Seit mehr als 100 Jahren ist der Nahostkonflikt der Dauerkonflikt, der Nahe Osten die Krisenregion schlechthin. Und Deutschland - fast immer - mittendrin. Es begann mit der Orientreise von Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1898. Im Ersten Weltkrieg spielte Deutschland im Bündnis mit dem Osmanischen Reich eine entscheidende Rolle im Nahen Osten. Die Briten waren die Sieger und sicherten den Zionisten ihre Unterstützung bei der Errichtung einer "nationalen Heimstätte" in Palästina zu. Damit und mit den willkürlichen Grenzziehungen nach dem Krieg legten sie gleichzeitig den Grundstein für die Konflikte der nächsten Jahrzehnte im Nahen Osten. Deutschland spielte dort in den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg keine große Rolle. Das änderte sich mit der Machtübernahme Hitlers, den die Araber - allen voran der Großmufti von Jerusalem - bewunderten. Im Zweiten Weltkrieg rückte der Nahe Osten dann wieder ins Blickfeld deutscher Außenpolitik. Es ging u. a. um den Irak und um den Großmufti - und wieder ohne Erfolg. Deutsche Nahostpolitik, die den Namen verdient, gibt es erst wieder seit Gründung der Bundesrepublik. Bei allen Aktivitäten wird dabei immer wieder die historische Verantwortung gegenüber dem neuen Staat Israel deutlich, den Bonn mit Geld und Waffen unterstützte. Spätestens mit dem Yom Kippur-Krieg 1973 wurden die USA zum entscheidenden Faktor im Nahen Osten. Dabei ist der Rüstungsexport in den Nahen Osten nach wie vor ein großes Thema deutscher Politik. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson. Der bekannte Zeithistoriker Rolf Steininger legt hier eine großteils aus den Akten erarbeitete, knappe Gesamtdarstellung vor, ergänzt um 44 Bilder. Die Arbeit gibt Aufschluss über die verschiedenen Phasen der deutschen Politik im Nahen Osten - von Kaiser Wilhelm II. bis zur Gegenwart.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.2015In besonderer Verantwortung
Westliche Nahost-Politik
In diesem Jahr jährt sich die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel zum fünfzigsten Mal. Wie gerufen kommt da der sehr gelungene und zitatenreiche Überblick von Rolf Steininger zur Nahost-Politik von Kaiser Wilhelms Einweihung der Erlöserkirche in Jerusalem 1898 bis zum August 2014, als amerikanische Luftangriffe "Völkermord und ethnische Säuberungen" der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Irak und in Syrien stoppen sollten: "Diesmal war auch Deutschland mit dabei: erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte wurden Waffen in ein Kriegsgebiet geliefert - an die Kurden für ihren Kampf gegen die IS-Milizen."
Wilhelm II. hatte Theodor Herzl versprochen, sich für die Errichtung eines Judenstaates in Palästina, das zum Osmanischen Reich gehörte, beim Sultan einzusetzen, doch der hielt davon nichts. Im Ersten Weltkrieg erfüllte sich die deutsche Hoffnung auf das Aufbegehren der mohammedanischen Welt gegen Großbritannien nicht; darüber hinaus entschied London den Wettlauf mit Berlin um die Gunst der Juden für sich durch die Balfour-Deklaration und die Einnahme Jerusalems Ende 1917. Dem "Dritten Reich" diente sich der Großmufti von Jerusalem, Husseini, an - von 1941 an als arabischer Freiheitskämpfer in Berlin. Nach 1949 übernahm die Bonner Republik wegen des Holocausts die historische Verantwortung gegenüber Israel, musste aber auch Interessen der arabischen Staaten berücksichtigen. Abfälligst äußerte sich in den fünfziger Jahren Karl Hartl, der österreichische Gesandte in Israel, zur Politik seines Gastlandes. Und was Amerikas Irak-Krieg 2003 betrifft, so stellt Steininger den negativen Einfluss der Neocons heraus: "Wenn es keine Argumente gab, erfand man welche, und die Kriegstreiber stießen dabei im Weißen Haus auf allzu große Zustimmung."
RAINER BLASIUS
Rolf Steininger: Deutschland und der Nahe Osten. Von Kaiser Wilhelms Orientreise 1898 bis zur Gegenwart. Lau Verlag, Reinbek 2015. 259 S., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Westliche Nahost-Politik
In diesem Jahr jährt sich die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel zum fünfzigsten Mal. Wie gerufen kommt da der sehr gelungene und zitatenreiche Überblick von Rolf Steininger zur Nahost-Politik von Kaiser Wilhelms Einweihung der Erlöserkirche in Jerusalem 1898 bis zum August 2014, als amerikanische Luftangriffe "Völkermord und ethnische Säuberungen" der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Irak und in Syrien stoppen sollten: "Diesmal war auch Deutschland mit dabei: erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte wurden Waffen in ein Kriegsgebiet geliefert - an die Kurden für ihren Kampf gegen die IS-Milizen."
Wilhelm II. hatte Theodor Herzl versprochen, sich für die Errichtung eines Judenstaates in Palästina, das zum Osmanischen Reich gehörte, beim Sultan einzusetzen, doch der hielt davon nichts. Im Ersten Weltkrieg erfüllte sich die deutsche Hoffnung auf das Aufbegehren der mohammedanischen Welt gegen Großbritannien nicht; darüber hinaus entschied London den Wettlauf mit Berlin um die Gunst der Juden für sich durch die Balfour-Deklaration und die Einnahme Jerusalems Ende 1917. Dem "Dritten Reich" diente sich der Großmufti von Jerusalem, Husseini, an - von 1941 an als arabischer Freiheitskämpfer in Berlin. Nach 1949 übernahm die Bonner Republik wegen des Holocausts die historische Verantwortung gegenüber Israel, musste aber auch Interessen der arabischen Staaten berücksichtigen. Abfälligst äußerte sich in den fünfziger Jahren Karl Hartl, der österreichische Gesandte in Israel, zur Politik seines Gastlandes. Und was Amerikas Irak-Krieg 2003 betrifft, so stellt Steininger den negativen Einfluss der Neocons heraus: "Wenn es keine Argumente gab, erfand man welche, und die Kriegstreiber stießen dabei im Weißen Haus auf allzu große Zustimmung."
RAINER BLASIUS
Rolf Steininger: Deutschland und der Nahe Osten. Von Kaiser Wilhelms Orientreise 1898 bis zur Gegenwart. Lau Verlag, Reinbek 2015. 259 S., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main