Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Journalismus, Publizistik, Note: 2,0, Justus-Liebig-Universität Gießen (Fachjournalistik Geschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Eine Dokumentation ohne Zeitzeugen? ir kennen das: Ein Mann sitzt vor einem schwarzen Hintergund. Von links oben fällt ein schwacher Lichtstrahl ins Bild. Der Mann hat Tränen in den Augen. Er erzählt von der Ermordung seiner jüdischen Eltern und den Gräueln, die sie und er im Deutschland der dreißiger Jahre vorher erlebt hatten. Die Kamera hält jede noch so winzig kleine Bewegung des Interviewten fest. Jeder Gesichtsausdruck ist auf Zelluloid gebannt ... Zeitzeugen und ihre Erinnerungen sind wichtig. Vielleicht sind sie sogar der wichtigste Bestandteil einer Dokumentation, weil sie die vom Sprecher kommentierte, von der Musik untermalte, vom Filmmaterial veranschaulichte und durch technische Hilfsmittel verdeutlichte Geschichte erst menschlich machen. Durch ihre Erzählung helfen sie dem Zuschauer, sich auch ein Bild von der menschlichen Seite zu machen. Tränen verdeutlichen die Verzweiflung und die Trauer, ein Grinsen erzeugt mitunter Freude und Spaß. Guido Knopp hat diese Art der Erzählweise mit seinen Dokumentationen salonfähig gemacht. Man könnte denken, dass kein Dokudrama mehr und erst recht keine historische Dokumentation ohne Zeitzeugen auskommen kann. Michael Kuball, der Autor von „Geliebtes Leben“, verzichtet jedoch auf dieses Element. Und nicht nur auf dieses: In seinem Werk fehlen auch die für eine moderne Dokumentation „benötigten“ fiktiven Szenen. Der Autor geht einen anderen Weg: Er reiht Amateuraufnahmen von Privatpersonen aneinander, die in der Zeit von 1940 – 1980 entstanden sind. Als Kommentatoren dienen ihm, neben zwei „echten“ Off-Sprechern, die Filmer und Gefilmten, die auf den Aufnahmen zu sehen sind. Sie erinnern sich angeregt durch die Filmausschnitte nach langer Zeit und bestimmen so den Fortgang des Films. Die Protagonisten erzählen und übermitteln Geschichte, ohne jemals selbst im Bild zu erscheinen (abgesehen von den Aufnahmen). Im Folgenden werde ich versuchen, das Besondere am Umgang mit den Zeitzeugen und den Filmaufnahmen in „Geliebtes Leben“ auszuarbeiten. Außerdem möchte ich auf die Probleme hinweisen, die durch solch eine Arbeitsweise auftreten können.