Patrick Stoffel erzählt spannend erstmals die umkämpfte Geschichte jener Bindekräfte zwischen Natur und Mensch am Beispiel der Alpen. Im 18. Jahrhundert avancieren die Alpen, vordem als in der Sintflut entstandene Mahnmale des Sündenfalls gemieden, zur vernünftig eingerichteten Wohn- und Erziehungsstätte des aufgeklärten Europas. Autoren wie Scheuchzer, Vico, Schiller und Mary Shelley suchen ihre Ursprünge nicht länger im verloren gegangenen Paradies, sondern in der alpinen Natur. Mit Albrecht von Hallers Gedicht "Die Alpen" oder Jean-Jacques Rousseaus Briefroman "Julie ou la nouvelle Héloïse" in der Hand pilgert der aufgeklärte - und gleichsam verklärte - Europäer fortan zu den Berggipfeln, um sich seiner selbst zu versichern und die Lehre, recht zu leben, von der alpinen Natur gleichsam ins Herz eingepflanzt zu bekommen. Als 1789 die Französische Revolution losbricht, ist die Vernunft, in deren Namen Gewalt ausgeübt wird, längst in den steilen Felsen und starrenden Gipfeln der Alpen stecken geblieben. 1939, am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, erheben schließlich alle Parteien gleichermaßen den Anspruch, aus der alpinen Natur die richtige Lektion gelernt zu haben. Während das NS-Regime in den Alpen die besten Erzieher für die Heranbildung ihrer Eliten sieht, erkennt Arnold Zweig im Exil in Palästina in den Alpen die letzte Trutzburg althergebrachter demokratischer Freiheiten. Das Buch schließt mit einem Ausblick auf die Bedeutung der Alpen in aktuellen ökologischen Debatten.
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