Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 1,0, Universität Passau (Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft), Veranstaltung: Proseminar: Sprachminderheiten, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung Deutsche in der Ukraine gelten lediglich als Teilbereich der Forschung über die Rußlanddeutschen. Die Personengruppe dieser „Russlanddeutschen“ verbindet man traditionell mit den Nachfahren deutscher Kolonisten, die auf Erlass der Zarin Katharina II. von 1763 ins Zarenreich gelangten und am Schwarzen Meer und an der Wolga, in ihren traditionellen Siedlungsgebieten, zum Aufbau des Landes beitrugen. [...] In dieser Arbeit sollen folgende Aspekte angesprochen werden: Zum Erhalt eines ersten Überblicks sollen die geographische Lage und der Bereich der Statistik und Demographie einen elementaren Beitrag leisten. Die wechselvolle historische Entwicklung anhand derer die Entstehung der deutschen Siedlungen als Ursache und Ausgangsbasis für Prozesse des Sprachwandels- und der Sprachassimilation erläutert wird, muss dem Bereich der Soziolinguistik vorangestellt werden, um den heutigen –sofern noch vorhandenen- deutschen Sprachstatus bzw. die Sprachaktivität erklären zu können. Schließlich stellen die Deportationen im zweiten Weltkrieg die entscheidende Zäsur in der weiteren Sprachentwicklung der Russlanddeutschen dar, die ursächlich für die Zerstörungen der geschlossenen deutschen Siedlungen, der wichtigsten Existenzgrundlage deutscher Sprache, waren. Wie sich der immer stärker werdende russisch/ukrainische/ruthenische Spracheinfluss der Kontaktsprachen auswirkt, soll anhand aktueller Interferenzen an praktischen Beispielen aufgezeigt werden. Auch die Funktionsaufteilung zwischen der deutschen Sprache in den Domänen der Familie und der Öffentlichkeit, die scharf ausgeprägte doppelte Diglossiesituation, die mit der Stigma-tisierung des Deutschen zum Faschismus einherging, soll unter der Rubrik des Sprachgebrauchs ergründet werden. Zum Schluss werden die sprachökologischen Bedingungen für Sprachbewahrung und Sprachwechsel der deutschen Sprache in der Ukraine beschrieben, anhand derer sich der Leser ein eigenes Bild über die Faktorenvielfalt einer Sprachgemeinschaft machen kann, die ihre Vitalität maßgeblich bestimmt. Lassen wir uns also nach Viktor Schirmunski auf dieses „sprachwissenschaftliche Laboratorium [Ukraine]“ ein, in dem wir in einer kurzen Zeitspanne von „100 bis 150 Jahren Entwicklungen verfolgen können, die sich im Mutterland in mehreren Jahrhunderten abgespielt haben müssen.“ Bei diesem Erkenntnisgewinn wünsche ich viel Freude. [...]