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Jean Seghers hat gleich mehrere Probleme am Hals. Das ist unerfreulich, aber nicht zu ändern. Immerhin glaubt er, Herr der Lage zu sein. Klar, über seine Tankstelle wurde vor wenigen Tagen ein Insolvenzverfahren eröffnet. Aber Walden, der Präsident des Handelsgerichts, ist ein Schulfreund von Seghers Frau Remedios. Und es sieht so aus, als wäre der interessiert, die Tankstelle weiterzuführen. Das würde die Lage sicher etwas entspannen. Sorgen bereitet Seghers allerdings, dass seine Frau abends gerne ohne ihn ausgeht und immer erst frühmorgens zurückkommt. Und da ist natürlich noch Usman, der…mehr

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Produktbeschreibung
Jean Seghers hat gleich mehrere Probleme am Hals. Das ist unerfreulich, aber nicht zu ändern. Immerhin glaubt er, Herr der Lage zu sein. Klar, über seine Tankstelle wurde vor wenigen Tagen ein Insolvenzverfahren eröffnet. Aber Walden, der Präsident des Handelsgerichts, ist ein Schulfreund von Seghers Frau Remedios. Und es sieht so aus, als wäre der interessiert, die Tankstelle weiterzuführen. Das würde die Lage sicher etwas entspannen. Sorgen bereitet Seghers allerdings, dass seine Frau abends gerne ohne ihn ausgeht und immer erst frühmorgens zurückkommt. Und da ist natürlich noch Usman, der Nachtwächter der Tankstelle, dem er noch das Geld für die Abfindung schuldet und der einfach keine Ruhe geben will. Aber sonst hat Jean Seghers alles im Griff. Was allerdings nicht heißen muss, dass das so bleibt. Manchmal reicht ja schon ein Funke, und alles fliegt in die Luft ...

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Autorenporträt
Yves Ravey, 1953 in Besançon geboren, arbeitete lange Jahre als Lehrer an einer Mittelschule. Er ist Autor von siebzehn Romanen, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. Seine Theaterstücke kamen in Frankreich an vielen renommierten Bühnen zur Aufführung, u.a. an der Pariser Comédie-Française und am Théâtre national de Marseille. Auf Deutsch erschienen bislang die Romane »Bruderliebe« (2012) und »Ein Freund des Hauses« (2014).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Irgendwann waren Tankstellen mal Symbol motorisierter Freiheit, bei Yves Ravey sind sie nun Horte der Kriminalität, konstatiert Rezensent Florian Eichel. Aus der Perspektive Jeans erfahren wir, wie seine Tankstelle mitsamt dem Leichnam eines Kontrahenten in Flammen aufgeht. Eichel freut sich, dass der Autor, in Frankreich sehr bekannt, nun auch ins Deutsche übertragen wird, ist aber nicht recht zufrieden mit der etwas holprigen Übersetzung. Dennoch: 100 Seiten, die sich wunderbar fesselnd am Stück lesen lassen, meint der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2022

Ganz in Schwarz
Krimis in Kürze: Kurt Palm, Calla Henkel und Yves Ravey

Von Kurt Palm einen ordentlichen Kriminalroman zu erwarten wäre naiv. Er hat, was man so Schmäh nennt, vor allem aber einen finsteren schwarzen Humor. Er hat sich als Regisseur getraut, Flann O'Brien zu verfilmen. Und alle, die ihm in "Der Hai im System" (Leykam, 288 S., geb., 23,- Euro) zum ersten Mal begegnen, sollten wissen: Der Mann macht keine Gefangenen. Er kann schreiben, er kann erzählen, er hat wilde Einfälle, nichts Garstiges ist ihm fremd. Es verschränken sich bei ihm die Schicksale mehrerer Personen auf die denkbar ungünstigste Weise. Was auch daran liegt, dass jeder Einzelne, ob jung, ob alt, seine je eigene Störung hat.

