Margaret Forster presents the 'edited' diary of a woman, born in 1901, whose life spans the twentieth century. On the eve of the Great War, Millicent King begins to keep her journal and vividly records the dramas of everyday life in a family touched by war, tragedy, and money troubles. From bohemian London to Rome in the 1920s her story moves on to social work and the build-up to another war, in which she drives ambulances through the bombed streets of London.
Here is twentieth-century woman in close-up coping with the tragedies and upheavals of women's lives from WWI to Greenham Common and beyond. A triumph of resolution and evocation, this is a beautifully observed story of an ordinary woman's life - a narrative where every word rings true.
Here is twentieth-century woman in close-up coping with the tragedies and upheavals of women's lives from WWI to Greenham Common and beyond. A triumph of resolution and evocation, this is a beautifully observed story of an ordinary woman's life - a narrative where every word rings true.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2005Lebe lieber eigensinnig
Exemplarisch: Margaret Forsters Tagebücher der Millicent King
Die ersten Eintragungen in diesem Tagebuch sind aus dem Ersten Weltkrieg, da ist Millicent King dreizehn Jahre alt. Die ältere Schwester pflegt Verwundete, der Bruder George kommt verletzt und für immer schwer gestört von der Front zurück. Wenige Jahre nach Kriegsende stirbt der Vater an einer Lungenentzündung. Die Familie gerät in Not; das Haus im Süden Londons muß verkauft werden. Millicent, die dritte von sieben Geschwistern, gibt ihre Pläne, aufs College zu gehen, auf und wird Verkäuferin. Ein schlechter Start für ihr Leben, das etwas Besonderes werden sollte.
Doch das Schicksal wendet sich: Die Mutter heiratet einen wohlhabenden Arzt und zieht mit den jüngeren Kindern nach Brighton. Millicent bekommt ein Stipendium, wird Lehrerin und belegt nebenbei Kurse für Sozialarbeiter. Sie kauft sich ein Fahrrad, schneidet sich die Haare ab als Zeichen ihrer Emanzipation und fährt allein nach Paris.
Der deutsche Titel des neuen Buchs von Margaret Forster, "Ich warte darauf, daß etwas geschieht", ist irreführend. Denn Millicent läßt sich keineswegs passiv treiben, sie ergreift Chancen, wo sie sich ihr bieten. Als Privatlehrerin eines reichen Mädchens lernt sie Italien kennen und sieht dort die ersten bedrohlichen Zeichen des Faschismus.
Der englische Titel "Diary of an Ordinary Woman" trifft aber auch nicht zu. Denn wenn Millicent auch nichts Sensationelles erlebt, eine "gewöhnliche" oder durchschnittliche Frau ist sie ganz und gar nicht. Als sie in ihrem Lehrerberuf nicht mehr zufrieden ist, wagt sie einen Wechsel. Sozialarbeit oder Journalismus - in beiden Berufen gewinnt sie Einblick in die Probleme der englischen Gesellschaft, erlebt Arbeitslosigkeit und Elend. Ihr scharfer Verstand macht es ihr schwer, sich zwischen ihren Liebhabern zu entscheiden. Schließlich erlebt sie die große Liebe zu einem verheirateten Mann, lebt ungeachtet der Mißbilligung ihrer Umgebung mit ihm zusammen. Im Zweiten Weltkrieg kommt dieser Mann in japanischer Gefangenschaft auf gräßliche Weise ums Leben.
Dieser Krieg wird für Millicent zur großen Zäsur. Sie fährt Kranken- und Lastwagen für die Armee und kümmert sich um Verwundete und Evakuierte. Und obwohl sie sich als Pazifistin fühlt, entwickelt sie patriotische Gefühle. Doch als ihre Schwester bei einem Luftangriff mit den beiden ältesten Kindern von einer Bombe getötet wird, nimmt sie die überlebenden jüngsten, die Zwillinge, zu sich und zieht mit ihnen aufs Land.
Ersatzmutter zu sein und damit die traditionelle Frauenrolle zu übernehmen hat sie sich nicht ausgesucht. Sie fühlt sich dazu aber verpflichtet und tut es gern: Sie wird gebraucht. Die Familie bildet nun wieder den Mittelpunkt ihres Lebens. Die verstörte jüngere Schwester flüchtet sich mit ihrem Kind zu ihr, Neffen und Nichten suchen ihren Rat, ihre beste Freundin erkrankt an Krebs und stirbt - Millicent ist für alle da.
