Die 88 Tempel von Shikoku sind nach dem Saigoku (33 Tempel im Kernland Honshus) der zweitwichtigste Pilgerweg in Japan. Shikoku ist aufgrund seines gebirgigen Geländes deutlich weniger entwickelt als die anderen Hauptinseln und insbesondere im Inneren werden aufgrund des Bevölkerungsrückgangs immer
mehr Dörfer und Straßen aufgegeben. Der Pilgerweg führt hauptsächlich an der Küste entlang und hat…mehrDie 88 Tempel von Shikoku sind nach dem Saigoku (33 Tempel im Kernland Honshus) der zweitwichtigste Pilgerweg in Japan. Shikoku ist aufgrund seines gebirgigen Geländes deutlich weniger entwickelt als die anderen Hauptinseln und insbesondere im Inneren werden aufgrund des Bevölkerungsrückgangs immer mehr Dörfer und Straßen aufgegeben. Der Pilgerweg führt hauptsächlich an der Küste entlang und hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt, auch wenn die Touristenzahlen nicht annähernd an den Saigoku oder die Jakobswege in Frankreich/Spanien heranreichen. Shikoku ist eine Welt für sich und die Menschen dort haben sich eine aufgeschlossene Freundlichkeit Fremden gegenüber bewahrt. Übrigens auch gegenüber Fremden aus dem Ausland, was bei den kleinen und größeren Problemen, die während einer 1200 km langen Pilgerreise immer auftauchen werden, sehr hilfreich sein kann. Wegen der Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Shikokianer ist die Wanderung auch für Menschen, die kein Japanisch sprechen, kein grundsätzliches Problem und das, obwohl in Japan Wenige Englisch sprechen. Der kurze japanische Sprachführer im Anhang ist leider wegen fehlender Aussprachehilfe nur von begrenztem Nutzen.
Das Buch von Oliver Dunskus versteht sich als Ergänzung zum englischsprachigen Handatlas „Shikoku 88 Route Guide“ von Naoyuki Matsushita. Der Handatlas enthält sehr detailliertes Kartenmaterial, auf das der deutsche Reiseführer weitgehend verzichtet. Nur in Fällen, in denen Matsushitas Wegführung aufgrund des Maßstabs unklar ist oder das Risiko besteht, sich zu verlaufen, hat Oliver Dunskus eigene Karten ergänzt. Außerdem gibt er Empfehlungen aus eigener Erfahrung zu Unterkunft und Verpflegung, die im Handatlas fehlt.
Die Einleitung zeigt einen starken Praxisbezug, mit durchdachten Packlisten, einer ausgezeichneten Empfehlung zur optimalen Reisezeit, Kostenschätzungen und Tipps zu Transport, Fortbewegung und korrektem Verhalten. Aus buddhistischer Sicht ist es unerheblich, ob man den Pilgerweg zu Fuß geht oder mit dem Auto oder Bus fährt, daher gibt es auch praktische Hinweise zum öffentlichen Nahverkehr. Die aktuellen Busverbindungen findet man übrigens wieder in Matsushitas Handatlas. Die Verpflegung in Japan ist üblicherweise kein Problem, aber es gibt ein paar Besonderheiten, die Oliver Dunskus anschaulich beschreibt. Ein sehr interessantes Kapitel behandelt die traditionelle Pilgerkleidung, die man insbesondere bei den „Start-Tempeln“ erwerben kann. Hier erklärt Dunskus auch ein wenig den spirituellen Hintergrund, der ansonsten nicht im Fokus steht. Die Biografie von Kobo-Daishi, dem vermutlichen Begründer des Pilgerwegs und einer der buddhistischen „Urväter“ Japans, ist dagegen eine Art roter Faden, der sich in vielen Tempelsteckbriefen wiederfindet.
Die einzelnen Tempel sind nummerisch aufgelistet, wobei die Zwischenstrecken ebenfalls kurz beschrieben werden. Alle Tempelnamen sind auch auf Japanisch vermerkt, was bei Nachfragen vor Ort hilfreich ist. Ebenfalls angegeben sind die Kilometermarken und die Länge der nächsten Etappe, wobei größere Steigungen (manchmal mit detaillierten Höhenprofilen) oder schwierige Wege erwähnt werden. Letzteres ist eher selten der Fall, da 85 % der Strecke asphaltiert ist, allerdings meist auf weniger befahrenen Nebenstraßen. Sehenswürdigkeiten, empfehlenswerte Restaurants oder Supermärkte, Unterkünfte etc., die am Weg liegen, werden gesondert aufgelistet und nicht zuletzt gibt Oliver Dunskus auch seine persönliche Wertung zur Attraktivität und Lage des Tempels ab. Eine stets aktualisierte Liste mit persönlich empfohlenen Unterkünften kann man beim Autor per E-Mail erfragen.
Historische Informationen zu den Tempeln oder ihren Gebäuden gibt es eher spartanisch, denn das Buch versteht sich ausdrücklich nicht als Kunst- oder Kulturführer. Aufgrund seiner hohen Praxisorientierung ist Oliver Dunskus‘ taschentauglicher Band als deutschsprachige Ergänzung zu Matsushitas Kartenmaterial ideal zur Vorbereitung und zur schnellen Übersicht vor Ort.
(Dieses Buch wurde mir vom Autor kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)