Der Icherzähler hat ein Sturmgewehr, er schaut auf einen Schulhof, er ist ein Soziopath, aus allen sozialen Systemen gefallen. Auf dem Schulhof hat die Lehrerin Franziska Aufsicht, sie kämpft ums Sorgerecht für die Tochter, ihr schwer depressiver Mann sorgt dafür, mehr sei nicht verraten, dass der Hai im Titel keine Metapher bleibt. Und weil ein Krimi meist die Polizei braucht, kommt noch ein junger Inspektor ins Spiel, der seine hochschwangere Frau mit einer Pitbull-Besitzerin betrügt, deren typische Borderline-Symptome er zu spät erkennt. Dass man sich früh denken kann, wie es kommen wird, hilft wenig; es kommt schlimmer, als man sich denken wollte. Und man sollte dann nicht sagen, Palm habe einen nicht schon durch die ersten Kapitel gewarnt.

Calla Henkel ist eine Amerikanerin in Berlin. "Ruhm für eine Nacht" (Kein & Aber, 448 S., geb., 25,- Euro), im Original "Other People's Clothes", ist ihr erster Roman. Beide Titel sind nicht wirklich überzeugend - dafür überzeugt das Buch umso mehr. Henkel ist 2008, mit zwanzig Jahren, nach Berlin gekommen, sie macht Kunst und Theater. Wie Zoe und Hailey, die beiden Protagonistinnen ihres Romans. Autobiographisch ist das Buch deshalb nicht.

Die beiden Stipendiatinnen beziehen eine Altbauwohnung in Schöneberg, eine ziemlich merkwürdige Krimiautorin ist ihre Vermieterin. Sie schaffen es nicht an den Türstehern vorbei ins Berghain, aber immerhin in die Volksbühnenkantine. Sie fremdeln etwas mit der seltsamen Stadt. Dann haben Hailey, flamboyant und zum Ruhm entschlossen, und Zoe, eher schüchtern und vom Mord an ihrer Jugendfreundin traumatisiert, die zündende Idee, die gemietete Wohnung in den "Club Beatrice" zu verwandeln. Dorthin zieht es bald die Berliner Szene.

Calla Henkel hat einen lebhaften, lässigen Stil, ihre Vergleiche sind oft so bissig wie lustig und pointiert. Ihr Blick auf das legendäre Berliner Nachtleben ist erfrischend ironisch. Und sie schafft es, ihrer Story einen amüsanten Twist zu geben. Weil Hailey und Zoe den Verdacht haben, von ihrer Vermieterin als "Material" für deren neuen Roman ausgebeutet zu werden, fangen sie an, ihr Leben ein wenig zu inszenieren. Und nach einem Mord, einem Verrat und weiteren seltsamen Vorgängen weiß man irgendwann nicht mehr, in wessen Fiktionen man sich beim Lesen gerade befindet - was kein schlechter Zustand ist.

Dass einem sofort James M. Cains "Wenn der Postmann zweimal klingelt" einfällt, wenn man "Die Abfindung" (Liebeskind, 112 S., geb., 20,- Euro) von Yves Ravey liest, ist leicht zu erklären: eine Tankstelle in der französischen Provinz, ein älterer Mann, seine jüngere, attraktive Frau, ein maghrebinischer Mechaniker, der in der Werkstatt arbeitet. Ravey, der in Frankreich auch ein erfolgreicher Theaterautor ist, spielt mit dieser Konstellation und deren Variationsmöglichkeiten. Er macht den Tankstellenbesitzer zum Icherzähler. Jean droht die Insolvenz, er zweifelt an der Treue seiner Frau, er versucht, das Gesetz des Handelns zu bestimmen, und ist dabei nicht ganz so smart, wie er glaubt.

Weil Ravey komplett auf Anführungszeichen verzichtet und viele Dialoge in indirekter Rede wiedergegeben werden, entsteht eine leichte Unschärfe, die noch dadurch verstärkt wird, dass Jean gern in Andeutungen spricht. So ist zwar klar, was er tut, aber ungewiss, ob die Tat aufgeklärt werden kann. Ob man diese schlanke Erzählung unbedingt als "noir" bezeichnen muss? Nicht zwingend, aber einen klaren, schnörkellosen Plot und einen kunstvoll reduzierten Stil hat das Buch auf jeden Fall. PETER KÖRTE

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