Ein "gewöhnliches" Leben? Ein erfülltes auf jeden Fall. Millicent wollte immer auf eigenen Füßen stehen und ihren Interessen nachgehen. Noch in späten Jahren besucht sie Ferienkurse der Open University, beteiligt sich an Demonstrationen gegen Atombomben, sympathisiert mit feministischen Zielen. Und doch ist sie am Ende einsam und plagt sich mit Zweifeln, ob sie in ihrem langen Leben immer die richtigen Wege eingeschlagen hat. Die Tagebücher der Millicent King sind eine Chronik des vorigen Jahrhunderts mit seinen Kriegen und gesellschaftlichen Umbrüchen, dem Überleben in Tradition und zuverlässigen Werten, zu denen auch die Familie gehört.
Die Illusion, daß es sich hier um authentische Aufzeichnungen handelt, deren Herausgeberin sie ist, zerstört Margaret Forster erst am Schluß. Daß sie das Tagebuch der Millicent King als "Roman" bezeichnet, hätte allerdings schon von Anfang an stutzig machen können. Doch die kursiv gedruckten Einschübe der vorgetäuschten Herausgeberin, die den Text kommentiert und strafft, sind so überzeugend, daß Zweifel gar nicht aufkommen, zumal die Rahmengeschichte tatsächlich "echt" ist.
Millicent King existierte wirklich. Nach ihrem Tod wurde Margaret Forster von deren Nichte gebeten, die achtzig Tagebücher der Neunzigjährigen auf ihre Eignung für eine Veröffentlichung zu prüfen. Sie war dazu bereit, doch dann gab es Bedenken von seiten der Angehörigen Millicents. Margaret Forster wollte aber die Idee, gestützt auf authentische Selbstzeugnisse, ein exemplarisches Leben zu beschreiben, nicht aufgeben.
Der neue Roman setzt thematisch Margaret Forsters um Familie und Beruf kreisenden Bücher fort, in deren Mittelpunkt stets mehrere Generationen von Frauen stehen. Auch in Millicents Tagebuch gelingt es ihr, Sympathie für ihre Hauptfigur zu wecken und darüber hinaus ein realistisches Bild zu entwerfen von den Problemen unserer und ihrer Zeit.
MARIA FRISÉ
Margaret Forster: "Ich warte darauf, daß etwas geschieht". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Roseli und Saskia Bontjes van Beek. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 2005. 589 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Exemplarisch: Margaret Forsters Tagebücher der Millicent King
Die ersten Eintragungen in diesem Tagebuch sind aus dem Ersten Weltkrieg, da ist Millicent King dreizehn Jahre alt. Die ältere Schwester pflegt Verwundete, der Bruder George kommt verletzt und für immer schwer gestört von der Front zurück. Wenige Jahre nach Kriegsende stirbt der Vater an einer Lungenentzündung. Die Familie gerät in Not; das Haus im Süden Londons muß verkauft werden. Millicent, die dritte von sieben Geschwistern, gibt ihre Pläne, aufs College zu gehen, auf und wird Verkäuferin. Ein schlechter Start für ihr Leben, das etwas Besonderes werden sollte.
Doch das Schicksal wendet sich: Die Mutter heiratet einen wohlhabenden Arzt und zieht mit den jüngeren Kindern nach Brighton. Millicent bekommt ein Stipendium, wird Lehrerin und belegt nebenbei Kurse für Sozialarbeiter. Sie kauft sich ein Fahrrad, schneidet sich die Haare ab als Zeichen ihrer Emanzipation und fährt allein nach Paris.
Der deutsche Titel des neuen Buchs von Margaret Forster, "Ich warte darauf, daß etwas geschieht", ist irreführend. Denn Millicent läßt sich keineswegs passiv treiben, sie ergreift Chancen, wo sie sich ihr bieten. Als Privatlehrerin eines reichen Mädchens lernt sie Italien kennen und sieht dort die ersten bedrohlichen Zeichen des Faschismus.
