Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1.0, Christian-Albrechts-Universität Kiel (Neuere Deutsche Literatur- und Medienwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Der Germanistik stellt sich nach Moritz Baßler bei der Analyse von deutschen Popsongs ein methodisches Problem. Für Baßler ist eine lediglich textimmanente Interpretation des herkömmlichen deutschen Pop-Songs nicht ausreichend um das Wesentliche des Werkes zu fassen, da Musik und Text separat betrachtet keine aussagekräftigen Eigenständigkeiten besitzen. Vielmehr ist die Symbiose aus Musik und Text, besonders in der Pop-Musik, von enormer Wichtigkeit. Ferner ist der semiotische Hintergrund von üblicher Popmusik nicht die Hochkultur der literarischen oder musikalischen Tradition, sondern die Popkultur anglo-amerikanischen Ursprungs. Baßler zur Folge fand allerdings durch die musikalischen Strömungen des Punk, des New Wave, der Neuen Deutschen Welle und der Hamburger Schule ein Paradigmenwechsel statt. Der deutsche, popmusikalische Diskurs pflegte fortan einen neuartigen Umgang mit den übermächtigen anglo-amerikanischen Vorbildern. Keine Imitation oder Verabschiedung, sondern ein expliziter und reflektierter Umgang mit den dominanten Pop-Paradigmen schlägt sich im Zuge der Entwicklung nieder. Diese neue Identität des deutschen Pop-Songs rechtfertigt eine literaturwissenschaftliche Analyse, auch ohne dabei tiefer in die Materie des anglo-amerikanischen Popsongs oder der Musikwissenschaft einzudringen. Die deutsche Pop-Rock-Band „Tocotronic“ ist neben weiteren Vertretern der sogenannten Hamburger Schule ein zweckdienliches Beispiel für eine ergiebige, literaturwissenschaftliche Analyse. „Tocotronic“ intellektualisierten den deutschen Pop- Song im Verlauf der Bandgeschichte zunehmend. In Folge dessen basiert der semiotische Hintergrund der Texte neben popkulturellen Verweisen auch auf der Hochkultur der literarischen und philosophischen Tradition. Weiterhin nähert sich die Lyrik von „Tocotronic“ aufgrund ihrer selbstreflexiven und intertextuellen Ausrichtung der Literatur der Postmoderne an und findet betreffs der verwendeten Ironie Verwandtschaften in der deutschen Pop-Literatur. Schwerpunkt dieser Hausarbeit ist die Analyse ausgewählter und repräsentativer Lyrik des Musikalbums „Kapitulation“ von „Tocotronic“. Ein besonderes Interesse gilt dabei der Frage nach einem übergeordneten Konzept. Zu diesem Zweck sollen voranstehend der Begriff der Hamburger Schule und das von Grund auf ironische Bandkonzept erläutert werden. Es folgen zwei spezifische Beispiele früherer Song-Lyrik um die Textbildungsstrategien von „Tocotronic“ einleitend zu beschreiben.