Bachelorarbeit aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Sprache: Deutsch, Abstract: Angelehnt an Brechts Konzeption von einem Theater als „Lusthaus und Schreckenskammer“ schuf Heiner Müller eine extreme Dramaturgie, welche die bisherigen Wahrnehmungsmuster zur deutschen Geschichte infrage stellte. Nach Norbert Otto Eke zielte Müllers Theatergestaltung bewusst darauf ab, „die ,Gesellschaft an ihre Grenzen zu bringen‘, das ,Kontinuum der Normalität‘ aufzusprengen und den Zuschauer in Entscheidungssituationen zu bringen.“ Die vorliegende Arbeit untersucht eben jene literarischen Techniken, mit denen Müller sein Geschichtsdrama konzeptioniert. Vor dem Hintergrund der Einflüsse Walter Benjamins und Ernst Bloch auf Müllers geschichtsphilosophische Denkweise soll die folgende Analyse dabei hervorheben, auf welche Weise er Brechts pädagogisches Theater umsetzt und welches Deutschlandbild Müller aus der Historie zeichnet. Unter dem Titel "Spielen Schriftsteller eine Rolle?" eröffnete Hans Magnus Enzensberger 1964/65 seine Gastdozentur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Im Rahmen der Frankfurter Poetikvorlesungen befasste sich der deutsche Dichter und Publizist besonders mit der Rolle des Schriftstellers in der Gegenwart. Konkret ging es dabei um die Verantwortung und die Aufgabe, welche dieser als Beobachter und moralische Gewissensinstanz der gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Epoche wahrnehmen muss. Insbesondere der Frage, ob sich Literatur als Geschichtsschreibung überhaupt eigne, widmete Enzensberger eine ganze Vorlesung. Unter anderem verglich er dabei eine Beschreibung der sozialen Lage in Deutschland 1928 aus der Sicht des Historikers Golo Mann in seinem Werk Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz. Auch der deutsche Dramatiker Heiner Müller setzte sich mit den Anforderungen einer literarischen Geschichtsschreibung auseinander. Anders als Enzensberger beließ er es jedoch nicht bei einer theoretischen Untersuchung, sondern rückte in seinen Theaterstücken die Vergangenheitsbewältigung in der deutschen Bevölkerung in den Fokus. Besonders in seinem 1971 fertig gestellten Stück "Germania Tod in Berlin" werden seine geschichtsphilosophischen Überzeugungen deutlich.