Eines Tages wird man Film nicht mehr von der Realität unterscheiden können - diese Vorstellung gab es bereits, bevor das Kino erfunden war. Der Traum vom Totalen Kino entstammt der Literatur, die dem Film bereits detailliert den Weg in Richtung Virtual Reality wies, als die Bilder des Cinématographe noch stumme Schatten waren. Karin Jankers Analyse der bis heute wirkmächtigen Imagination einer Ununterscheidbarkeit zwischen physischer und virtueller Realität legt offen, aus welchen Mythen und Diskursen sich diese speist, aber auch wo ihre Ränder, Unschärfen und Aporien liegen. Welche Hoffnungen und Ängste begleiten die Entwicklung des Bewegtbildes? Welche Eigenschaften schreibt die Literatur dem aufkommenden Konkurrenzmedium zu? Und was erzählt die Literatur damit über sich selbst? Die hier versammelten Lektüren der Kino-Romane von Auguste de Villiers de L`Isle-Adam, Jules Verne, Luigi Pirandello, Salomo Friedlaender, Aldous Huxley und Adolfo Bioy Casares zeigen, dass der Traum vom Totalen Kino nicht bloße Denunziation des Films durch die Literatur ist, sondern auch ein Ausloten der jeweils eigenen medialen Möglichkeiten. Sie demonstrieren eindrücklich die Literarizität dieses Narrativs - und und machen nicht zuletzt Mediengeschichte zu einer Sache der Literaturwissenschaft.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2019VON SZ-AUTOREN
Karin Janker über
Literatur und Kino
Wie wird es sein, wenn Virtual Reality so echt ist, dass wir sie von der physischen Realität nicht mehr unterscheiden können? Wird der Zuschauer aus diesem Totalen Kino je wieder herausfinden? Oder wird er sich der Lust an der Täuschung hingeben, so wie die Menschen in Aldous Huxleys „Brave New World“ sich dem Sinnesrausch der Feelies ergeben? Schriftsteller dachten schon über diese Fragen nach, da war der Filmprojektor noch gar nicht erfunden. Sie imaginierten ein Medium, das sein Publikum fesselt und hinters Licht führt, als die Bilder noch stumm und schwarz-weiß über die Leinwand flackerten. Nicht nur Kulturpessimisten befürchteten vor 100 Jahren, dass Film und Realität eines Tages ununterscheidbar werden.
Karin Janker, Literaturwissenschaftlerin und Redakteurin im Ressort Meinung der SZ, reflektiert in ihrer Studie die Kinogeschichte in einem bislang unbekannten Licht und zeigt, welche Fantasien, Hoffnungen und Ängste vom frühen Film ausgingen, wie diese das neue Medium formten – und nicht zuletzt, was Kino-Romane auch über die Literatur und deren eigenes Verhältnis zur Wirklichkeit erzählen.
SZ
Karin Janker: Der Traum vom Totalen Kino. Wie Literatur Filmgeschichte schrieb. Transcript Verlag, Bielefeld 2019. 450 Seiten, 50 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Karin Janker über
Literatur und Kino
Wie wird es sein, wenn Virtual Reality so echt ist, dass wir sie von der physischen Realität nicht mehr unterscheiden können? Wird der Zuschauer aus diesem Totalen Kino je wieder herausfinden? Oder wird er sich der Lust an der Täuschung hingeben, so wie die Menschen in Aldous Huxleys „Brave New World“ sich dem Sinnesrausch der Feelies ergeben? Schriftsteller dachten schon über diese Fragen nach, da war der Filmprojektor noch gar nicht erfunden. Sie imaginierten ein Medium, das sein Publikum fesselt und hinters Licht führt, als die Bilder noch stumm und schwarz-weiß über die Leinwand flackerten. Nicht nur Kulturpessimisten befürchteten vor 100 Jahren, dass Film und Realität eines Tages ununterscheidbar werden.
Karin Janker, Literaturwissenschaftlerin und Redakteurin im Ressort Meinung der SZ, reflektiert in ihrer Studie die Kinogeschichte in einem bislang unbekannten Licht und zeigt, welche Fantasien, Hoffnungen und Ängste vom frühen Film ausgingen, wie diese das neue Medium formten – und nicht zuletzt, was Kino-Romane auch über die Literatur und deren eigenes Verhältnis zur Wirklichkeit erzählen.
SZ
Karin Janker: Der Traum vom Totalen Kino. Wie Literatur Filmgeschichte schrieb. Transcript Verlag, Bielefeld 2019. 450 Seiten, 50 Euro.
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»Neben der Bereicherung für die Literaturwissenschaft sind durch den umfassend beschriebenen Komplex des Totalen Kinos zugleich wertvolle Einsichten in die Film- und Wissenschaftsgeschichte zu konstatieren, dank der die Studie für Forscher:innen verschiedener Disziplinen eine echte Bereicherung darstellt.« Matthias Hausmann, Archiv für das Studium der neueren Sprache und Literaturen, 260/1 (2023) »Sehr zu empfehlen für Medien-, Literatur- und Kunstwissenschaftler_innen, mit Schwerpunkt auf Virtuelle Realität, Ästhetik, Sprache, Kinematographie und generell Philosophie. Der Blick bleibt nicht an der Oberfläche, sondern dringt tiefer in die Materie der Medienproduktion vor.« Tobias Bieseke, KULT_online, 63 (20219 »Eine wirklich gut geschriebene, intensive Studie.« Joachim Paech, MEDIENwissenschaft, 1 (2020) »Die literarischen Beispiele wurden von der Autorin gut ausgewählt. Ihre Darstellung ist kinoaffin und lesenswert.« Hans Helmut Prinzler, www.hhprinzler.de, 01.10.2019