Der englische Titel "Diary of an Ordinary Woman" trifft aber auch nicht zu. Denn wenn Millicent auch nichts Sensationelles erlebt, eine "gewöhnliche" oder durchschnittliche Frau ist sie ganz und gar nicht. Als sie in ihrem Lehrerberuf nicht mehr zufrieden ist, wagt sie einen Wechsel. Sozialarbeit oder Journalismus - in beiden Berufen gewinnt sie Einblick in die Probleme der englischen Gesellschaft, erlebt Arbeitslosigkeit und Elend. Ihr scharfer Verstand macht es ihr schwer, sich zwischen ihren Liebhabern zu entscheiden. Schließlich erlebt sie die große Liebe zu einem verheirateten Mann, lebt ungeachtet der Mißbilligung ihrer Umgebung mit ihm zusammen. Im Zweiten Weltkrieg kommt dieser Mann in japanischer Gefangenschaft auf gräßliche Weise ums Leben.
Dieser Krieg wird für Millicent zur großen Zäsur. Sie fährt Kranken- und Lastwagen für die Armee und kümmert sich um Verwundete und Evakuierte. Und obwohl sie sich als Pazifistin fühlt, entwickelt sie patriotische Gefühle. Doch als ihre Schwester bei einem Luftangriff mit den beiden ältesten Kindern von einer Bombe getötet wird, nimmt sie die überlebenden jüngsten, die Zwillinge, zu sich und zieht mit ihnen aufs Land.
Ersatzmutter zu sein und damit die traditionelle Frauenrolle zu übernehmen hat sie sich nicht ausgesucht. Sie fühlt sich dazu aber verpflichtet und tut es gern: Sie wird gebraucht. Die Familie bildet nun wieder den Mittelpunkt ihres Lebens. Die verstörte jüngere Schwester flüchtet sich mit ihrem Kind zu ihr, Neffen und Nichten suchen ihren Rat, ihre beste Freundin erkrankt an Krebs und stirbt - Millicent ist für alle da.
Ein "gewöhnliches" Leben? Ein erfülltes auf jeden Fall. Millicent wollte immer auf eigenen Füßen stehen und ihren Interessen nachgehen. Noch in späten Jahren besucht sie Ferienkurse der Open University, beteiligt sich an Demonstrationen gegen Atombomben, sympathisiert mit feministischen Zielen. Und doch ist sie am Ende einsam und plagt sich mit Zweifeln, ob sie in ihrem langen Leben immer die richtigen Wege eingeschlagen hat. Die Tagebücher der Millicent King sind eine Chronik des vorigen Jahrhunderts mit seinen Kriegen und gesellschaftlichen Umbrüchen, dem Überleben in Tradition und zuverlässigen Werten, zu denen auch die Familie gehört.
Die Illusion, daß es sich hier um authentische Aufzeichnungen handelt, deren Herausgeberin sie ist, zerstört Margaret Forster erst am Schluß. Daß sie das Tagebuch der Millicent King als "Roman" bezeichnet, hätte allerdings schon von Anfang an stutzig machen können. Doch die kursiv gedruckten Einschübe der vorgetäuschten Herausgeberin, die den Text kommentiert und strafft, sind so überzeugend, daß Zweifel gar nicht aufkommen, zumal die Rahmengeschichte tatsächlich "echt" ist.
Millicent King existierte wirklich. Nach ihrem Tod wurde Margaret Forster von deren Nichte gebeten, die achtzig Tagebücher der Neunzigjährigen auf ihre Eignung für eine Veröffentlichung zu prüfen. Sie war dazu bereit, doch dann gab es Bedenken von seiten der Angehörigen Millicents. Margaret Forster wollte aber die Idee, gestützt auf authentische Selbstzeugnisse, ein exemplarisches Leben zu beschreiben, nicht aufgeben.
Der neue Roman setzt thematisch Margaret Forsters um Familie und Beruf kreisenden Bücher fort, in deren Mittelpunkt stets mehrere Generationen von Frauen stehen. Auch in Millicents Tagebuch gelingt es ihr, Sympathie für ihre Hauptfigur zu wecken und darüber hinaus ein realistisches Bild zu entwerfen von den Problemen unserer und ihrer Zeit.
MARIA FRISÉ
Margaret Forster: "Ich warte darauf, daß etwas geschieht". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Roseli und Saskia Bontjes van Beek. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 2005. 589 S., geb., 24,90 [Euro].
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A highly enjoyable read: well-informed, gripping...an overview of the period seen from the underside Sunday Telegraph