Der eisige Wind begleitet die jugendliche Lore frühmorgens auf dem Weg zur Fabrik, und diese Kälte spürt sie ihr Leben lang unter der Haut. Als uneheliches Kind in die geordnete ostwestfälische Atmosphäre der zwanziger Jahre hineingeboren, fühlt sie sich schon im Grundschulalter gebrandmarkt und bleibt auch später in der eigenen Familie einsam und menschenscheu. Die Liebe zu ihren Kindern trägt wider Erwarten nicht zur Heilung bei, vielmehr werden die sozialen Ängste immer offensichtlicher und problematischer. Bea, Lores älteste Tochter, hat die Leere im Gesicht ihrer Mutter bereits als Kind erkannt und setzt sich seither kritisch und oft lautstark mit ihr auseinander. Die mütterliche Liebe hat sie nie gespürt, nur Härte und Unerbittlichkeit. Jahrelang kann sie ihrer Mutter die übergriffigen Wutausbrüche nicht verzeihen. Erst spät lässt sie Mitgefühl zu und begreift, dass tiefsitzende und unbewältigte Phobien die Quelle der Aggressionen ihrer Mutter gewesen sind. Doch bis zum Verzeihen ist noch ein weiter Weg.
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