting wohltuend von anderen Genre-Vertretern abheben. Dies beschränkt sich nicht nur auf die wirklich erfrischenden Völker (Lekon, Dokebi, Naga), die sich weit über den Namen hinaus von
bekannten Vertretern der westlichen Mythologie unterscheiden.
Auch sind bestimmte…mehrBereits im ersten Band konnte sich die Reihe durch ein von koreanischen und asiatischen Motiven durchzogenes Setting wohltuend von anderen Genre-Vertretern abheben. Dies beschränkt sich nicht nur auf die wirklich erfrischenden Völker (Lekon, Dokebi, Naga), die sich weit über den Namen hinaus von bekannten Vertretern der westlichen Mythologie unterscheiden.
Auch sind bestimmte Handlungsabschnitte wie die Zollstraße, die Bedeutung von Schwüren, Ehre und Pflichten und die Reaktionen und Handlungen der Figuren merklich asiatisch oder zumindest deutlich „nicht-westlich“ geprägt.
Unterschiedliche Gewichtung
In Sachen Figuren hat sich nicht sonderlich viel getan. Im Grunde haben wir es also mit dem gleichen interessanten Figurenensemble zu tun. Allerdings hat sich die Gewichtung der einzelnen Figuren ein Stück weit verlagert. Unverändert steht Kaygon Draka immer noch im Mittelpunkt der Erzählung und zumindest seine Vergangenheit wird endlich ein Stück weit ausgeleuchtet.
Die bisherige zweite Hauptfigur Ryun verliert hingegen deutliche Anteile zugunsten von Samo Pey und macht sich seitdem nur noch durch pausenlose Quengelei bemerkbar. Ansätze, um anderen Figuren mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen (Tinahan) sind erkennbar, verlaufen aber weitestgehend im Sande.
Schnörkelloser Stil
Handwerklich handelt es sich um ein solides Werk ohne große Ausschläge nach oben oder unten. Der Autor bedient sich einer einfachen und klaren Sprache und setzt auf die bekannte und bewährte Mischung aus Humor und Action, um uns bei Laune zu halten.
Der Humor scheint vor allem in den wirklich herrlichen und bisweilen sehr trockenen Dialogen unserer Heldengruppe durch, zeigt sich aber auch in bestimmten Abschnitten wie der Zollstraße. Die Action-Szenen sind wieder einmal dynamisch und abwechslungsreich beschrieben und enthalten an der einen oder anderen Stelle explizite Beschreibungen von Gewalt und ihren Folgen.
Negativ aufgestoßen sind mir hingegen die beinahe schon comichaften Reaktionen auf einfache Aussagen, die insbesondere im Zusammenhang mit den Versammlungen der Menschen gehäuft auftreten. Eine einfache Aussage eines Gegenübers wird nicht einfach normal aufgenommen, man ist sofort aufs Äußerte entrüstet, erbleicht sofort, ist von Erstaunen ergriffen und so weiter. Glücklicherweise halten sich diese Versammlungen in Grenzen.
Erzählung nimmt keine Fahrt auf
Enttäuschend ist zudem das immer noch sehr langsame Erzähltempo. Natürlich kann der zweite Band einer vierbändigen Reihe nicht jedes Ereignis vorwegnehmen, schließlich soll die Spannung gehalten werden. Und ohne Kenntnis des Gesamtwerks kann ich natürlich kein abschließendes Urteil fällen.
Aber es ist schon auffällig, dass immer, wenn die Geschehnisse Fahrt aufnehmen, etwas dazwischenkommt und die Figuren erst einmal hundert Seiten diskutieren müssen, bevor sie den nächsten Schritt wagen. Und leider passiert in dieser Zeit auch nichts wirklich Relevantes - oder zumindest scheint es bislang so.
Dies ist insbesondere schade, da Young-Do zum einen in den Zwischenabschnitten zeigen kann, dass er grundsätzlich ein höheres Tempo beherrscht. Zum anderen warten wir Leser nur darauf, die von ihm entworfene faszinierende Welt endlich weiter bereisen zu können – gerade die zweite Hälfte des ersten Bandes hat eindrucksvoll bewiesen, welches Potential in dieser Welt schlummert.
Was bleibt?
Der träumende Krieger von Lee Young-Do gelingt es nicht ganz, das hohe Niveau des Vorgängers zu halten, stellt aber immer noch ein unterhaltsames Fantasy Werk dar. Mein größter Kritikpunkt ist sicherlich das langsame Erzähltempo mit (vermeintlich) redundanten Stellen – ein Schicksal, das zugegebenermaßen beinahe jeden Zwischenband einer mehrbändigen Reihe trifft. Abschließend beurteilen lässt sich dies aber erst im weiteren Verlauf der Reihe.
Ansonsten macht der Band aber vieles richtig und kann durch eine klare Prosa, viel Humor, gelungene Action-Szenen, interessante Figuren und vor allem durch ein unverbrauchtes Setting überzeugen. Wer also bereits den ersten Band mochte, der kann bedenkenlos zum zweiten Band greifen.