Karl Leonhard Reinhold publizierte Ende der 1780er-Jahre eine Reihe von Schriften, mit denen er beanspruchte, Immanuel Kants geschmackstheoretische Ausführungen der Kritik der Urteilskraft zu antizipieren. Ziel dieser Studie ist eine bis dato nicht vorgenommene umfassende kontextualisierende Analyse dieser frühen ästhetischen Ansätze, die u. a. auf das Schöne und die Kunst appliziert werden. Reinhold diskutiert die seiner Ansicht nach einseitigen Lustkonzeptionen von Dubos, Pouilly, Wolff, Mendelssohn, Sulzer und Helvétius, welche er mit seiner eigenen Theorie des Vergnügens ergänzt. Die Empfindungstheorie Ernst Platners wird als ein holistischer Zugang gewürdigt. Reinholds Ausführungen nehmen Kants Geschmackskritik zwar nicht vorweg, doch sind sie mit dieser vereinbar und können als ihr vergnügens- und triebtheoretisches Fundament angesehen werden. Platners Einfluss ist dabei nur einer von vielen und verblasst neben dem von Kants Epistemologie und Ethik. Die Originalität von Reinholds Reflexionen liegt v. a. in einer transzendentalphilosophischen Aufwertung der Sinnlichkeit in ästhetischen Belangen und einem Vorläufermodell des freien Spiels der Erkenntniskräfte als einer starken und leichten Beschäftigung der Vorstellungskraft.
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