Politikverdrossenheit und Misstrauen gegenüber Politikern hat in den westlichen Demokratien ein beachtliches Ausmaß angenommen. Gewählt werden häufig Personen und Bewegungen, die sich als »antipolitisch« verstehen, wie der italienische Ex-Komiker Beppe Grillo mit seiner Anti-Partei »Fünf-Sterne-Bewegung«. In seinem Blog plädiert Grillo für totale Transparenz und direkte Demokratie. Dank der scheinbar horizontalen Partizipationsmöglichkeiten durch das Netz liegen die Träume von direkter Demokratie voll im Trend. Traditionelle Eliten können - so die Vorstellung - durch eine neue digitale Polis ersetzt werden, die ohne die eingerosteten delegitimierten Institutionen einer Repräsentativdemokratie auskommt. Doch was bedeutet überhaupt »direkte« Demokratie? Und was passiert, wenn das Volk alle grundlegenenden politischen Entscheidungen in direkter Abstimmung trifft? Welchen Einfluss haben Affekte auf das Verhalten der Masse im Netz? Und ist es nicht nur ein kleiner Schritt von der direkten Demokratie zur direkten Demagogie? Saint Victor stellt die so schön klingende Forderung nach einer direkten Demokratie mittels der Errungenschaften des Web 2.0 auf den Prüfstand und zeigt, dass es sich bei dem Phänomen einer (zumindest potenziell) fortschrittlich auftretenden Antipolitik um eine Entpolitisierung handelt, die neue Unterdrückungsformen ermöglicht und fördert.
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