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Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Universität Bern (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Proseminar Hiob, Sprache: Deutsch, Abstract: Anfangs dieses Jahrhunderts leben die Ostjuden, umgeben von der ihnen gegenüber fremden und feindlichen Welt des zaristischen und kirchlich-antisemitischen Russland, in einer weitgehend entrechteten Situation, in ständiger Pogrom-Angst und in grosser wachsender Armut. "Das Leben verteuerte sich von Jahr zu Jahr. Die Ernten wurden ärmer und ärmer..." "In schmutzigen Strassen, in…mehr

Produktbeschreibung
Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Universität Bern (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Proseminar Hiob, Sprache: Deutsch, Abstract: Anfangs dieses Jahrhunderts leben die Ostjuden, umgeben von der ihnen gegenüber fremden und feindlichen Welt des zaristischen und kirchlich-antisemitischen Russland, in einer weitgehend entrechteten Situation, in ständiger Pogrom-Angst und in grosser wachsender Armut. "Das Leben verteuerte sich von Jahr zu Jahr. Die Ernten wurden ärmer und ärmer..." "In schmutzigen Strassen, in verfallenen Häusern leben die [Ost-]Juden. Der christliche Nachbar bedroht sie. Der Herr schlägt sie. Der Beamte lässt sie einsperren. Der Offizier schiesst auf sie, ohne bestraft zu werden. Der Hund verbellt sie, weil sie mit einer Tracht erscheinen, die Tiere ebenso wie primitive Menschen reizt." Zunächst aber scheint diese Notlage die Familie Singer nicht zu gefährden, da sich für sie "Armut" und "Gleichmut" problemlos reimen und da die Familie aus der Notlage das gemeinsame Lebensgefühl einer ‚vertrauten Armut′ entwickelt. Dieser Zustand könnte als Urzustand einer "bekümmerten Festlichkeit" geschildert werden: Die Wochentage bilden einen "Reigen aus Mühsal" , jedoch fällt auf sie immer neu das glänzende Licht des Sabbat. Das Leben spielt sich ab als Zusammenspiel von Licht und Dunkelheit, Kälte und Wärme, Gesang und Seufzen. Die Familie Singer scheint fest auf dem Boden der traditionsgeleiteten Gesellschaft des ostjüdischen Schtetl zu stehen, in deren Rahmen die patriarchalische Familie zusammen mit der Synagoge die entscheidende Rolle spielt. Es gehört zu dem in jahrtausendelanger Frömmigkeitstradition entwickelten Verständnis einer solchen Existenz, dass sie unbegriffen, aber geduldig akzeptiert und ertragen wird: "′Was willst du, Deborah′, sagte Mendel Singer, ‚die Armen sind ohnmächtig, Gott wirft ihnen keine goldenen Steine vom Himmel, in der Lotterie gewinnen sie nicht, und ihr Los müssen sie in Ergebenheit tragen′" Vielleicht sind Leiden und Unglück sogar als Strafe für eine verborgene Schuld hinzunehmen, und man darf sich erst sekundär durch Gebet (Mendel) oder Bemühungen um Wunder (Deborah) bei Gott für die Befreiung von Leid und Unglück einsetzen. [...]